Am diesem Tag, Allerheiligen, Gedenktag an die Toten, Dia de los muertos, finde ich vielleicht die Worte. Dachte ich. Doch beim Zusammenstellen einiger Fotos von Thomas spüre ich, dass mir immer noch die Worte fehlen. Auch nach einem Dreivierteljahr.

Im Laufe der vielen Kurse, die ich seit 1992 gab, begleitete ich sehr wenige Männer, die sich in Aromatherapie fort- und ausbilden ließen. An alle Männer der mehrteiligen Kurse erinnere ich mich noch gut, bis auf einen kamen sie alleine, waren also immer jeweils „der Hahn im Korb“ unter 15 oder mehr Frauen, welche oft in der Krankenpflege tätig waren. Thomas kam aus einem ganz anderen Berufszweig, doch war ihm die Welt der Kranken- und Aromapflege durch seine Frau Evelyn Deutsch-Grasl bestens vertraut. 2010 nahm er an einer der von mir angebotenen Ausbildungen in Wien teil. Er sorgte immer für wohltuende Heiterkeit, für Humor und viel Lachen auch bei Themen, wie der Duftchemie, die viele der Damen zum Stöhnen brachte. Er war beliebt und ich hörte bisweilen, wie auch im Hintergrund zwischen den Kurswochenenden Treffen mit ihm stattgefunden hatten.

„Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken“… ahnte Thomas etwas, wenn er als Weinkenner und Genießer diesen Spruch belustigt zitierte? Rechts bei einem der gemeinsamen Essen im großen Seminarhaus hier in Glengarriff (2011) im Südwesten Irlands, links mit Evelyn bei der Besichtigung der Pharma-Firma Rowa (die zwei Produkte mit ätherischen Ölen herstellt) ein paar Kilometer weiter in Bantry. Im Kurs in Wien nahm er alle Herausforderungen an, er schrieb seine Abschlussarbeit über ‚Ätherische Öle und Demenz‘, er rührte Salben und biss sich auch tapfer durch die komplexe Welt der duftenden Moleküle.

Im Mai 2011 kam die ganze Gruppe für eine Woche zu mir nach Irland, Evelyn begleitete ihn. Wir haben im wunderschönen Seminarhaus am Meer viel gelacht, nicht nur bei Guinness und Wein, sondern auch beim Studieren des „Liebeslebens“ der gerade blühenden Rhododendren („10 Männlein und ein Weiblein“: Die Staubgefäße der Blüten waren im Rahmen der Botanikstunden immer wieder zu zählen und zu protokollieren). Auch bei meinen zahlreichen Besuchen privat sowie rund um Veranstaltungen in Wien haben wir viel gelacht. Ich erinnere mich, wie wir einmal bei einem besonderen Italiener „grad ums Eck“ von dem früheren Standort der Aromapflege-Schule, das Lebenswerk der Beiden, so viel und heftig lachten, dass wir schließlich Bauchschmerzen hatten.

Die Irland-Woche war nicht nur zum Pauken da, wir besichtigten die „Eremitin“ Sioned, die uns in ihrer Heilpflanzenwelt herumführte, wir staunten über prähistorische Steinkreise und urzeitliche Gunnera-Pflanzen (Riesenrhabarber). Der Besuch von Dzogchen Beara, den traumhaften Ort an den atlantischen Klippen, wo der tibetische Buddhismus praktiziert wird, wurde mit dem Kennenlernen eines fein duftenden Kamillenrasens (römische) kombiniert, doch warum wohl dieser kleine Terrier so eifrig an Thomas Schnürsenkel herum zog?

Thomas Grasl wurde nicht nur zu einem „ehemaligen Kursabsolventen“, nein, er wurde zu einem hoch geschätzten Kollegen, bei dem oft auch tiefsinnige Gespräche geführt wurden. Er wurde mein Verleger für das Hydrolatebuch. Ich bewunderte, wie tief verankert sein Bewusstsein für den Schutz der Umwelt war, wie sehr er bei seinen Einkäufen für die Versorgung der Kursteilnehmenden auf allerbeste Bioqualität achtete: Jede Banane, jeder Tee, jede Scheibe Brot, jedes Glas Wein, jedes ätherische Öl, fette Öl, Hydrolat und alles um ihn herum… alles musste hochwertig, umweltverträglich und in maximal gesunder Qualität sein. Er führte mich voller Freude durch das neue Firmengebäude in Lechaschau in Tirol (nicht weit von der deutschen Grenze), alles darin wurde mit höchstem Respekt gegenüber der Natur konzipiert und durchgeführt.

Dass der dringend anstehende Nachdruck des Hydrolatebuches, das wir noch Mitte Dezember 2024 zusammen „durchzogen“, wohl eines seiner letzten irdischen Projekte war, beschämt mich einerseits ein wenig, andererseits denke ich bei jedem Blättern im Buch mit Dankbarkeit an die vielen Begegnungen mit Thomas. Er war immer ein Lichtblick in der nicht unkomplizierten Welt der ätherischen Öle, hatte immer ein offenes Ohr und strahlte schier unendlichen Optimismus aus. Er war immer so präsent und so lebendig, so praktisch und lösungsorientiert. „Only the good die young“ ist mein noch ständig wiederkehrender, schmerzhafter Gedanke, wenn ich an ihn und sein viel zu kurzes Leben denke.

Der berührende Nachruf für Thomas – von seiner Seelenpartnerin Evelyn erst vor Kurzem veröffentlicht – erzählt mehr als ich es je zu schreiben vermag. „Liebe ist ein Sich-Öffnen, eine Öffnung in eine Welt ohne Grenzen, eine Welt, die nirgendwo endet. Liebe beginnt, doch sie endet nie. Sie hat einen Anfang, aber kein Ende.“ (Osho). Liebe Evelyn, dein Verlust ist unermesslich, ich wünsche dir, dass du dir die Kraft erhalten kannst, euer gemeinsames Lebenswerk weiterhin zu betreuen und sogar wachsen zu lassen.

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