Wenn ich die mündliche Aromatherapie-Abschlussprüfung in Bern abnehme, genauer gesagt wenn ich die aufgeregten Prüflinge mit jeweils knapp zwei Dutzend Fragen durch die mündliche Prüfung “quäle”, stehen je nach Saison Duft- und Ölpflanzenpflanzen auf dem Tisch. Diese sollten erkannt und erläutert werden, oft ganz freiwillig wird dann auch einiges zur Chemie der ätherischen Öle mitgeteilt. Durch diese natürlichen Gedächtnisstützen werden meistens auch mögliche Anwendungsgebiete und Vorsichtsmaßnahmen erläutert. Eine Verwechslung von Sanddorn und Feuerdorn konnten wir in einer Prüfung aufklären und Begriffe wie “Spreitverhalten” und “Omega-Fettsäuren” bezüglich der fetten Öle werden oft nochmals erläutert.

Eliane Zimmermann AiDA Schule für Aromatherapie

Zitroneneukalyptus

Wir hatten sogar ein mega-seltenes Pflänzchen dabei, einen jungen Zitroneneukalyptus (Eucalyptus citriodora), dessen haarige Blättchen von jeder Teilnehmerin sanft gerieben wurden, der Inhaltsstoff Citronellal oder zumindest die Gruppe der Aldehyde wurden immer erkannt. Es wurde erstaunlich viel richtig beantwortet, bravo an die tapferen Damen, die wirklich viel gelernt hatten! Die Diplomarbeiten waren auch alle sehr spannend, ihre Inhalte wurden jeweils in einem Vortrag präsentiert, alle Teilnehmerinnen durften also dazu lernen, schnuppern, einreiben.

Besonders ein selbst gemachtes feuchtes Toilettenpapier fand großen Anklang, diese mit Lavendelhydrolat und Palmarosa gesättigten Tücher wurden für ein junges Schulkind mit einst extremer Verstopfung kreiert. Mit Hilfe von diversen Ätherisch-Öl-Anwendungen, auch solche die das Kind selbst bei Bedarf durchführen kann, konnte es von Abführmitteln entwöhnt werden. Es ging in einer anderen Arbeit um einen ganz schlimmen Reizdarm, der seiner Inhaberin das Leben so schwer machte, dass sie ihren Bauch am liebsten “heraus schneiden” wollte. Sie hat durch ätherische Öle inzwischen wesentlich mehr an Lebensqualität gewinnen können.

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Der Prüfungstisch bei der Sela Schule in Bern

Zweimal ging es um die Haut: das Verschwinden von vielen Warzen am Fuß wurde eindrucksvoll mit Fotos dokumentiert (die junge Inhaberin der Füße hasste einst ihre Füße), dabei helfen immer wieder die zitronenduftenden monoterpenaldehyd-haltigen Öle; auch die deutliche Reduktion einer extrem schlimmen Akneform wurde uns anhand von vielen Bildern geschildert.

Starke Rückenverspannungen und die Linderung von ADHS mit ätherischen Ölen waren zwei weitere der gewählten Facharbeiten. Auch die erfolgreiche Linderung von Menstruationsschmerzen sowie die lange und sorgfältig geplante Entwicklung einer erfolgreichen Mundspülung für BewohnerInnen eines Pflegeheimes haben uns begeistert.

Als Dank bekam ich (unter anderem) ein Fläschchen des frisch eingetroffenen und gestern abgefüllten Öles des Zitronen-Teebaum (Leptospermum petersonii F.M. Bail., früher Leptospermum citratum, englisch: lemon tea-tree, Foto der blühenden Pflanze oben) der Schweizer Firma Florentia geschenkt. Was für ein Freude, ich hatte erst kürzlich mein Öl einer anderen Firma verschenkt, weil jemand so wild drauf war, und hatte noch nicht nachgeordert. Dieses neue Öl ist sogar noch schöner, es duftet stark nach Litsea und Zitronemyrte, dazu ist im Hintergrund eine Ähnlichkeit mit Zitroneneukalyptus und Melisse wahrnehmbar. Durch einen Anteil an Geraniol schimmert auch schon mal ein Hauch Rosenduft durch. Laut Aroma-Zone kann es enthalten:

  • ZitronenteebaumGeranial: 34.26 %
  • Neral: 33.67 %
  • Citronnellal: 18.90 %
  • Citronnellol: 4,07 %

