Was können wir gegen “normale” und gegen resistente Keime unternehmen, vor allem: Kann in der Palliativmedizin etwas gegen den üblen Geruch, den zerfallende Tumore und die beteiligten Fäulnisbakterien abgeben, unternommen werden (riechende Tumore)? (Ich berichtete bereits einmal hier darüber). Die Betroffenen leiden sehr darunter – insbesondere wenn sich der Tumor im Gesicht-Kopf-Bereich befindet, jedoch auch die Besucher fühlen sich abgestoßen. Nicht zuletzt die Pflegenden werden dadurch unnötig belastet.

Diese Frage stellte sich vor knapp 20 Jahren auch ein Team von Wissenschaftlern rund um PD Dr. Dr. Patrick Warnke von der Universität Kiel und der Bond University In Australien (Robina, Queensland). Sie kreierten und testeten eine Ätherisch-Öl-Mischung namens Kielmix®. Diese wird von aufgeschlossenen Medizinern um und auf übel riechenden Krebstumoren eingesetzt. Die Idee war zunächst, einfach die Gerüche zu reduzieren, indem die Ausbreitung der Zerfallsbakterien eingedämmt werden sollte.

Die erfreuliche Nebenwirkung war, dass die Wunden begannen, Zeichen von Heilung zu zeigen, der Bakterienbefall ging wirklich zurück (auch MRSA) und dass sich sogar bei einigen Patienten das Tumorwachstum verlangsamte. [Stephan T. Becker, Eugene Sherry, Sureshan Sivananthan, Harald Essig, Jörg Wiltfang, Ingo N. Springer, Joachim Bredée, Patrick H. Warnke. Behandlung fötider Tumorulzerationen mit ätherischen Ölen (KIELMIX®) in der Palliativmedizin · Zeitschrift für Phytotherapie 06/2006] Probeheft dieser Fachzeitschrift aus dem Hippokrates Verlag: MVS Medizinverlage Stuttgart. Ein kleiner Bericht aus der renommierten Onkologie-Fachzeitschrift ‘Journal of Clinical Oncology’ ist hier (in englischer Sprache) nachzulesen.


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Ein Auszug aus dem Fallbericht eines 67-jährigen Mannes mit einem extrem großen und inoperablen Plattenepithelkarzinom der linken Wangenschleimhaut, das sich bis auf die extraorale Haut durchgefressen hatte und zu einer Fistel führte:

“Nachdem er zuvor eine Operation, Strahlen- und Chemotherapie abgelehnt hatte, stellte er sich wegen des üblen Geruchs vor, der von dem Geschwür ausging, welches die Folge einer eitrigen Superinfektion war. Das Team wählte einen zweigleisig Behandlungsansatz: Zusätzlich zu einer fünftägigen oralen Clindamycin-Behandlung (600 mg zweimal täglich) wurde die Fistel zweimal täglich mit 5 ml einer der Ölmischung namens KielMix-PT 70 (Klonemax, Central Tilba, Australien), die auf Eukalyptusöl basiert, gespült. Nach 3 Tagen war der üble Geruch vollständig verschwunden. Nach 14 Tagen konnte der Patient nach Hause entlassen werden.

Die Ölanwendungen wurden nach der Entlassung fortgesetzt und täglich von seiner Frau, einer ehemaligen Krankenschwester, verabreicht. Nach zweieinhalb Wochen waren die klinischen Anzeichen einer Superinfektion in Form von Entzündung und Eiterung deutlich zurückgegangen. Die Fistel erschien sauber, und es gab Anzeichen für eine Heilung durch sekundäre Intention: tief in der Fistel hatte sich eine Fibrinschicht gebildet. Nach 6 Wochen unter der Behandlung mit ätherischen Ölen und ohne weitere Antibiotika hatte sich die Fistel vollständig geschlossen. Dies ist nicht der übliche Verlauf bei Geschwüren im Zusammenhang mit Krebserkrankungen im Kopf- und Halsbereich.

