Nach einer anspruchsvollen Aromatherapie-Ausbildung folgt immer eine Abschlussprüfung. So war ich für zwei Tage zu Gast in Bern, um die mündliche Prüfung in Sachen heilende Düfte und ätherische Öle an der Aromatherapie-Schule Sela mit Sibylle Broggi abzunehmen. Ich hatte die Ehre, neun Präsentationen von Diplomarbeiten anschauen zu dürfen, das war eine großartige Sache! Das Engagement dieser neun Frauen und die professionelle Art, wie sie ihre Arbeiten per Powerpoint und teilweise mit selbst gemachten Mischungen, vorführten, haben mich sehr berührt.

Eine der Pflegefachfrauen (Alters- und Pflegeheim, 43 Bewohner) durfte in ihrem Pflegebereich acht Frauen und einen Mann mit demenziellen Veränderungen mit Naturdüften betreuen. Sie entscheid sich für ein Raumspray und für ein Körperöl, die jeweils Bergamotte (Citrus bergamia), Neroli (Citrus aurantium flos) und Römische Kamille (Chamaemelum nobile) enthalten. Sie selbst war sehr überrascht, wie offensichtlich die Wirkung der ätherischen Öle sich auf das Befinden der Heimbewohner auswirkte. Eine Frau, die aufgrund der Demenz nachmittags immer unruhig wurde und “einkaufen gehen” wollte, zeigte während der 5-wöchigen Anwendungsphase keinen Drang mehr, das Heim zu verlassen. Eine Frau, die sogar die anderen Bewohner mit ihrem ständigen Klopfen auf den Tisch nervte, hörte damit auf. Eine Frau, die oft weinte und sich isoliert hatte, weinte seltener und nahm Kontakt zu einigen anderen Bewohnern auf. Andere Betroffene wurden ruhiger, ausgeglichener, ausgeschlafener, umgänglicher. Der männliche Teilnehmer des Experiments reagierte nur in den ersten zwei Wochen positiv, danach verfiel er wieder in alte eher mürrische Muster. Nach Abschluss des Experiments verschlechterte sich der Zustand der Bewohner wieder, so dass nun überlegt wird, ob und wie man diese wertvolle Arbeit fortsetzen könnte. Eliane Zimmermann AiDA Schule für Aromatherapie

Ähnlich deutlich verlief die kleine Studie einer anderen Teilnehmerin, die in einem Pflegezentrum arbeitet. Sie fand heraus, dass die Bewohner am meisten unter ihrem schlechten Schlaf leiden. Sie arbeitete mit fünf sehr alten Personen (vier weit über 80-jährig mit jeweils einer demenziellen Entwicklung, eine depressive Frau mit 79 Jahren), die nach einem kleinen Riechtest aus vier angebotenen ätherischen Öle wählen durften. Entweder bekamen sie acht Wochen lang Bergamotte (1 Pers.) auf eine unsterile Kompresse, oder Lavendel fein (3 Pers.) oder Rosengeranie (Foto links, 1 Pers.); niemand konnte sich für Baldrianöl erwärmen. Die Düfte wurden gegen 20 Uhr verteilt. Vier der Probanden überraschten damit, dass sie seltener nachts wach wurden, um auf die Toilette zu gehen. Sie läuteten nachts weniger. Tagsüber waren sie ruhiger und ausgeglichener. Die Frau mit der Rosengeranie war zwar zunächst skeptisch, doch zeigte sich bereits nach der ersten Anwendung ein verbesserter Schlaf, ihre Angststörung reduzierte sich bemerkenswert und sie konnte die Einnahme ihres anxiolytisch wirksames Benzodiazepin-Medikament Temesta (in D: Lorazepam) reduzieren. Bei zwei Personen trat die schlafverbessernde Wirkung erst nach der ersten Anwendungs-Woche ein.

Eine andere Pflegefachfrau konnte in ihrer Institution (circa 70 Personen um die 80 Jahre) den Wechsel von Pflegeprodukten auf der Basis von Mineralölen zu natürlichen Pflegeprodukten bewirken. Es wurde mit einer ganz sanften neutralen Waschemulsion von Phytomed, welche mit Lavendel (Lavandula angustifolia), Rosengeranie (Pelargonium graveolens) und Petit Grain (Citrus aurantium fol.) angereichert worden war, gewaschen. Anschließend wurde die Haut mit einem Gemisch aus Olivenöl, Mandelöl, Lavendel, Rosengeranie und Myrte (Myrtus communis) eingeölt. Nach vier Wochen der Umstellung, an denen erwartete Hautschuppungen zu beobachten waren, hat sich das Hautbild der betagten BewohnerInnen extrem verändert. Schulleiterin Sibylle Broggi hatte sich persönlich davon überzeugt und traute ihren Augen kaum, wie regenerationsfähig eine so alte Haut sein kann und wie samtig sie bei sehr vielen Bewohnern wurde. Auch Geruchserscheinungen wurden extrem verbessert, so dass die Pflegenden nun ihre Arbeit mit weniger unappetitlichen Begleiterscheinungen ausüben können.

