In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Phytotherapie (4.2013) stellen die Autoren André-Michael Beer und Tobias Matreitz eine interessante Umfrage vor: “Zur Anwendung ätherischer Öle im Krankenhaus”. Das Projekt wurde von der Ätherische-Öle-Firma Primavera finanziell unterstützt.

Von Februar bis März 2012 wurden Pflegende und Ärzte von 28 ganz unterschiedlichen Stationen in drei Klinikkonzernen gebeten, einen dreiseitigen Fragebogen auszufüllen. 26 examinierte Pflegekräfte, zwei examinierte Altenpfleger, eine Sozialarbeiterin und zwei Ärzte (von 34 eingeladenen Medizinern) nahmen an der Umfrage teil. Es wurde erhoben, ob man auf der jeweiligen Station ätherische Öle einsetzt, wie der Kenntnisstand ist, bei welchen Indikationen die Naturdüfte wie eingesetzt werden, welche Ölequalitäten zum Einsatz kommen, wie abgerechnet wird und ob unerwünschte Nebenwirkungen zu verzeichnen waren.

93,8 Prozent der Befragten können mit dem Begriff “Aromatherapie” etwas anfangen und 67,7 Prozent setzten ätherische Öle in ihrem Arbeitsumfeld ein. Allerdings glaubte ein Viertel der TeilnehmerInnen, dass ätherische Öle kalt gepresste Öle seien 🙁 (allenfalls die Zitrusschalenöle werden auf diese Art gewonnen und diese werden streng genommen nicht als ‘ätherische Öle’ bezeichnet). 6,5 Prozent der Befragten kreuzten bei der Frage nach der Definition von ätherischen Ölen an, dass es sich um durch Wasserdampfdestillation gewonnene Öle handelt. Dafür gaben circa 15 Prozent an, ätherische Öle seien Extrakte (Extrakte sind Absolues [üblicherweise Blüten, Vanille und Tonkabohne sowie einige Harze wie Benzoe – für diese gilt streng genommen auch nicht die Definition ‘ätherisches Öl’]). Erschreckende 38,7 Prozent der Befragten kreuzten bei dieser Frage nach der Definition eines ätherischen Öles ‘weiß nicht’ an. Für dieses Ergebnis sind sicherlich eher kurze Aus- und Fortbildungen verantwortlich, wo ALLE Naturdüfte ‘ätherisches Öl’ genannt werden und wo nicht explizit auf Bezeichnungen je nach Herstellungsverfahren Wert gelegt wird. Fast jeder in unserer Branche sagt ohnehin der Einfachheit halber ‘Jasminöl’, ‘Vanilleöl’, ‘Benzoeöl’ (und nicht ‘Jasmin-Absolue’, ‘Vanille-Extrakt’, ‘Benzoe-Resinoid’).

Eliane Zimmermann Schule für AromatherapieDie häufigste Art der Anwendung erfolgt auf einem Träger (zB Kompresse) oder als “Dufttherapie”, es wird wenig über die Haut aufgetragen. Die überwiegende Mehrheit gab an, Duftlampen einzusetzen. Als Einsatzgebiete wurden in einer offenen Frage folgende angegeben: Unruhe/Angst, Stress und Verspannungen standen ganz oben, es folgten Atembeschwerden, Unwohlsein mit Übelkeit und Erbrechen, dann folgen als Indikationen, Fieber und Schmerzen mit der gleichen Prozentzahl, gefolgt von wenigen Einsätzen für Hautprobleme, Kreislaufbeschwerden, Entzündungen und präventive Maßnahmen.

Die am häufigsten eingesetzten Öle sind laut dieser Umfrage in absteigender Reihenfolge Lavendel und Pfefferminze. Zitrone und Eukalyptus teilen sich Rang drei. Fenchel, Thymian und Bergamotte teilen sich Platz vier, gefolgt von Orange. Auch Retterspitz und Jojobaöl wurden genannt 🙁 . Insgesamt berichteten nur 10 Prozent über unerwünschte Nebenwirkungen, die ausschließlich aus Hautreizungen bestanden. Über potenzielle Probleme war wenig bekannt. Wenn ätherische Öle nicht auf Station angewendet wurden, lag es nicht an finanziellen Gründen oder an mangelnder Akzeptanz.

Dort wo nicht mit ätherischen Ölen gepflegt wird, wird es mit Zeitmangel begründet. Personen, die Aromapflege durchführen, berichten jedoch, dass sie keine Zeitverluste zu beklagen hätten, die Arbeit mit den Naturdüften vielmehr problemlos mit den Standardprozeduren kompatibel sei.

Eigenartig finde ich in diesem Artikel: Jasmin wird mit Y geschrieben (Yasmin) und als Herstellungsverfahren wird für diesen Blütenduft die Enfleurage genannt. Diese wird nicht mehr für ‘normal’ erhältliche Öle eingesetzt , man hat als Laie fast keine Chance ein Jasmin-Enfleurage-Fläschchen zu erwerben (meine KursteilnehmerInnen dürfen es seit einem guten Jahr erschnuppern!). Zudem werden drei recht alte Fachbücher von Heinz Schilcher als Quellen angegeben (von 1977, 1984 und 1985), es gibt inzwischen wesentlich aktuellere Literatur des bekannten Pharmakologen). Freilich ist auch die Anzahl der beantworteten Fragebögen enttäuschend klein und somit nicht besonders repräsentativ. Dennoch finde ich es sehr erfreulich, dass diese aufwändige Umfrage durchgeführt wurde und auch veröffentlicht wurde. So kann man immerhin einen kleinen Einblick in die naturheilkundliche Pflegesituation in Deutschland erhalten.