Es herrschte traumhaftes super-heißes Wetter: Am 6. und 7. Juni wurde das 30-jährige Bestehen einer großen Ätherische-Öle-und-Naturkosmetik-Firma ausgiebig im wunderschönen Botanischen Garten Zürich gefeiert: Farfalla.

Farfalla_Kongress_2015_Volkmar_HeimannIch war als Moderatorin und Vortragende dabei. Darum kann ich mit meinen schnellen Handy-Fotos auch nur sehr mäßig Eindrücke wiedergeben (vielen Dank an Volkmar Heitmann für das Auffüllen mit scharfen Fotos!). Der Kongress war ausverkauft und der schöne Vorlesungssaal somit voll.

Evelyn_Deutsch_xsDer Samstag wurde von der bekannten und erfahrenen Krankenpflegenden, Schulleiterin, Autorin und Drogistin Evelyn Deutsch-Grasl aus Tirol eingeläutet. Sie berichtete ausführlich über den erfreulichen Einzug der Aromapflege im professionellen Pflegealltag. Neben “technischen” und juristischen Rahmenbedingungen berichtete sie von interessanten wissenschaftlichen Arbeiten, beispielsweise von einer Intensivstation, auf der PatientInnen erfolgreich mit dem von ihr entwickelten Pflegeprodukt ‘Atem-Aktiv-Pflegeöl’ gepflegt wurde, die Kontrollgruppe nur mit Mandelöl. Nachzulesen auf Seite 14 in ihrer kostenlosen Zeitschrift ‘Hand in Hand mit der Natur’, die hier (klick!) gelesen werden kann.

Eliane Zimmermann AiDA Schule für AromatherapieEvelyn berichtete ferner von der Krankenpflegenden Susanne Mild, die ätherische Öle bei demenziell veränderten Menschen erfolgreich einsetzt. (Die Bachelorarbeit von S. Mild ‘Aromapflegeanwendungen bei dement kranken Patienten: Eine Übersicht über Aromapflegeanwendungen, welche die Agitiertheit bei dement kranken Patienten reduzieren können’ kann für 23,90 € hier als kleines Buch gekauft werden, einen Powerpoint-Vortrag kann man auf der Seite der OeGWA runterladen).

Besonders spannend ist die angekündigte Veröffentlichung einer neuen Aromatogramm-Arbeit von Dr. Gerda Dorfinger (Wien), in der sie zeigen konnte, dass in ätherischen Ölen, die absichtlich mit Keimen kontaminiert wurden, nach 30 Minuten bei 20 Grad die jeweiligen Keime nicht mehr nachgewiesen werden konnten. Getestet wurden die Keime Staphylococcus aureus, Staphylococcus aureus MRSA, Escherichia coli ESBL. Die Öle waren Thymian Ct Thymol, Thymian Ct Linalool, Lavendel fein und Teebaum (bush oil). Das ist eine Art Auffrischungs-Studie einer inzwischen als veraltet geltende, aber für den Pflegebereich hoch wichtigen Studie von Kerr und Maudsley (1999). Viele der von Evelyn angesprochenen Themen sind in der dritten Auflage des Aromapflege Handbuch (klick!) nachzulesen, inzwischen eine Art Bibel für Aromapflegende 😉 .

Daniela_RyfDer nächste Vortrag beschäftigte sich mit einem Thema, das mir in gut 25 Jahren Aromapraxis so noch nicht begegnet ist: ‘Aromatherapie im Spitzensport’. Die in der Schweiz sehr bekannte Triathletin Daniela Ryf berichtete, wie sie nach kleinen, jedoch sehr lästigen Krankheiten mit Hilfe von ätherischen Ölen wieder fit für ihre harten Wettbewerbe wurde. Ihr bevorzugtes “aromatisches Doping” (welches nicht verboten ist) sind Zitronenöl und Pfefferminzeöl, um ihr oft angeschlagenes Immunssystem fit zu halten, und Rosmarin, um eine deutliche Leistungssteigerung zu erreichen und auch Schmerzen zu reduzieren. Um eine maximale Erholung nach so hartem Training zu erreichen, schwört sie auf Lavendel- und Melissenöl. Daniela Ryf musste nach dem Vortrag auch gleich wieder zum Training eilen und gewann prompt den Ironman in Rapperswil des folgenden Tages! Gratulation!