Eine der Pflegenden ließ für ihre Arbeit einer gut 50-jährigen Frau, die an der sich schnell verschlechternden Chorea-Huntington-Krankheit leidet, ganz besondere dufte Pflege angedeihen. Diese erbliche Degeneration des gesamten Nervensystems macht es kaum noch möglich, dass die Bewohnerin sich ausführlich zu den Anwendungen äußern kann, es ist jedoch für ihre BetreuerInnen sehr klar ersichtlich, dass sie die dufte Pflege geniesst, dass sie sogar auf das ohnehin mühsame Essen verzichten wollte zugunsten einer Aroma-Behandlung. Sie kann beispielsweise kaum noch schlucken, dennoch konnte nach der dreimal pro Woche stattfindenden duften Pflege beobachtet werden, dass sie ihr Becherchen Joghurt statt in 45 Minuten in 30 Minuten verspeisen konnte und das ganz ohne das ständige Verschlucken (was zu den schlimmsten Symptomen der Krankheit zählt und sehr schnell zu künstlicher Ernährung führt). Ihre zu Fäusten verkrampften Hände konnten geöffnet und gereinigt werden und blieben sogar einige Zeit nach der Handmassage offen (wir bekamen Fotos zu sehen). Die Bewohnerin bekam auch aromatische Streichungen auf die unaufhörlich heftig zuckenden Beine und das Zucken hörte auf! Eine fast nicht vorstellbare Verbesserung bei dieser unerbittllichen Krankheit, die den schlecht essenden Patienten viel Kraft und Kalorien nimmt. Eine weitere erfreuliche erwünschte Nebenwirkung der ätherischen Öle war ein erleichterter Stuhlgang. Diese Beispiele zeigen mir einmal mehr, dass man mit ätherischen Ölen zwar keine Wunderheilungen vollbringen kann, dennoch ist es für mich ein Wunder, dass man die Lebensqualität von schwerst erkrankten Menschen deutlich verbessern und ihnen etwas mehr Würde zurück geben kann. Wenn sich solche erfreulichen Ergebnisse doch mehr herum sprechen würden und nicht nur die geldorientierte Chemie-Medizin regieren würde! Eliane Zimmermann AiDA Schule für Aromatherapie

Eine weitere Diplomarbeit befasste sich mit der Implementierung eines Aromapflegekonzeptes in einem großen Altersheim inklusive der kompletten rechtlichen Abklärung aller juristischen Rahmenbedingungen. Eine Kursabsolventin untersuchte ätherische Öle bei schweren Symptomen einer Histaminintoleranz und eine andere Teilnehmerin beleuchtete unterschiedliche Angelika-Arten samt ihrer ätherischen Öle, (gekaufter und selbst gemachter) Hydrolate und einem Angelika-Likör! Eine andere Teilnehmerin hatte einige Menschen durch den Winter begleitet, damit ihr Immunsystem Erkältungskrankheiten besser abwehren konnte.

Eliane Zimmermann AiDA Schule für AromatherapieEine Drogistin hatte ein Mittel gegen Blasenentzündungen entwickelt und erprobt, es darf jetzt in der Drogerie, in der sie arbeitet, gemischt und für knapp 9 Schweizer Franken verkauft werden! [mit Zitroneneukalyptus (Eucalyptus citriodora), Wacholder (Juniperus communis) Lavendel und Cistrose (Cistus ladaniferus)] Sie hatte einige Studien gefunden, welche zeigten, dass ätherische Öle typische Blasenentzündungs-Situationen besserten, bemerkenswert finde ich eine wissenschaftliche Arbeit von 2011, die belegt, dass Rosengeranienöl (Pelargonium graveolens) die Wirkung des Reserve-Antibiotikums Ciprofloxacin verstärken kann [Malik T, Singh P, Pant S, Chauhan N, Lohani H. Potentiation of antimicrobial activity of ciprofloxacin by Pelargonium graveolens essential oil against selected uropathogens. Phytother Res. 2011 Aug;25(8):1225-8]. Ich habe sie daran erinnert, dass auch die Einnahme von Natron extrem hilfreich bei den ersten Symptomen einer Blasenentzündung sein kann (hier habe ich im Jahr 2011 darüber geschrieben).