Da ich weiß, dass etliche meiner LeserInnen meine Artikel ausdrucken und archivieren, möchte ich an dieser Stelle auf Ergänzungen und Korrekturen, die ich von T. Schneider von der Uni Kiel zum Artikel über die Lavendelkapseln Lasea erhielt, hinweisen (vielen Dank!). Es ging vor allem um die Teilnehmerzahlen der Studien und um den Wirkmechanismus, letztere Falsch-Information hatte ich aus der Deutschen Apotheker Zeitung. Obwohl mir aus zahlreichen Studien von Professor Dr. Buchbauer (Wien), die er sowohl mit Lavendelöl als auch mit den zwei mengenmäßig in der Mehrheit vorkommenden Inhaltsstoffen (‘aktive Inhaltsstoffe’) Linalool und Linalyacetat gemacht hatte, bekannt war, dass Lavendelöl eine GABA-Wirkung aufweist. Ich hatte mich also zu sehr auf die Fachpresse verlassen ;-). Auch die Kritik von T. Schneider und die Befürwortung von standardisierten Mitteln im Kommentarefeld ist lesenswert, der Einfachheit halber stelle ich sie hier ein:

Sehr geehrte Frau Zimmermann,

ich habe gerade Ihren Eintrag zum Lasea-Präparat gelesen.
Hierzu ein paar Anmerkungen:

–> „Die Wirkung beider Produkte erklärt sich über eine Hemmung der präsynaptischen spannungsabhängigen Kalziumkanäle an der Zellmembran.“

Das ist leider nicht korrekt. Beide Präparate (Lavendelöl, sowie die Benzodiazepine) wirken über den GABA-Rezeptor, d.h. sie verstärken/modullieren die Wirkung des körpereigenen GABA (GammaAminoButterSäure = ein dämpfender/inhibitorischer Neurotransmitter).

–> „Laut Prof. Kasper wurde diese Zubereitung an 700 Erwachsenen getestet und mit Lorazepan, ein Benzodiazepin, verglichen.“

Die (Gesamt-)Zahl 700 kann sicherlich richtig sein, jedoch ist sie in diesem Satz nicht korrekt. Die Studie, in der Lasea und Lorazepam vergleichen wurden, umfasste 77 Probanden (59 Frauen, 18 Männer; Alter 21-65) und die andere (Phase II) Studie, die sie erwähnen, umfasste 47 Probanden (39 Frauen, 8 Männer; Alter 18-70).

und zu guter Letzt ein kleiner Tippfehler:

–> „Beruhigungs-Hämmer“ …falls das keine Metapher sein soll :-)

Das Internet stellt sicherlich eine sehr gute und schnell verfügbare Möglichkeit dar, eine breite Masse mit aufbereiteten und leicht verständlichen Informationen zu versorgen. Die Kernaussagen (z.B. Lasea als Phyto-Alternative zu Benzodiazepinen) sind richtig, dass Sie den Preis mit kostenintensiven klinischen Studien am Menschen und dem umfangreichen Zulassungsverfahren für ein neues Arzneimittel belegen ist sehr lobenswert (wird oft meist etwas unterschlagen wenn es um „Apothekenpreise“ geht). Ihre Empfehlung Lavendelöl selbst in Hartgelatinekapseln abzufüllen steht da leider in einem scharfen Widerspruch: Ein Fertig-Arzneimittel zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass es standadisiert hergestellt und mit immer gleicher Dosis in eine Tablette bzw. hier Weichgelatinekapsel „verpackt“ wird. Der Rat „irgendein Lavendelöl selbst abfüllen“ (bei 80 mg gar nicht möglich) ist nicht unmöglich, aber mit Vorsicht zu genießen.

Im Großen und Ganzen würde ich mir wünschen, dass sie in Zukunft eine etwas genauere Recherche durchführen und die Studien, auf die sie sich beziehen vielleicht auch zu lesen. Werden Sie Ihrer Verantwortung den Lesern gegenüber gerecht.

