Nun müsste bald die kalte Jahreszeit anbrechen, in der gerne und viel geräuchert wird. Zumindest sind Dezember und Januar beliebte Düfte-Monate (bei den derzeitigen Frühlingstemperaturen womöglich doch noch nicht).

Mir fällt immer wieder auf, dass Myrrhe und Myrte verwechselt werden, und dass Myrte oft mit H, also Myrthe, geschrieben wird. Auch dass oft Verunsicherung herrscht, wie die unterschiedlichen Chemotypen von Myrte einzusetzen sind. Beide Pflanzen sind ideale Begleiter in der erkältungsträchtigen Zeit, denn beide wirken befreiend auf die Atemwege. Doch damit hört die Gemeinsamkeit, außer der ähnlichen Schreibweise, schon auf.

Eliane Zimmermann AiDA Schule für AromatherapieMyrrhe [Commiphora molmol (Engl.) Engl. ex Tschirch, Synonyme: Commiphora myrrha (Nees) Engl., Commiphora abyssinica (Engl.) Engl.] ist ein kleiner Baum oder großer Strauch, der wie der Weihrauch-Baum heiße und trockene Gegenden im Osten Afrikas bewohnt, beispielsweise Somalia und die südliche arabische Halbinsel. Er ist recht arm an Blättern, dafür trägt er umso mehr Dornen. Je nach Herkunft und Herstellungsverfahren können sich die Mengen der Inhaltsstoffe sehr unterscheiden, ein hoher Anteil an Furanoeudesma-1,3-dien sorgt für eine deutliche schmerzlindernde Wirkung.

Der Baum liefert ein sehr wirksames bitter schmeckendes Harz. Sein Name kommt von kommi, gr. = aus einer Akazienart gewonnener Klebstoff zur Balsamierung von Leichen, –phoros, gr. = -tragend; mor, bedeutet auf somali Myrrhe.

Anders als bei Weihrauch, der üblicherweise destilliert wird und somit ein ätherisches Öl liefert, handelt sich bei Myrrhe nicht um ein ätherisches Öl, sondern um ein Resinoid, das heißt, dass das Harz mit einem Lösungsmittel, meistens Branntwein, gelöst wurde, somit ist das Endprodukt recht klebrig. Es gibt jedoch grundsätzlich auch destilliertes Myrrheöl, mir ist es jedoch noch nicht über den Weg gelaufen. Und auch CO2-extrahierter Myrrheduft kann selten erhältlich sein.

Myrrhe_KöhlerMyrrhe-Resinoid kann entzündliche Haut und Schleimhäute hervorragend regenerieren. Bei Heiserkeit kann ein Tropfen auf ein Stückchen Zucker oder etwas festen Honig gegeben werden und gelutscht werden (schmeckt sehr bitter!). Bei Entzündungen der Schleimhäute des Atemtraktes gibt man 1-2 Tropfen auf eine Schüssel mit heißem Wasser und inhaliert den harzigen Dampf (am besten eine feuerfeste Glasschüssel verwenden, die sehr heiß ausgewaschen werden kann, an Kunststoffgefäßen kann sich das Harz sehr fest setzen). Auch das Einarbeiten in schmerzlindernde Wundsalben bietet sich an.

Eine ganz neue äthiopisch-deutsch-österreichische Studie zur wundheilenden Wirkung von Myrrhe kann hier kostenlos herunter geladen werden: Gebrehiwot M, Asres K, Bisrat D, Mazumder A, Lindemann P, Bucar F: Evaluation of the wound healing property of Commiphora guidottii Chiov. ex. Guid. BMC Complement Altern Med. 2015 Aug 18;15:282. Darin wird die traditionelle Anwendung des Harzes bei Wunden wissenschaftlich durchleuchtet und belegt. Das Öl und das Harz irritieren die Haut nicht und zeigen signifikante Effekte (p<0.05-0.001) beim Zusammenziehen von verletzter Haut, zudem wird die Zeit zum Epithelisieren der Hautzellen verkürzt. Dazu kommen antibakterielle und antimykotische Eigenschaften ähnlich wie bei den Standardantibiotika Ciprofloxacin und Griseofulvin.

Bereits 1989 entstand ein anspruchsvolles wissenschaftliches Fachbuch, das sich mit der Heilweise und dem chemischen Aufbau von Myrrhe (und Weihrauch) beschäftigte: Weihrauch und Myrrhe. Kostbarkeiten der Vergangenheit im Licht der Gegenwart von Dieter Martinetz, Karlheinz Lohs und Jörg Janzen, leider ist es vergriffen bzw. nur noch begrenzt antiquarisch erhältlich wie hier (klick!).

MYRRHE-Resionoid enthält vor allem Sesquiterpen-Verbindungen:

  • 24,90% Curzeren (Isofuranogermacren)
  • 4,08% β-Elemen
  • 1,32 % γ-Cadinen
  • 0,74 % δ-Cadinen

Andere

  • 27,74 % Furanoeudesma-1,3-dien
  • 8,62 % Lindestren

Quelle: Farfalla

Es gibt ein Fertigpräparat namens Myrrhinil-Intest (klick!), das eine Kombination aus Myrrhe, Kamille und Kaffeekohle enthält, es wird bei Magen-Darm-Beschwerden wie dem Reizdarm-Syndrom und Durchfall eingesetzt. In einem Interview mit der bekannten Phytotherapie-Medizinerin Dr. Karin Kraft ist dazu hier (klick!) mehr zu lesen. Zu den drei Chemotypen des Mittelmeer-Bewohners Myrte, und den entsprechenden Einsatzmöglichkeiten, kommt einer der nächsten Beiträge.

OPOPONAX [Commiphora guidottii Chiov. ex Guid.] ist eine enge Verwandte und beglückt Parfümeure mit ihrem balsamisch-süßlichen Duft. Es wird selten in der Aromatherapie angewendet, obwohl es auch starke antiinflammatorische (entzündungshemmende) Eigenschaften hat. Um die Namensverwirrung noch zu verstärken, gibt es übrigens auch ein ätherisches Öl aus Acacia farnesiana, das auch Opoponax genannt werden kann.

Monoterpene

  • 33-47 % trans-β-Ocimen

Sesquiterpene

  • 14-22 % cis-α-Bisabolen
  • 3-17 % α-cis-Bergamotten
  • 16% α-Santalen

Quelle: Tisserand & Young 2014, Essential Oil Safety

Es gibt noch mindestens zwei Dutzend Commiphora-Arten wie

  • Commiphora africana (A. Rich.) Engl.
  • Commiphora angolensis
  • Commiphora caudata (Wight & Arn.) Engl.
  • Commiphora guidottii
  • Commiphora mossambicensis
  • Commiphora holtziana
  • Commiphora simplicifolia H. Perrier
  • Commiphora wightii

Destille_Kupfer_RichterPS: Wem noch eine Geschenkidee für Weihnachten fehlt: Wie wäre es mit e iner Kupfer-Destille mit der in Deutschland zollamtlich genehmigten Größe von 0,5 Liter? Damit kann man/frau wunderbar Hydrolate herstellen. Hier (klick!) können Details und Kommentare nachgelesen werden, sie kostet knapp 140 Euro. Eine riesige Auswahl an Destillen gibt es auch hier bei Destillatio (klick!), die Österreicher dürfen mehr (2 Liter) und kaufen auch gerne bei Holzeis (klick!) sowie bei Malle & Schmickl (klick!), die Schweizer können auch bei Botanicus (klick!) bestellen.

Zeichnung Myrrhe: Köhler’s Medizinal-Pflanzen