Eliane Zimmermann AiDA Schule für AromatherapieProfessor Dr. rer. nat. habil. Jürgen Reichlings Kommen war besonders schön, da er immer noch ein bisschen an den Folgen einer orthopädischen Operation leidet. Er hat sich “Ewigkeiten” an der Uni Heidelberg mit Viren, Bakterien und ätherischen Ölen beschäftigt und erinnert uns immer wieder daran, dass die Summe der Bestanteile vieler ätherischer Öle klar nachweisbar wirksamer ist als einzelne Inhaltsstoffe (anders als gerne in der Wissenschaft behauptet).

Dr. Reichling berichtete in seinem Vortrag “Ätherische Öle als Phyto-Antiinfektiva” u.a. von Erkenntnissen mit dem kommerziell erhältlichen Ätherisch-Öl-Mix namens Olbas-Tropfen (klick!), dass es bei einer Spalthautoperation (Transplantation) besser desinfizierend wirkte als die üblicherweise eingesetzten Jodpräparate. Die Arbeit zu diesem Themenkreis seiner Kollegin Manuela Böhm wurde zwar noch nicht veröffentlicht, doch kann man einiges dazu auf folgenden zwei Studien nachlesen: Heidary Navid M, Reichling J, Schnitzler P. Antiherpetic activity of the traditionally used complex essential oil Olbas. Pharmazie. 2013 Aug;68(8):702-5 und Hamoud R, Sporer F, Reichling J, Wink M. Antimicrobial activity of a traditionally used complex essential oil distillate (Olbas(®) Tropfen) in comparison to its individual essential oil ingredients. Phytomedicine. 2012 Aug 15;19(11):969-76.

Am Beispiel von Teebaumöl erläuterte Dr. Reichling, wie dieses einer Escherichia coli-Bakterie (in vitro) schaden kann:

  • es fördert die Bildung extrazellulärer Blasen
  • die Zellatmung (des Keimes) wird gehemmt
  • es bilden sich Mesosomen (Auffaltung der Zytoplasmamembran)
  • die Permeabilität der Zellmembran verändert sich

Das Ganze nennt der Wissenschaftler Multitarget, d.h. es werden sozusagen einige unterschiedliche Ziele in und an der Bakterie angeschossen, so erhöht sich der therapeutische und pflegerische Erfolg gegenüber pharmazeutischen Produkten, die nur auf ein Ziel ausgerichtet sind (und wenn das ausgewählte Produkt das Ziel verfehlt, verringern sich die Heilungschancen). Prof. Reichling empfahl folgende neuere interessante wissenschaftliche Arbeit zum Thema: Nazzaro F, Fratianni F, De Martino L, Coppola R, De Feo V. Effect of Essential Oils on Pathogenic Bacteria. Pharmaceuticals 2013, 6(12), 1451-1474. Sie kann hier (klick!) kostenlos runtergeladen werden.

Eliane Zimmermann AiDA Schule für Aromatherapie

ingeborg_stadelmann_volkmar_heitmann_2015 Im kleinen Hörsaal konnten wir mit vier Absolventinnen der Farfalla-Aromatherapie-Ausbildung sprechen und ihre Abschluss-Arbeiten bewundern, viele Bücher, nicht nur der ReferentInnen konnten angeschaut und gekauft werden, auch ein verführerisches Angebot von ätherischen und fetten Ölen sowie Hydrolaten konnte geschnuppert und gekauft werden.

Im Foyer konnte auch der Wissenshunger gestillt werden: Man konnte in der neuen und in alten Ausgaben von Forum Essenzia blättern, Ingeborg Stadelmann und Volkmar Heitmann hielten dem Backofen an der sonnigen Fensterfront tapfer stand und standen zu vielen Gesprächen und Fragen bereit.

Forum_Essenzia_Stand_Zürich2015Eliane Zimmermann AiDA Schule für AromatherapiePriv.-Doz. Mag. Pharm. Dr. rer. nat. Dr. phil. Sabine Krist entführte uns nach der Mittagspause in die Welt der Fette und Öle. Sie betonte die Rolle der wertvollen Fettbegleitstoffe, die in billigen raffinierten Supermarkt-Ölen nicht mehr vorhanden sind (beispielsweise weil sie schnell ranzig werden, weil sie dem Öl einen unerwünschten Farbton geben, weil sie ausflocken etc). Für die Gesundheit sind sie jedoch immens wichtig, genau so für die Hautpflege, insbesondere wenn die Haut gesundheitlich angeschlagen ist.

