Das Reizdarm-Syndrom gilt inzwischen als eine Art „Depression“ des Darmes, in dem sich ja mindestens so viele Nervenzellen wie das Gehirn befinden und der auf einen funktionieren Stoffwechsel von Botenstoffen wie dem Serotonin angewiesen ist. Möglicherweise werden die sehr sensiblen Eingeweide durch Aroma- und Riechstoffe irritiert, denn viele (natürliche) Riechmoleküle sind „Buchstaben“ der Pflanzen und der Insekten. Manche dienen ausdrücklich der Warnung: Die Maispflanze warnt mit Hilfe von Indol eigene „Körperteile“, wenn erste Blätter von Fraßfeinden angeknabbert werden. Eine tropische stachellose Biene produziert Neral und Geranial, um Feinde im Nest zu desorientieren, Blattläuse produzieren Farnesen als Alarmsubstanz: Es wird in für sie brenzeligen Situationen abgesondert, um „Kollegen“ zu warnen.
Da diese Funktionen von Riechmolekülen bislang nur rudimentär erforscht sind, wäre es denkbar, dass synthetisch „parfümiertes“ Essen aber auch alles andere aus den Laboren, was heutzutage zum olfaktorischen Großangriff auf uns Menschen abgefeuert wird, für konstante Irritationsgefühle und Angst mit Fluchtgedanken führt. Mir geht es jedenfalls manchmal so: Erst kürzlich machte ich eine Tüte eines Reis-Fertiggerichtes auf, das uns geschenkt worden war. Ich wollte es unseren Hunden verfüttern, bereite es vorschriftsmäßig zu und fiel fast in Ohnmacht, als ich die stark nach Synthetik-Gewürzen riechende Pampe in der Nase verspürte. Ich spülte und spülte und spülte es, damit der Reis einigermaßen zu Reis wurde. Da ich sowas sonst nie esse, hat es mich schier erschlagen und ich wäre NIE auf die Idee gekommen, sowas zu verspeisen. Doch ich denke, sehr viele Menschen nehmen jeden Tag mehrere Produkte zu sich, die ähnliche Geschmacksstoffe enthalten, wir alle haben es mal eilig und greifen dann gerne zu Convenience-Food. Doch in den allermeisten Fällen besteht es aus bedenklichen Stoffen. Gerade gestern entdeckte ich 0reo-Kekse in einer neuen Geschmacksrichtung: Erdnuss. Beim genauen Studieren der Inhaltsstoffe bemerkte ich, dass keine einzige Erdnuss enthalten ist.
So wird unser Darm täglich „an der Nase herumgeführt“. Kein Wunder, dass er gereizt reagiert! Und die Lebensqualität kann erheblich beeinträchtigt werden, wenn starke Schmerzen, heftige Blähungen und häufige Durchfälle den Alltag begleiten. Interessanterweise kann man ihn mit Riechstoffen aus der Natur beruhigen, wir Menschen sind mit diesen Molekülen seit Jahrtausenden vertraut und sollten sie mal schädlich gewesen sein, haben wir uns mit ihnen bestens arrangiert.
Nun belegt eine kleiner wissenschaftliche Studie aus Essen und Duisburg die Wirksamkeit von Kümmelölleibauflagen (Bauchkompressen mit Kümmelöl). In diesem randomisierten kontrollierten Cross-over-Experiment wurden 48 PatientInnen mit Riezdarm-Symptomen (IBS) beobachtet (40 Frauen, 8 Männer, durchschnittlich 53,9 ± 14,4 Jahre). Während drei unterschiedlicher Behandlungszeiträume, die je drei Wochen dauerten, wurden entweder 2%-ig in Olivenöl verdünntes Kümmelöl (Carum carvi) mit einer warmen Moorauflage eingesetzt, oder nur erwärmtes Olivenöl oder nur körperwarmes Olivenöl. Erstere Anwendung war signifikant wirksamer (p = 0,033) als die anderen beiden ohne Kümmelöl. Auch die Anzahl der Personen, die überhaupt auf die Anwendungen ansprachen war in der Kümmelgruppe signifikant höher (43,9%) als in beiden Olivenölgruppen (maximal 20%). Es wird betont, dass es keine unerwünschten Nebenwirkungen bei der Anwendung von Kümmelöl gab und dass ein Großteil der PatientInnen vorhatten, diese Anwendung auch nach Beendigung der Studie weiter zu führen.
Die Arzneipflanze des Jahres 2016, gewählt vom ‘Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde’ der Universität Würzburg, wird von den Wissenschaftlern dieser kleinen Studie im Rahmen von ‚Selbstmanagementstrategien‘ von chronischen Erkrankungen oder Beschwerden empfohlen (das heißt zur Selbstbehandlung).
