Zitrusschalenfrüchte stammen ursprünglich aus Asien. Die Öle daraus werden in der Regel durch Raspeln/Pressen, Wässern, Zentrifugierung gewonnen. Das weiß mittlerweile auch jede DuftanfängerIn. Gute Zitrusschalenöle enthalten Furocumarine, diese verstärken die Lichtausbeute im Menschen bzw auf seiner Haut. Das führt bei nicht sachgemäßer Anwendung (Auftragen vor Sonnenbad oder Solariumbesuch) zu Pigmentflecken oder gar zu schlimmen Verbrennungen (Berloque Dermatitis), insbesondere wenn sie mit Mineralölen gemischt sind. Auch das weiß mittlerweile fast jede DuftanfängerIn.

Jedoch können genau diese ganz besonderen minoritären Inhaltsstoffe (also nur circa 1 Prozent oder gar weniger) auch die Lichtausbeute im Winter beeinflussen, erfahrungsgemäß zumindest (leider habe ich dazu noch keine Studien gefunden). Damit wird ihre stark stimmungsaufhellende Wirkung erklärt, insbesondere bei SAD (Seasonal Affective Disorder), der Lichtmangel-Depression.

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Lieferung, Waschen, Reiben von Zitrusfrüchten, Zentrifugieren von Orangenöl in Brasilien

Beide Öle also, die sehr lichtempfindlich machen, wirken auch antidepressiv (vorausgesetzt sie bleiben naturbelassen, also weder durch Natronlauge furocumarinfrei [FCF] gemacht noch durch Nachdestillation): Bergamotte (Citrus x bergamia Risso u. Poit.), das ist eine enge Verwandte der Zitrone und heißt darum auf englisch bergamot lemon und Limette (Citrus aurantiifolia (Christm.) Swingle.

Leider geistert neuerdings wieder der alte Fehler durch die Ätherische-Öle-Welt, dass Zitronenschalenöl angeblich Vitamin C, also L-(+)-Ascorbinsäure, enthält (allerdings ist im Labor hergestellte isolierte Ascorbinsäure nicht hundertprozentig identisch mit dem natürlich vorkommenden Vitamin C). Auf gewissen Verkaufsveranstaltungen und Videos von Ätherische-Öle-Anbietern wird das jedoch gerne behauptet und dann ständig weiter gebetet. Ätherische Öle enthalten jedoch – wenn überhaupt – nur Spürchen von freien Säuren, denn diese sind wasserlöslich, sie können gar nicht in relevanten Mengen in den fettöslichen /lipophilen ätherischen Ölen enthalten sein. Ascorbinsäure=Vitamin C kann also aufgrund der chemischen Eigenschaften NICHT im naturbelassenen Zitronenduft im Fläschchen enthalten sein.

Eliane Zimmermann AiDA Schule für AromatherapieFlavonoide, diese Jungbrunnen- und Reparatur-Moleküle sind dagegen in Fruchtfleisch UND Schale, damit auch im ätherischen Öl, welches durch Raspeln/Pressung gewonnen wird, enthalten. Es handelt sich um polymethoxylierte Flavone, sie geben den mechanisch gewonnenen Zitrusölen ihre schönen Farben, die wichtigsten Vertreter sind Nobiletin, Tangeritin, Sinensetin und Tetra-O -methylscutellarein*.

Die Zusammensetzung eines typischen Zitronenschalenöles:

Monoterpene

  • 64 % D-(+)-Limonen
  • 15 % β-Pinen
  • 10,5 % γ-Terpinen
  • 2,9 % α-Pinen
  • 0,7 % α-Thujen
  • 1,9 % β-Myrcen
  • Camphen
  • trans-Ocimen
  • Sabinen

Sesquiterpene

  • β-Caryophyllen
  • 0,35 % β-Bisabolen

Monoterpenole

  • Geraniol
  • Nerol
  • Linalool
  • Terpineol-4
  • 0,05 % α-Terpineol

Aldehyde

  • 0,82 % Geranial
  • 0,48 % Neral
  • Citronellal
  • Nonanal, Octanal, Decanal

Monoterpenester

  • 0,27 % Nerylacetat
  • 0,25 % Geranylacetat
  • Citronellylacetat

Andere

  • 1,5 % Cumarine und Furocumarine, z.B.
    0,6 % Bergapten, 0,2 % Bergamottin
  • (farblose) Carotinoide, polymethoxylierte Flavone

insgesamt circa 100 unterschiedliche Moleküle

Eliane Zimmermann AiDA Schule für AromatherapieDie Urahnin der heute bekannten Zitrone ist übrigens die größere Ur-Zitrone oder Zedrat (Citrus medica), die als Medizinalpflanze ein hohes Ansehen genoss. Das ätherische Öle daraus riecht himmlisch zitronig, es wird nur von wenigen Anbietern verkauft. Ich habe in Brasilien Zedratfrüchte geerntet, die groß wie Honigmelonen waren, ihre Schale ist oft zerfurcht und superdick, es ist so gut wie kein Fruchtfleisch mit Saft enthalten. Das zur Weihnachtszeit beliebte Zitronat wird aus diesen dicken, wochenlang in Salzlake eingelegten Fruchtschalen hergestellt.

Auf diesem kleinen Video vom großen italienischen Zitrusöl- und Zitrussafthersteller Fratelli Indelicato (klick!) kann man das Abraspeln der Schalen gut sehen. Auch auf Wikipedia findet man Interessantes zur alten Medizinalzitrone.

* laut Prof. Dr. Elisabeth Stahl-Biskup, Universität Hamburg: ‘Die Chemische Extravaganz der Zitrusfrüchte’ in Forum Essenzia, Heft Nr. 26 (2004); für Mitglieder von Forum Essenzia gibt es dieses hervorragende Heft als E-Paper, als “echte”Ausgabe ist es leider vergriffen.