Für mich ganz neu war, dass es auch flüchtige Substanzen in fetten Ölen gibt, wie wir sie aus Ätherischen Ölen kennen, wie beispielsweise das alpha-Pinen, welches in Sonnenblumenöl enthalten ist. Mit Hilfe modernster Methoden kann man diese Inhaltsstoffe finden und daran Qualitätsnachweise führen. Beispielsweise aufdecken, dass Olivenöl mit Haselnussöl gestreckt wird, was sehr häufig der Fall ist. Das unglaublich ausführliche Buch von Frau Dr. Krist ‘Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle kann hier (klick!) angeschaut und bestellt werden. Ihr Buch über die flüchtigen Inhaltsstoffe von Fetten und Ölen ‘Volatile Compounds: The Utilisation of Volatile Compounds in the Characterisation of Vegetable Oils and Fats and in Reducing the Bacterial Count of Ambient Air’ gibt es auf englisch hier (klick!), es kostet circa 52 Euro.

Anschließend wurden wir mit einem Film und schönen Fotos nach Madagaskar gebeamt: Von dort bezieht Farfalla etliche ätherische Öle und hat Austausch und Handel mit den unterschiedlichsten Menschen. So können wir europäische Endkunden beim Kauf und Gebrauch von ätherischen Ölen die Armen der Ärmsten unterstützen. Mir macht es zudem ein gutes Gefühl, dass das Farfalla-Team regelmäßig zwischenmenschlichen Kontakt mit engagierten und ehrlichen Bio-Produzenten pflegt, so dass ich mich darauf verlassen kann, dass meine Öle weder von riesigen ungesunden Plantagen kommen noch von Sklaven in der dritten Welt unter riesigem Druck produziert werden. Sondern von Menschen, denen etwas an der Natur und am Menschen liegt, vom Samenkorn bis zum duftenden Tropfen, den ich meinen Kunden und Kindern (verdünnt!) auf die Haut gebe.

Ebberfeld_Ingelore_Zürich_2015Was Beteiligung des Publikums und Betätigung der Lachmuskeln anbelangte, war der überaus lebendige Vortrag von Dr. habil. Ingelore Ebberfeld der Höhepunkt des Tages. Sie ist Buchautorin zu ungewöhnlichen Themen rund um Körpergerüche und Sexualität, ihr Thema ‘Botenstoffe der Liebe’ war gleichermaßen amüsant wie ernst. Auch wenn es sozusagen immer wieder ‘unter die Gürtellinie’ ging, trug Frau Dr. Ebberfeld äußerst plakativ und dazu rasend schnell vor. Sie brachte die geheimnisvolle Welt von geruchlichen Tabus auf den Punkt, erläuterte unter wirklich schallenden Lachsalven der Zuhörer, wie Körperdüfte faszinieren, manipulieren und stimulieren. Unter anderem forderte sie uns Frauen dazu auf, uns “da unten” nicht allzu gründlich zu waschen, wirken weibliche Gerüche doch so verführerisch auf die Männerwelt…

Die Bücher von Frau Dr. Ebberfeld (teilweise nur noch antiquarisch erhältlich) haben so neugierig machende Namen wie: Sex ist alles, alles ist Sex – Diktierte Lust und manipulierte Wünsche (klick!) welches Mitte Oktober erscheinen wird, Von der Unmöglichkeit der Liebe; Küss mich: Eine unterhaltsame Geschichte der wollüstigen Küsse; Das Kussbuch: Eine romantische Verführung; Botenstoffe der Liebe: Über das innige Verhältnis von Geruch und Sexualität, Blondinen bevorzugt: Wie Frauen Männer verführen – Eine Kulturgeschichte des weiblichen Balzverhaltens; Körperdüfte: Erotische Geruchserinnerungen; Sexualität von Frauen im Alter.

Dieser rundum gelungene und äußerst unterhaltsame Vortrag ohne Powerpoint oder Notizzettel, dafür mit viel eindeutig-zweideutiger Körpersprache 😉 war ein Feuerwerk an Informationen, man konnte (und wollte) nicht mitschreiben. Nicht nur wegen der Hitze des Tages verließen die meisten Gäste den Saal mit rotem Kopf und fröhlich-schmerzenden Lachmuskeln.

© Fotos: Evelyn Deutsch, Zürich, Zuschauer, Forum Essenzia, Heitmann & Stadelmann: Volkmar Heitmann