Achtzig bis hundert Prozent aller PatientInnen, die Bestrahlungen aufgrund von Tumorerkrankungen im Kopf- und Halsbereich erhalten müssen, müssen mit einer mehr oder weniger ausgeprägten, schmerzhaften oralen Mukositis rechnen. Das ist eine Entzündung der Mundschleimhaut (auf englisch RIM= radiation induced mucositis). Ausgedehnte Schäden bis hin zum anderen Ende des Verdauungstraktes sind leider auch stete Begleiter bei vielen Krebsmedikamenten. Die Folgen einer oralen Mucositis können sein:

  • Geschwüre im Mundinnenraum sowie an Zunge und Lippen
  • Schmerzen, teilweise so stark, dass keine Nahrungsaufnahme mehr möglich ist
  • Veränderung des Geschmackssinnes
  • dadurch Nährstoffmangel sowie Gewichtsabnahme und schlechtere Prognose für Heilungschance
  • Sprachstörungen

Dr. Wendy Maddocks-Jennings ist eine Krankenpflegende mit Doktorgrad in Gesundheitswissenschaften aus Neuseeland. Sie hat eine kleine randomisierte, placebo-kontrollierte Studie an 26 PatientInnen durchgeführt, um zu zeigen, dass Vorsorge mit einer Mischung aus ätherischen Ölen die schweren Schäden deutlich reduzieren kann. Die Teilnehmer der Studie

  • durchliefen jeweils eine Radiotherapie im Kopfbereich (insgesamt 20 bis 25 Bestrahlungen, 5x wöchentlich)
  • waren in der Lage zu gurgeln
  • waren in der Lage ein Tagebuch zu führen
  • waren in der Lage, ihre Zustimmung zur Teilnahme zu geben

Es wurde nach ätherischen Ölen gesucht welche

  • Schutz vor Bestrahlungsschäden bieten können (insbesondere solche, die Viridifloren und/oder Viridiflorol enthalten)
  • schmerzlindernd wirken
  • antiinflammatorisch wirken
  • nicht-toxisch sind

Man wählte die zwei in Neuseeland heimischen ätherischen Öle vom Manuka- und vom Kanukabaum (Leptospermum scoparium  [Abbildung oben] und Kunzea ericoides), mischte sie 1: 1 und verschüttelte pro Anwendung 5 Tropfen davon in 15 bis 30 ml warmen Leitungswassers. Damit wurde 5 Mal täglich gegurgelt. Die gleiche Mischung wurde zum Einnehmen zubereitet. Die Kontrollgruppe wurde mit einer Mischung aus sterilem Wasser und warmem Leitungswasser behandelt. Der Verlauf der Behandlungen wurde anhand folgender Werte protokolliert:

  • objektive Bewertung der Mukositis durch medizinisches Fachpersonal auf einer Skala von 0 bis 5
  • 5 Mal täglich wurde die Schmerzintensität auf einer Skala von 0 bis 10 festgehalten
  • einmal wöchentlich wurde das Körpergewicht notiert
  • die Lebensqualität (englisch: QOL=quality of life) wurde subjektiv bewertet auf einer Skala von 0 bis 10

Von den anfänglich 26 PatientInnen konnten 19 den ganzen Durchlauf der Studie durchführen. Diese kleine Pilotstudie bewirkte eine signifikant verzögerte Entwicklung einer Mukositis (p=0,05). Dr. Maddocks-Jennings rief am Ende ihres Vortrages auf der Botanica2012-Konferenz in Dublin auf, diese Studie nachzumachen und größere Patientengruppen mit mindestens 60 PatientInnen zu betreuen, Kontakt mit ihr ist über ihre Website möglich. Die komplette Studie Wendy Maddocks-Jennings, Jenny M. Wilkinson, Heather M. Cavanagh, David Shillington. Evaluating the effects of the essential oils Leptospermum scoparium (manuka) and Kunzea ericoides (kanuka) on radiotherapy induced mucositis: A randomized, placebo controlled feasibility study. European Journal of Oncology Nursing. Volume 13, Issue 2, April 2009, Pages 87-93 kann bei Science Direct käuflich erworben werden ($ 31,50). Eine ähnliche Studie, die sich mit ätherischen Ölen (Pfefferminze, Zitrone, Teebaum und Ylang Ylang) bei Xerostomie und Halitosis von gesunden Pflegenden befasst: Young Seo, Ji-Ah Song, Myung-Haeng Hur, Mi-kyoung Lee, Myeong Soo Lee. Effects of aroma mouthwash on stress level, xerostomia, and halitosis in healthy nurses: A non-randomized controlled clinical trial. European Journal of Integrative Medicine. Volume 10, February 2017, Pages 82-89

Wendy empfiehlt auch ausdrücklich den Einsatz von Hydrolaten, insbesondere von Manuka, Teebaum und Agonis fragrans (Fragonia), idealerweise als Eiswürfelchen eingefroren zum Lutschen. Im persönlichen Gespräch diskutierten wir noch den ergänzenden Einsatz von verdünntem Sanddornfruchtfleischöl, welches sie auch hervorragend für diesen Zweck findet, es ist in Neuseeland allerdings weder heimisch noch leicht und preiswert erhältlich (dafür ist es ein heimisches Gewächs in Nord- und Osteuropa, das auch einen idealen Strahlenschutz ergibt).

Übrigens kann ein Sonderheft (Doppelausgabe) des International Journal of Clinical Aromatherapy mit vielen Vorträgen, welche auf der Botanica2012 in Dublin gehalten wurden, bei Rhiannon Harris von Essentialorc bestellt werden (35 Euro, in englischer Sprache). Mein Vortrag über Lasea ist auch darin enthalten, ferner ein Super-Beitrag der japanischen Wissenschaftlerin Naho Maruyama über ätherische Öle bei oberflächlichen Pilzinfektionen (insbesondere Rosengeranie), über Inhalierstifte bei der Nachbetreuung von chirurgischen Eingriffen, ein prima Artikel über neue Erkenntnisse bei der Hydrolategewinnung von Fachfrau Ann Harman, zwei Berichte über Komplementäre Krebstherapien und aromatische Palliativpflege, ein Bericht von Gabriel Mojay über ätherische Öle bei Menstruationsproblemen und Klimakteriumsbeschwerden sowie einige mehr.