Das Öl stammt aus den Blättern eines circa 4 Meter hohen und 3 Meter breiten Groß-Strauches, der in warmen Klimazonen gerne als kleiner Straßenbaum kultiviert wird. Mein Sträuchlein zu Hause ist noch nicht mal einen halben Meter hoch, die ovalen Blättchen duften wirklich wundervoll zitronig. es ist sehr durtig und schnell beleidigt, wenn man nicht ordentlich gießt. Bereits 1942 wurde das ätherische Öl daraus vom australischen Wissenschaftler Penfold als antibakteriell eingestuft. Inzwischen wird die Pflanze nicht nur dort, sondern auch im Süden Afrikas und in Guatemala angebaut.

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Prüfungsfrage: Was haben alle diese Pflanzen gemeinsam?

Wie alle aldehydreichen Öle in starker Verdünnung wirkt das ätherische Öl beruhigend und entzündungshemmend. Insbesondere virale Erkrankungen vom Schnupfen über die Grippe und viele Kinderkrankheiten können damit begleitet werden. Herpesviren, insbesondere in Warzen, dürften das Öl gar nicht schätzen. In Australien wird es gerne in Ergänzung zu Teebaum (Melaleuca alternifolia) verwendet, um die Wirkung zu verstärken und um den eher ‘medizinischen’ Duft aufzuhübschen.

In einer Studie von 2009 kann man nachlesen, dass dieses Öl ein spannendes Gebiet für Aspergillosen der Lunge sein könnte, insbesondere Menschen, die mit Cystischer Fibrose (Mukoviszidose) zu kämpfen haben, werden oft von diesem tückischen Pilz angegriffen. Das Öl wurde in vitro und in Tierexpirimenten (Inhalation) untersucht und für hervorragend wirksam befunden – besser als handelsübliche Medikamente, die derzeit eingesetzt werden –  zudem wirkt es nicht toxisch. [Hood JR, Burton D, Wilkinson JM, Cavanagh HMA: Antifungal activity of Leptospermum petersonii oil volatiles against Aspergillus spp. in vitro and in vivo. J Antimicrob Chemother. 2010 Feb;65(2):285-8.]

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Eine der Diplomarbeiten, die verwendeten Öle dieser Einzelbeobachtungs-Studie und das feuchte Toilettenpapier

Das feine ätherische Öl ist auf der Website von Florentia zu finden, dort findet man auch so seltene Öle wie Bischofskraut (Ammi visnaga), das bei obstruktiven Atemwegerkrankungen und sogar bei Angina pectoris unterstützend eingesetzt werden kann.

Das zauberhafte und fast ebenso seltene Öl der Indianernessel (Monarda fistulosa) ist dort zu haben und auch die “Psycho-Bombe” Petit Grain Mandarinier, das knapp 50 Prozent Methylanthranilat enthält (es riecht nicht umwerfend, kann jedoch als Mini-Zugabe in stimmungsaufhellenden Mischungen eine große Hilfe sein). Im Moment gibt einige eher kostenintensive fette und ätherische Öl (wie Immortelle) sogar zum Sonderpreis. Deutsche InteressentInnen finden es im Vivere Shop.

Eine der Prüfungsfragen übrigens lautete: Nenne ätherische Öle, die reich an Monoterpen-Aldehyden sind. Manche sind reich an Citral (Geranial und Neral) und duften mehr oder weniger nach frisch abgeriebenen Zitronenschalen, andere sind eher reich an Citronellal und erinnern im Duft eher an Anti-Mücken-Kerzen und Autan. Zitronen-Manuka tendiert eher zu ersterem. Wer sein Wissen auffrischen möchte, kann die Unterschiede mal raus suchen.

  • Zitronen-Manuka (Zitronen-Teebaum, Leptospermum petersonii)
  • Zitronenmyrte (Backhousia citriodora)
  • Zitroneneukalyptus (Eucalyptus citriodora)
  • Litsea cubeba (‘Zitronen-Lorbeer’, Litsea cubeba)
  • Zitronenverbene (fälschlicherweise Eisenkraut genannt, Aloysia triphylla, früher Lippia citriodora)
  • Zitronenmelisse (Echte Melisse, Melissa officinalis)
  • Citronella (Zitronella, Cymbopogon winterianus und C. nardus)
  • Lemongrass (Zitronengras,Cymbopogon flexuosus und C. citratus)