Diese Anwendung von ätherischen Ölen konnte das Wachstum des Tumors nicht bremsen: In der achten Woche war er entlang der ehemaligen Fistel bis zur Hautoberfläche gewachsen. Doch die Geruchsbelästigung, die ihn in die Notaufnahme geführt hatte, trat nicht wieder auf. Seine Lebensqualität hatte sich durch die Anwendung der ätherischen Öle verbessert, und er konnte die nächsten 10 Wochen bis zu seinem Tod zu Hause bei seiner Familie leben.” Quelle

Kielmix® enthält laut Herstellerfirma (wird nicht mehr hergestellt [2018]):

  • Eukalyptusöl 136mg
  • Teebaumöl 131mg
  • Lemongrassöl 86mg
  • Zitronenöl 71mg
  • Gewürznelkenöl 73mg
  • Thymianöl 26mg
  • Ethanol (Weingeist) 347mg

Teebaumöl muss frisch angewendet werden, denn es kann innerhalb von 6-9 Monaten oxidieren (je nach Lagerung), es kann ein wertvoller Helfer bei riechenden und exulzerierenden Tumoren sein. Blühender Teebaum im Garten der Autorin, die seit 2000 im Südwesten Irlands am Atlantik lebt

Diese Mischung ist extrem hoch dosiert und enthält zudem einen beträchtlichen Anteil an Ethanol, diese kann die umliegende Haut unnötig reizen. Ich würde bei der eigenen Herstellung eines ähnlichen Behandlungskonzeptes als Basis Thymianhydrolat (Ct. Linalool) mit circa 15 % Ethanol wählen und die ätherischen Öle auf circa 10 Prozent darin verdünnen. Beim Teebaumöl ist darauf zu achten, dass es nicht älter als 6 Monate nach dem erstmaligen Öffnen ist, dazu mehr Informationen im Öle-Lexikon hier auf dieser Seite. Dennoch mag so eine hoch konzentrierte Anwendung, wie von den Autoren beschrieben, im Rahmen der Palliativversorgung sinnvoll sein. Es ist darauf zu achten, dass die Mischung nicht unnötig brennt, also ist die Verdünnung dem individuellen Patienten anzupassen.

Es wäre mit etwas mehr gesundem Menschenverstand und vor allem mit mehr Aufgeschlossenheit so einfach, in der heutigen Zeit einfach ein paar Labore zu bemühen, um diese Rezepturen und Fallbeschreibungen zu verizifizieren, die Mischungen ggfs. den betreffenden Umständen leicht abzuändern. So könnte man den betroffenen MENSCHEN wirklich helfen, ihre ohnehin oft höllenmäßig empfundene Situation besser zu ertragen. Welcher Mensch ist schon gerne pflegebedürftig und muss sich obendrein auch noch für eklige Ausdünstungen schämen… Die obigen ätherischen Öle sind übrigens allesamt preiswert, selbst wenn sie in hervorragender Bio-Qualität gekauft werden.

Inzwischen haben Prof. Warnke und sein Team auch eine Reihe von ätherischen Ölen gegen diverse krankenhausübliche und antibiotikaresistente Bakterien- und Hefestämme durchgetestet und für eine preiswerte, effektive und “vielversprechende Kraft” befunden. Sie testeten die ätherischen Öle von Eukalyptus, Teebaum, Thymian (Linalool? weiß?), Lavendel, Zitrone, Lemongrass, Zimt, Grapefruit, Nelkenknospe, Sandelholz, Pfefferminze, Kunzea und Salbei  [Warnke, P. H., Becker, S. T., Podschun, R., Sivananthan, S., Springer, I. N., Russo, P. A., Wiltfang, J., Fickenscher, H., Sherry, E. (2009). The battle against multi-resistant strains: Renaissance of antimicrobial essential oils as a promising force to fight hospital-acquired infections. Journal of craniomaxillofacial surgery, 37(7), 392-397] Abbildung: Lemongrass an einem Straßenrand in Süd-Brasilien

PS Da ich meinen Vortrag für eine Selbsthilfegruppe Brustkrebs hielt und danach nach Wien reiste, wo ich derzeit bin, hat sich ein kleiner Kreis geschlossen: Mir ist ein lesenswertes kritisches Buch eines Wiener Gynäkologen “über den Weg gelaufen”: Wirtschaftfaktor Brustkrebs von Prof. Dr. Franz Fischl der seine Ordination nach etlichen Jahren an der Uni Mainz seit Kurzem wieder in Wien (am AKH) hat. Es ist auch bei Weltbild als E-Book für 19.80 Euro erhältlich.

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