Die Pharmakognostikerin* Nicolette Perry, die wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse über ätherische Öle präsentierte, war einer der wichtigsten Gründe, warum ich trotz anderer Verpflichtungen kurz entschlossen zur Botanica2014-Konferenz nach Dublin fuhr.

Eliane Zimmermann AiDA Schule für Aromatherapie

Sie ist die Hälfte eines engagierten Forscherinnen-Duos, deren Arbeiten ich hier und in meinen Büchern bereits öfters erwähnte. Als ich 2009 für meinen recht umfangreichen Beitrag für ‘Das Praktische Handbuch der Demenz‘ eine Woche in Klausur ging, um wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema zu studieren, kamen mit immer wieder die zwei Namen unter: Elaine und Nicolette Perry (witzigerweise ist mir beim Zitieren in meinem Fachbuch in irgendeiner Auflage ein Tippfehler untergekommen, ich hatte der Tochter den Nachnamen ‘Nicolette’ gegeben, so dass ich ich mal einem Abschreiber auf die Spur kam, der meine falsche Quellenangabe ungeprüft übernommen hatte).

Die Mutter Elaine Perry ist eine engagierte Neurowissenschaftlerin, die vor ihrem Ruhestand ausgiebig über Demenzen (Alzheimer, Lewy-Körper und gefäßbedingte Demenzformen) forschte, auch Morbus Parkinson, Schizophrenie, Depressionen, Autismus und das Älterwerden beschäftigten sie an der Universität Newcastle in Großbritannien. Insbesondere die Rolle des Acetylcholin, einem Botenstoff nicht nur in unserem Gehirn, war ein wichtiger Aspekt ihrer Forschungen. So kommt es, dass man viele Studien über diesen Themenbereich von ihr nachlesen kann. Unter den ätherischen Ölen findet man bei ihren viel versprechenden Erkenntnissen immer wieder den spanischen Lavendelsalbei (Salvia lavandulifolia, Foto oben) und den ganz normalen Gartensalbei (Salvia officinalis).

Logo_Nicolette_Perry_Eliane Zimmermann AiDA Schule für Aromatherapie

Die Tochter Nicolette Perry – ich war überrascht wie jung sie ist – befasst sich mit der Chemie der Heilpflanzen und insbesondere mit ihrer Wirkung auf das ZNS (Zentrale Nervensystem). Ihre Leidenschaft übt sie unter anderem in einer führenden Position in einem Botanischen Garten, dem Dilston Physic Garden aus. Sie brachte Material für mindestens drei Vorträge zur Konferenz mit und dementsprechend dicht gepackt war ihr lebendiger Vortrag. Man spürt ihre Liebe zur Natur – trotzdem oder gerade deswegen ist die Chemie ein wichtiger Teil von all diesen faszinierenden Prozessen in Pflanze und Mensch. Diese Verbindung drückt sich in einem originellen Logo aus, das auf der ersten Folie ihres Vortrags ihr Motto symbolisierte.

Sie klärte zunächst, warum Pflanzen überhaupt ätherische Öle bilden, dann zeigte sie auf, wo diese pflanzlichen Signalstoffe in unserem Nervensystem andocken und somit Effekte auslösen können. Sie nennt die Signal- und Duftstoffe ‘Botanic Brain Booster’ (BBB, Botanische Gehirnverstärker, ganz ähnlich wie ein Artikel von mir mal überschrieben war: Dünger für die grauen Zellen.

Nicolette Perry erläuterte in diesem Zusammenhang sehr viele Studien über Lavendel- und Kamille-blau-Öl, auch zeigte sie einige wichtige Neuro-Effekte auf, die an Menschen untersucht worden sind:

  • anxiolytisch (angstlösend): Linalool und Rosmarinsäure (in einigen Hydrolaten, nicht in ätherischen Ölen)
  • analgetisch (schmerzlösend): Citronellal, Linalool, Menthol
  • kognitiv verstärkend (konzentrationsfördernd): Menthol
  • antidepressiv: Rosmarinsäure
  • antikonvulsiv (Krämpfen entgegenwirkend, krampfmindernd): Borneol und 1,8-Cineol (Eucalyptol)
  • stimuliert die neurologischen “Autobahnen”: Menthol

Ziele der duftenden Signalstoffe aus “unseren” Duftpflanzen können menschliche Zellen sein, die folgende Stoffe produzieren, welche wiederum von folgenden Inhaltsstoffen von ätherischen Ölen “angeheizt” werden können:

  • Serotonin, zuständig für gute Stimmung und Wohlbefinden
  • Dopamin, zuständig für Interesse, Aktivitat und Vergnügen: 1,8-Cineol und Terpinen
  • Acetylcholin/Cholinesterase, zuständig für Aufmerksamkeit und Lernen: 1,8-Cineol und Pinen
  • Noradrenalin, zuständig für Reaktion und Erregung
  • Enkephaline, zuständig für Schmerz und Loslassen/Wohlbefinden
  • Cannabinoide, zuständig für Wohlbefinden: Caryophyllen und Thujon
  • Gaba (gamma-Aminobuttersäure), zuständig für Entspannung und Beruhigung: Menthol, Pinen, Thujon
  • Oxytocin, zuständig für soziale Interaktion und Bindung

Linalool beeinflusst zudem die elektrischen Ströme an den Nervenzellen (bzw. deren Membranen). Und warum zeigen ätherische Öle so vielfältige Wirkungen? Klar, wie im Beitrag über den Vortrag von Marco Valussi über Vielstoffgemische bereits erwähnt: Sie bestehen aus vielen – 40 bis zu 800 – Inhaltsstoffen. In Molekülen ausgedrückt nannte sie eine Zahl, die ich nicht so recht visualisieren kann: In einem Tropfen eines ätherischen Öles befinden sich 40.000 Millionen Millionen Millionen Moleküle. Egal, ziemlich viele! Und da in einem ätherischen Öl oft (fast) alle der oben genannten Inhaltsstoffe enthalten sein können, können sie uns in vielerlei Hinsicht unterstützen. Das ist bestes aromatisches Wohlbefinden mit wissenschaftlicher Bestätigung!  *laienhaft ausgedrückt ist sie eine Apothekerin ohne Apotheke, die also in der Forschung tätig ist.

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