Beim monatelangen Wälzen von Studien für die 6. Neuauflage meines Buches Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe (2018) ist mir mal wieder schmerzlich aufgefallen, wie wenig auch die Ätherische-Öle-Welt von Tierversuchen verschont bleibt. Als ich die vielen nach Behandlungsgebieten sortierten klinischen Studien (also an Menschen) für das Fachbuch von Evelyn Deutsch zusammen trug, war ich bereits sehr verwundert, dass es so wenig dokumentierte Maßnahmen bei Schmerzen gibt (Tabelle unten: Auszug aus dem Buch). Stattdessen wird fast immer tüchtig an Nagetieren und Hunden ausprobiert.
Dabei ist es sicherlich als viel weniger unethisch zu betrachten, Menschen Behandlungen mit ätherischen Ölen zukommen zu lassen, wenn sie Schmerzen haben, als beispielsweise an Tumoren oder bei anderen lebensbedrohlichen Erkrankungen mit Naturheilkunde zu experimentieren (wobei man auch auf diesem Gebiet wundervolle Erfolge erzielen kann, wenn man weiß, wie es geht). Alle die ein kleines bisschen Erfahrung mit ätherischen Ölen haben – ob privat oder klinisch, wissen wie effektiv manche Öle bei allerlei Schmerzarten eingesetzt werden können.
Den Mäusen und Ratten werden üblicherweise experimentell Entzündungen und damit Schmerzen beispielsweise auf den Pfoten zugefügt, oft durch Essigsäure oder durch Injizieren von einer an sich recht harmlosem Carageen-Zubereitung (eine Rotalge, aus dem man hier in Irland eine Vanillepudding zubereitet). Je nachdem wie oft und stark und lang die Tierchen die schmerzenden Stellen ablecken, kann man Aussagen über den Grad des Schmerzes machen. Beliebt ist auch der ‚tail-flick-test‚, bei dem dem Schwanz der Tiere durch eine Hitzequelle Schmerzen zugefügt wird. Je nachdem wie schnell und stark der Schwanz zuckt, bekommt man ein Bild über zentral ausgelöste unwillkürliche Schmerzen.
Wer sich intensiver mit dem Thema „Ätherische Öle bei Schmerzen“ beschäftigen möchte, kann eine ganz neue kostenlose wissenschaftliche Review-Arbeit aus der renommierten Zeitschrift Molecules runter laden (November 2015). Wie immer: Sie ist auf englisch, doch lohnt sich das Durcharbeiten, denn man weiß heutzutage von unterschiedlichen Mechanismen, wie genau ätherische Öle unterschiedlichste Arten von Schmerzen reduzieren oder gar unterdrücken können.
Ein Team aus brasilianischen Wissenschaftlern hat dafür Studien zu gut 30 ätherischen Ölen durchgeschaut, man hat dafür die Datenbank PubMed konsultiert und Arbeiten von Januar 2013 bis Dezember 2014 einbezogen. Diese neueren Studien beleuchten vor allem Monoterpen-Verbindungen in den entsprechenden Ölen wie Menthol, Linalool, Limonen, Myrcen und 1,8-Cineol. Aus den 31 teils hier in Europa nicht erhältlichen Ölen sind folgende schmerzlindernde und entzündungshemmende ätherische Öle bei uns bekannt:
- Citrus limon (Zitrone)
- Cymbopogon citratus und Cymbopogon winterianus (Lemongrass und Citronella)
- Eucalyptus citriodora (Zitroneneukalyptus)
- Matricaria recutita (Deutsche Kamille)
- Ocimum basilicum und Ocimum gratissimum (Basilikum)
- Syzygium aromaticum [Eugenia caryophyllata] (Gewürznelke)
- Satureja hortensis (Garten-Bohnenkraut)
- Valeriana wallichii (eine Baldrianart aus dem Himalaya)
- Zingiber oficinale (Ingwer)
Die Autoren schließen aus ihren Ergebnissen, dass es ein Potenzial gibt, ätherische Öle als preiswerte Mittel gegen Schmerzen einzusetzen. Wer die aufgelisteten Öle kennt, weiß zudem, dass viele von ihnen effektiv diverse Keime unter Kontrolle bringen und sogar das Immunsystem auf Trab bringen können. Sie sind also ideale Kandidaten für die Aromapflege.
PS. Man kann übrigens super-leicht aus (beschnittenen) Lemongrass-Büscheln (also die mit der weißen knolligen Seite, ähnliche wie Lauch), die man inzwischen in vielen Supermärkten kaufen kann, eine neue Pflanze ziehen: einfach ein paar Wochen lang in eine (dunkle) Tasse/Vase stellen, das Wasser öfters wechseln, bald bilden sich (je nach Jahreszeit und Qualität der Pflanze) kleine Wurzeln, dann kann in Erde umgetopft werden und immer wieder ans Düngen denken. Im Sommer möchte das Pflänzchen sehr sonnig und warm stehen (nach dem Umzug aus dem Haus aber erst im Schatten akklimatisieren lassen).
Liebe Eliane Zimmermann,
Sie erwähnen klinische Studien auf Ihrer ansprechend gestalteten Homepage. Wo genau finde ich denn einige dieser klinischen Studien?
Freundliche Grüße,
Dorit Garbe-Rickenstorf
Hm, hier auf dem Blog gibt es doch die meist gefüllte Kategorie „Studien“… ei fach den Menüpunkt in der rechten Spalte anklicken. Dazu über 100 klinische Studien, die ich für das ‚Aromapflege Handbuch‘ von Evelyn Deutsch zusammengestellt habe und noch mehr in meinem eigenen Fachbuch ‚Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe‘ https://aromapraxis.de/buecher-uebersicht/ und auch viele in meinem neuesten Buch Aromatherapie für Frauen. Gerade hatte ich einen zweitägigen Kurs über Studien in Bern gehalten, demnächst auch in Wien https://aromapraxis.de/duftreisen/termine-kurse-und-seminare-2019/ und was Krebserkrankungen anbelangt demnächst auch im Hunsrück. Also reichlich Material!
Sehr geehrte Frau Zimmermann,
Ich durfte meinen Bruder, während seiner schweren Erkrankung bis zu seinem Tod begleiten. Dank ihres wunderbaren, wertvollen Buches,“ Aromatherapie für onkologische Patienten“, konnten wir viele Symptome lindern und uns selbst, sehr gut durch diese große Krise bringen
Vielen, vielen Dank und bleiben Sie gesund.
Schöne Grüße aus Tirol
Oh wie traurig. Und nett zugleich. Danke für das liebe Feedback und ich wünsche Ihnen ganz viel Kraft in dieser nun doppelt schlimmen Zeit. {Ich bekam in diesem Moment die Info, dass im Betreuten-Wohnen-Haus meines Bruders mit Down Syndrom ausgerechnet seine Freundin (noch schwerer beeinträchtigt) Kontakt mit einer infizierten Person hatte. Wie soll man nun meinem armen Bruder erklären, dass er Abstand aufgebrummt bekommt. Und warum die Mitarbeiter nun wie Astronauten verkleidet aussehen….}