Wenn der Bauch besonders drückt, kann Kümmelöl in Kombination mit Pfefferminzeöl in den praktischen Carmenthin-Kapseln (klick!) eingenommen werden. Kümmelöl kann beispielsweise von Feeling (klick!) oder von der über 100 Jahre alten ur-deutschen Firma Bombastus (klick!) gekauft werden, für Kleinkinder mit Bauchschmerzen gibt es ein fertig verdünntes Produkt: das Baby-Bäuchleinöl von Weleda (klick!).
ERGÄNZUNG vom November 2020: Inzwischen haben wir regelmäßiges Feedback von Menschen, denen schluckweise getrunkenes in Wasser verdünntes Melissenhydrolat (ohne Alkohol) enorm geholfen hat. 2 EL in 1 Liter Wasser und schlückchenweise über den Tag verteilt trinken.
Lauche R, Janzen A, Lüdtke R, Cramer H, Dobos G, Langhorst J. Efficacy of Caraway Oil Poultices in Treating Irritable Bowel Syndrome – A Randomized Controlled Cross-Over Trial. Digestion. 2015;92(1):22-31.
Lauche R, Langhorst J: Studie zur Wirksamkeit von Kümmelölleibauflagen bei Patienten mit Reizdarmsyndrom. Zeitschrift für Phytotherapie 2015; 36: 244-246
Liebe Elinane, danke für den guten Artikel!! Ich werde ihn direkt teilen! Leider wissen die meisten Menschen nicht Bescheid über diese Zusammenhänge und laufen mit ihren Beschwerden immer wieder zur Schulmedizin, der meist nur einfällt, Tabletten zu verschreiben, die die Ursache der Beschwerden nicht auflösen. LG Gitte
Super geschrieben – und auf den Punkt gebracht: Die Depression im Darm!
Hallo, toll verfasster Artikel zum Thema Reizdarm. Mit dieser etwas schwierigen Diagnose gehen ja bei jedem andere Symptome mit einher. Ich hatte in den letzten Monaten viel mit Verstopfung zu tun, und hatte immer wahnsinnige Probleme auf der Toilette mich vollständig zu erleichtern. Diesem Problem bin ich dann auf den Grund gegangen, indem ich viel im Netz recherchierte. Inzwischen hilft mir der Hoca bei der Entleerung meines Darmes. Den Hocker stelle ich einfach vor die Toilette, Füße auf den Hoca, und mein Darm kann seiner Arbeit schnell und für mich ohne Schmerzen nachkommen. Viele Grüße
super, danke für diesen hinweis. ich dachte, dass es diese hocker nur bei uns im englischsprachigen raum gibt, ja, diese können eine wertvolle hilfe sein!
Liebe Eliane,
danke für deinen tollen Artikel! Ich habe auch schon lange mit meinem RDS zu kämpfen. Ärzte reagieren immer gleich: Lebensmittelintoleranzen, Magen- und Darmspiegelung und danach ist es dann nur psychisch. Natürlich schlägt so ein Reizdarm auch auf die Psyche, aber dass er dadurch hervorgerufen wurde – ich weiß nicht. Ich versuche seit jetzt fast vier Jahren einfach alles aus, das mir helfen könnte. Gehe auch viel zu Heilpraktikern, die dem Thema echt offener gegenüberstehen. Zuerst habe ich aufgehört zu rauchen, mache regelmäßig Sport. Das hilft schon eine Menge. Seither habe ich nur noch 1-2 Mal pro Woche mit sehr einschränkenden Durchfällen zu kämpfen. Seit ein paar Monaten versuche ich jetzt (soll keine Schleichwerbung sein) die Dropchen aus, die mir von meinem Heilpraktiker empfohlen wurden. Mittlerweile schaffe ich es 2-3 Wochen ohne mich in meinem Leben einschränkende Darmprobleme. Ich kann es jedem nur empfehlen sich da auszuprobieren und zu schauen was einem hilft. Sport und Dropchen bringen mich jetzt endlich auf ein Maß, bei dem ich wieder von einem lebenswerten Leben sprechen mag 🙂
Ich danke dir für deine tollen Artikel und werde sie sehr gerne weiter verfolgen 🙂
Hallo, vielen lieben Dank für diesen Artikel – für mich sehr hilfreich, denn ich bin auf der Suche nach etwas, was gegen Reizdarm hilft … mein Bauchgefühl 🙂 hatte mir schon gesagt „Kümmelöl“ und hier lese ich im Artikel, dass es hilfreich sein kann.
Oh danke für die nette Mühe dieses Feedbacks!