Nach soviel Entspannung mal wieder ein paar Fakten (und ich betone nochmals ausdrücklich, dass dies hier weder eine wissenschaftliche noch eine literarische Diskussionsplattform ist ;-).

Wer trinkt ab und zu einen Kamillentee? Welche Farbe hat er? Richtig gelblich-wässrig-transparent. Hat schon mal jemand blauen Kamillentee gebraut? Nein???!!!
Warum ist dann das ätherische Öl aus der Matricaria recutita oder Chamomilla recutita oder auch Matricaria chamomilla (ersterer ist wohl der aktuell ganz korrekte wissenschaftliche Name – laut der “Bibel” der Botaniker “Zander” neueste Auflage!!) so richtig tintenblau (wenn es von verlässlich hoher Qualität ist)?
Bei der Destillation entsteht eine chemische Veränderung im Molekül Matricin (Matrizin), das in dieser Vorstufe in den Kamillenblüten vorkommt.
Es ist ein ein tricyclisches Sesquiterpenlacton, welches bis zu 3-prozentig im wunderbar duftenden CO2-Kamillenöl enthalten ist. Es wirkt auf der Haut stärker entzündungshemmend als das Azulen im destillierten Öl. Es wird vom Körper in ein wirksameres Produkt umgebaut, das circa 75 Prozent der entzündungshemmenden Wirkung von Acetylsalicylsäure (Aspirin) erreicht. (T. Hitziger, P. Höll, M. Ramadan, D. Dettmering, P. Imming, B. Hempel, Die alte junge Kamille. Pharmaz. Ztg. 2003, 148, 372-380)
Matricin wird also während der Destillation zu Azulen (azul/azur=blau), das in verschiedenen Molekülkonfigurationen vorkommt und zu den Sesquiterpenen gezählt wird. Es wirkt auch stark entzündungshemmend (antiinflammatorisch). Ohne Destillation kein Azulen in der Kamille. Punkt.
Die Destillation muss auch noch sehr sorgfältig beobachtet ablaufen, sonst erhält man ein eher bräunlich-grünliches ätherisches Öl, das unter ungünstigen Umständen einen unnötig hohen Anteil an potenziell hautreizenden Bisabololoxiden enthalten kann.
 
Der Kamillenstoff alpha-Bisabolol wirkt fiebersenkend, antibakteriell, gegen Pilze, entzündungshemmend und beschleunigt die Abheilung von Geschwüren, vor allem im Magen.
Das Öl der blauen Kamille wirkt übrigens eher antiallergisch, obwohl dieses viel verwendete Heilkraut oft als allergisierend abgestempelt wird. Das liegt entweder an Verunreinigungen mit Kamillenarten, die allergisierend wirksame Anthecotulide enthalten oder aber an der Sensibilisierungmit solchen unreinen Tees, Kosmetika, ätherischen Ölen etc. Also als Tee möglichst keine Durstlöscher-Discounter-Ware verwenden, sondern wirklich nur bei Bedarf einsetzen und dann höchstmögliche Bio- oder Apothekenqualität.
Bei Kamillenöl – wie auch bei anderen Blütenölen – handelt es sich um ein Öl, das meistens durch Wasserdestillation gewonnen wird. Bei der Destillation durch Wasserdampf würde bei den meisten Anlagen wegen der Blütenwachse eine fast undurchdringbare Pampe entstehen. Die zwei Fotos zeigen den Stand um 9:30 Uhr am Beginn der Destillation und den Stand um 14 Uhr – nicht viel mehr! Und das Foto oben zweigt den Sack mit der Menge an Blütenköpfchen (und etwas Kraut), die für diese Menge – circa 5 ml – ätherischen Öles nötig sind.
 
 
Kamillenblüten für die Qualitätsbezeichnung “aus Wildsammlung” sollten nur an Orten geerntet werden, wo die Abgase der Zivilisation noch nicht so ganz hingekommen sind, jedenfalls nicht von Straßenrändern… 😉