Echte Hydrolate und falsche Hydrolate. Mit dieser kleinen Provokation begann der hervorragende Vortrag des britisch-libanesischen Phytotherapeuten, Destillateurs und Osteopathen Joe Nasr auf der Konferenz Botanica2014 in Dublin Anfang September.

Unter “falschen Hydrolaten” meint der Experte nicht nur die Apothekenzubereitungen ‘destilliertes Wasser mit ätherischem Öl’, sondern auch Hydrolate als Nebenprodukt der Ätherisch-Öl-Gewinnung. In denen also ein höchstmöglicher Anteil an ätherischem Öl abgeschöpft wurde, so dass die Haltbarkeit verringert und der Gewinn maximiert wird. Auch werden diese meistens in Edelstahldestillen produziert, welche im Gegensatz zu Kupferdestillen für eine reduzierte Haltbarkeit sorgen können.

Joe provozierte weiter: “Welches Essen schmeckt besser? Bei deiner Mutter oder das Essen aus einer Großküche?” Er räumte ein, dass manche Mütter nicht gut kochen können, doch wollte er in dieser Analogie aufzeigen, dass echte Hydrolate, denen nichts weg genommen wird, die in Kupferapparaturen destilliert werden und die in Kleinbetrieben hergestellt werden, oft wesentlich mehr Heilkraft besitzen als Pflanzenwässer aus industrieller Produktion (bei denen auch viele unerwünschte Wildkräuter und evtl. Insekten mit destilliert werden).

Für die perfekte Hydrolate-Destillation empfiehlt er Destillen, die nicht mehr als 200 Liter fassen, ideal zur Herstellung von echten Hydrolaten findet er 50-Liter-Destillen. Wenn möglich aus Kupfer, dieses Metall reduziert im Gegensatz zu Edelstahl stechende, schwefelige Noten (die zu frische Hydrolate manchmal stinken lassen), Kupfer leitet die Hitze besser und gleichmäßiger, ermöglicht feinere Düfte und mindert durch freie Kupferionen den Bakterienbefall. Auch meint Joe, dass Wasserdestillation, wie sie ohnehin bei fast allen Blüten wie Rose, Neroli, Ylang Ylang und Kamille durchgeführt wird, der Wasserdampfdestillation vorzuziehen ist.

Frische Kräuter sind für ihn ein Muss, er versucht, getrocknete Kräuter (so genannte Drogen) zur Herstellung echter Hydrolate zu vermeiden. Aus einem Kilo Pflanzenmaterial gewinnt er in seinem kleinen Familienbetrieb Avicenna, der sich in Wales befindet, 200 bis 500 ml echtes Hydrolat. Wenn dieses aus seinen Destillen kommt, ist es nicht heiß, eher um 25 bis 30 Grad.

Wie in meinem Buch über Hydrolate betont, weist auch Joe auf die Milde von Hydrolaten hin, sie enthalten so gut wie keine ENE, also potenziell hautreizende (und oxidierende) Monoterpene, sondern verträgliche Mengen an ON und AL, also Ketone und Aldehyde. Und freilich hautfreundliche und antioxidativ wirksame Pflanzensäuren.

Er empfiehlt die Einnahme von 10 bis 15 ml echter Hydrolate jeweils drei- bis viermal täglich. Besonders empfehlenswert sei das Mischen in Wasser, welches langsam, schluckweise getrunken wird.

Leider verkauft Joe Nasr seine feinen Produkte, zu denen auch einige Tinkturen gehören, nur an Angehörige von Heilberufen (zu denen in Großbritannien auch AromatherapeutInnen gehören). Doch wer englisch lesen kann, findet sehr informative Artikel auf seiner Website. [© drei Fotos: Joe Nasr]

 

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