Mit freundlichem Gruß, T. Schneider

PS vom 15. Juli 2010: Leserbrief vom Hersteller von Lasea

Sehr geehrte Frau Zimmermann,

als wissenschaftlicher Leiter der Firma Spitzner Arzneimittel, die Zulassungsinhaberin und pharmazeutische Herstellerin von Lasea ist, halte ich es für erforderlich, mich an dieser Stelle einzuschalten.

Der Kommentar von Herrn T. Schneider ist inhaltlich leider an einigen Stellen nicht ganz korrekt und bedarf daher einiger Berichtigungen bzw. Ergänzungen.
So schreibt er: “Beide Präparate (Lavendelöl, sowie die Benzodiazepine) wirken über den GABA-Rezeptor, d.h. sie verstärken/modullieren die Wirkung des körpereigenen GABA (GammaAminoButterSäure = ein dämpfender/inhibitorischer Neurotransmitter).”

Mein Kommentar:
Es wäre sehr interessant zu wissen, auf welche Erkenntnisse Herr Schneider seine Aussage zu Lavendelöl stützt. Silexan (das spezielle Lavendelöl in Lasea) wirkt in seinen therapeutischen Dosen (bestimmungsgemäßer Gebrauch) nicht über das GABA-System. Es wirkt ganz offensichtlich, ähnlich dem synthetischen, bei generalisierter Angststörung zugelassenen Wirkstoff Pregabalin, über eine Hemmung präsynaptischer Calcium-Kanäle, wie Prof. Dr. Walter Müller vom Biozentrum am Pharmakologischen Institut für Naturwissenschaftler in Frankfurt a. M. in seinen Untersuchungen festgestellt hat. Es zeigten sich auch klinisch keinerlei Hinweise für eine Beeinflussung des GABA-Systems.
Insofern muss ich Herrn Schneider hier korrigieren. Die Aussage in der Deutschen Apotheker-Zeitung ist somit korrekt!

Zwar gibt es einige Hinweise für Interaktionen von Lavendelöl und Linalool mit GABA-A-Rezeptoren, die wohl in erster Linie durch eine Modulation der Aktivität und weniger durch eine direkte Bindung verursacht werden. Diese wurden aber grundsätzlich nur bei Konzentrationen deutlich oberhalb von 10 Mikrogramm / Milliliter beobachtet. Zum Vergleich: die maximalen Plasmakonzentrationen von Linalool bei der therapeutischen Anwendung von Lasea liegen bei durchschnittlich etwa 40 Nanogramm / Milliliter und somit 250fach unterhalb dieser Konzentration.

Weiterhin schreibt Herr Schneider: „Laut Prof. Kasper wurde diese Zubereitung an 700 Erwachsenen getestet und mit Lorazepan, ein Benzodiazepin, verglichen.“Die (Gesamt-)Zahl 700 kann sicherlich richtig sein, jedoch ist sie in diesem Satz nicht korrekt. Die Studie, in der Lasea und Lorazepam vergleichen wurden, umfasste 77 Probanden (59 Frauen, 18 Männer; Alter 21-65) und die andere (Phase II) Studie, die sie erwähnen, umfasste 47 Probanden (39 Frauen, 8 Männer; Alter 18-70).”

Mein Kommentar:
Die Probandenzahl liegt im Rahmen unseres nach wie vor laufenden Studienprogramms bei inzwischen ca. 1500 Patienten. Die referenzkontrollierte Studie gegen Lorazepam umfasste insgesamt 78 Patienten. Die erwähnte Phase II – Studie umfasste insgesamt 50 Probanden zwischen 28 und 65 Jahren mit den Diagnosen Neurasthenie (ICD 10 F48.0), posttraumatische Stresserkrankung (PSE; F43.1) oder Somatisierungsstörung (F45.0, F45.1)”.
Ich bitte um entsprechende Berücksichtigung und Korrektur in Ihrem Blog, von dem Sie sicher den Anspruch haben, dass alles wissenschaftlich korrekt dargestellt ist.

Vielen Dank! Mit freundlichen Grüßen
Dr. med. Thomas Weber, Wissenschaftlicher Leiter, Spitzner Arzneimittel