Genau am Tag, als die erste Irisblüte in meinem Duft-Garten die Sonne anblinzelte, kam eine Anfrage bezüglich der verwirrenden Namensgebungen des ätherischen Öles der Iris (mal Iris germanica, mal Iris florentina, mal Iris germanica var. florentina, mal Iris pallida). Auch wollte meine Buchleserin wissen, ob die körperliche Wirkung jener des Rosenöles gleichzusetzen sei und warum in manchen Büchern das hochgiftige Naphtalin als Inhaltsstoff angegeben sei.

Da Iris mein Lieblings-Duft ist, habe ich mal in meinen Botanik-Büchern geforscht und herausgefunden, dass die Antwort nicht eindeutig ist. Es scheint so, dass Iris florentina eine Unterart der Iris germanica ist (Florentiner Schwertlilie), also korrekt Iris germanica var. florentina geschrieben wird. In meinem seriösesten Nachschlagewerk von der Royal Horticultural Society wird Iris florentina gar nicht aufgeführt. In Wikipedia wird sie als Synonym zu Iris pallida geführt.

Eliane Zimmermann AiDA AromatherapyDie sehr geschätzte Apothekerin und Autorin des wundervollen Buches “Iris” (Abbildung, gibt es leider nur noch antiquarisch) Christina Kiehs-Glos beschreibt sie allerdings mit Berufung auf Dr. Erny-Rodmann vom Botanischen Garten der Uni Basel als unterschiedliche Arten:

“I. germanica, I. florentina und I. pallida zeichnen sich durch den rhizomartigen Wurzelstock aus, die Ausbildung des Bartes auf den Hängeblättern und den hohen Wuchs. Alle drei gehören daher zur Barbata-Elatior-Gruppe, den hohen Bartiris-Arten.”

Feststeht, dass es unzählige I. germanica-Hybriden und -Züchtungen gibt, dann also immer ein dritter Name dazugeschrieben wird. I. pallida könnte laut Christina Kiehs-Glos die “Ur-Mutter” dieser Iris-Gruppe sein. Ihre unscheinbaren Rhizome (Abbildung unten) duften alle, vor allem nach Fermentation. Irisöl wird zwar als ‘Blütenduft’ bezeichnet, ist jedoch ein aus dem knolligen Rhizom gewonnener Duft. Man kann dieses erdige Element neben dem pudrig-blumigen Anteil auch gut riechen. Der Duftstoff Ionon (oder Jonon) wird auch Veilchenduft genannt, auf ihn reagieren Prostatakrebszellen mit Rückzug (zumindest im Laborversuch) – ich habe es an anderer Stelle beschrieben. Geraniol in Rosenöl hat jedoch auch antitumorale Eigenschaften.

Eliane Zimmermann AiDA AromatherapyDie körperliche Wirkung von (destilliertem) Irisöl ist anders als die Wirkung von Rosenöl. Während Rosenöl vor allem aus Monoterpenalkoholen und dem duftprägenden Phenylethanol besteht, ist Irisöl fast nur aus Sesquiterpen-Verbindungen zusammengesetzt. Rose wirkt stark schmerzlindernd (vor allem wenn man das Absolue einsetzt), ausgleichend bis leicht belebend und antibakteriell, Iris wirkt eher auf chronische Probleme, leicht entzündungswidrig, erdend-beruhigend, schleimlösend. Auf der seelischen Ebene sind sie möglicherweise vergleichbar einzusetzen, beide gelten als stark spirituell einzustimmende Düfte und werden darum gerne in der Sterbebegleitung angeboten. Bitte in diesem sensiblen Bereich immer schnuppern lassen bzw sehr genau auf die Reaktionen der betroffenen Personen achten, der Duft muss gut tun!

Botanische Namen werden oft nicht korrekt aufgeschrieben, meine Bücher sind da keine Ausnahme. Es gibt ständig Änderungen (alle 5 Jahre), es gibt viele Synonyme, weder wir Autoren noch bei den Ölefirmen kann man immer auf dem Laufenden sein. Es müsste beispielsweise immer Mentha x piperita für Pfefferminze heißen und Rosa x damascena für Rose, das ist jedoch für uns botanische Laien zu umständlich. Auch Lavandula hybrida ist übrigens nicht korrekt.

Zu guter Letzt: Ich habe noch nie gelesen, dass Irisöl Naphtalin enthalten soll (hat jemand bereits davon gelesen? wenn ja, wo?) Jedenfalls sicherlich nicht in einem seriösen Buch. Aromatherapeuten und -Pflegende im deutschsprachigen Raum setzen nur das (extrem teure) Destillat der Iriswurzel ein. Vielleicht enthält das nicht besonders fein riechende, jedoch viel preisgünstigere Absolue bei Billigfirmen diesen mottenabwehrenden Giftstoff als Lösungsmittel???? Kann ich mir jedoch nicht vorstellen. Man sollte und kann das destillierte Irisöl circa 1%-ig dosieren, dann duftet es unglaublich fein-pudrig nach Veilchen. Manche Firmen (Farfalla, Neumond, Primavera) verkaufen es in dieser Verdünnung mit Alkohol, das ist dann bezahlbar. Ansonsten kostet 1 ml (circa 22 Tropfen) beim Marktführer fast 170 Euro!

Ich benütze selten kommerzielle Parfums, doch ein sehr ungewöhnlicher Herrenduft hat es mir vor einigen Jahren angetan, er duftet zunächst interessant holzig und nach Atlaszeder, dann entwickelt sich eine wunderbar pudrige Note nach Iris- und Vanille/Ambratönen: Es ist Dior Homme, meiner Meinung nach eines der Parfüms, die wirklich den Namen verdienen und aus dem Einheitsbrei von “Männerdüften” heraus leuchten, eben mit der ‘Göttin des Regenbogens’, der Iris.

PS Die erste Abbildung aus meinem Garten zeigt eine Iris reticulata; die Bartiris blüht auch im frühlingsmilden Irland erst im Mai und Juni! Übrigens habe ich eben drei antiquarische Exemplare vom wunderschön samtig illustrierten Buch Iris von Hermann Hesse entdeckt, wahre Bücherfreaks, die ein poetisch-spirituelles Märchen schätzen, sollten es sich zulegen! Ich habe seinerzeit, als ich in einem Buchladen arbeitete, einige Original-Zeichnungen von Peter Dorn anschauen dürfen, einfach wundervoll!