Manchmal bekommen wir langjährig geschulte und erfahrene PraktikerInnen der Aromatherapie das Grauen und sogar feuchte Augen, wenn wir sehen, was insbesondere unzählig vielen Kindern und inzwischen auch Tieren mit ätherischen Ölen angetan wird.

Passt auf eure Kinder auf! Ihr „züchtet“ mit falschen Anwendungen Allergien!

Kaum einer dieser verkaufsorientierten Personen, die oft allenfalls eine Verkaufsschulung hinter sich gebracht haben, jedoch keine Fort- oder Ausbildung, ist wirklich bewusst, dass sie mit extremen Konzentraten „um sich schmeißen“. Sie haben einfach keine Vorstellung davon, wie viel Pflanzenmaterial in einem einzigen Tropfen ätherischen Öles steckt. Woher auch, sie lernten nicht, wie achtsam mit Pflanzen umgegangen wird, welche Heilpflanze welche Bedürfnisse an Licht, Nahrung, Beschaffenheit der Erde usw. hat. Und kaum eine von ihnen hat mal beim mühsamen Ernten und Zerkleinern mit angepackt und dann destilliert. Sie fühlen sich kompetent, weil sie angeblich die besten ätherischen Öle der Welt verkaufen, sie sind fest davon überzeugt, dass die entsprechend geschickt verabreichte Gehirn-Politur einer fundierten Ausbildung entspricht. Das nennt sich übrigens der Dunning-Kruger-Effekt, ich schrieb bereits darüber.

Interessante Korrelation: je weniger Wissen desto höhere Dosierungen

Je weniger sie über ätherische Öle, deren Zusammensetzung und die physiologischen Abläufe im menschlichen Körper wissen, desto leichtfertiger gehen sie mit diesen maximalen Konzentraten um. Zum Glück sind viele der ätherischen Öle recht fehlertolerant, sofern sie nicht alt und oxidiert sind. Das ist sicher der Grund, warum nicht noch viel mehr passiert, denn bei dieser Verschwendung werden die Fläschchen nie alt. Doch wir erhielten bereits wirklich erschreckende Fotos von „Brandblasen“ durch falsch angewendete ätherische Öle, von einem Oberkörper voller bräunlicher Flecken, von abgeschuppten Körperstellen, von unspezifischen Rötungen.

Kinder und Tiere mit der täglichen Einnahme von umgerechnet schubkarrenweise Heil- und Duftkräutern zu traktieren, kann ernsthafte langfristige Konsequenzen haben. Wir sehen entsprechende Videos wirklich jeden einzelnen Tag auf Instagram, vermutlich sind auch andere Plattformen voll mit solchen gefährlichen Empfehlungen dieser „Medfluencer“, wie solche Menschen inzwischen offiziell genannt werden.

Wer sich für die Infos dieses Artikels etwas kompakter und zum Weitergeben interessiert, kann sich die Sonder-Ausgabe von unserem aromaMAMA-Magazin hier kostenfrei herunterladen! Auch der dazu passende Artikel ‚Ätherische Öle für Kinder: Sanfte Helfer oder überdosierte Gefahr?‘ von Sabrina Herber sollte ergänzend dazu gelesen werden.

Die meisten dieser „Beraterinnen“ sind sicherlich begeistert von vielen Wirkungen der Naturdüfte, sie meinen es auch ganz bestimmt gut mit den schutzbefohlenen Personen, sie denken ganz naiv: „Ist ja ein gutes Naturprodukt.“ Und noch naiver folgt gleich der Gedanke: „Viel hilft viel.“ Zudem lockt sie der Traum, mit diesem „Schneeball-System“ ihren gesamten Bekanntenkreis zu überzeugen und damit auch noch „viel Geld“ zu verdienen. Ihnen ist jedoch leider rein überhaupt nicht klar, was die von ihnen angepriesenen Konzentrationen an Pflanzenmaterial bedeuten könnten. Sie empfehlen völlig leichtfertig, beispielsweise 20 Tropfen Pfefferminzöl auf die erhitzte Haut nach Brustkrebs-Bestrahlung zu geben. Vermutlich wirklich ehrlich wohlmeinend. Für uns Fachfrauen überhaupt nicht überraschend führte diese Anwendung zu massiven Reizungen und fast zu einem Verbot der ätherischen Öle in der Klinik, in der es passierte.

In der Podcast-Folge 134 – Aromatherapie für Tiere: Mit feiner Nase und offenem Herzen berichtet die engagierte und mitfühlende Pferdetherapeutin Cindy Kuhn, dass man ihr weismachen wollte, einem Pferd bei Koliken 15 Tropfen Pfefferminzöl oral zu verabreichen. Okay, ein Pferd ist ein sehr großes Tier, aber es würde vermutlich nicht die (umgerechnete) Menge Pfefferminzkraut von über 500 Tassen Pfefferminztee zu sich nehmen.

Bitte mal mitrechnen!

Für einen Tropfen Pfefferminzöl brauchen wir 45 g getrocknete Pfefferminze. Diese 45 Gramm werden auf circa 35 Teebeutel verteilt (da entsprechend wenig Teematerial in einem Beutel steckt, je nach Anbieter und Preis). Somit könnten wir mit einem Tropfen Pfefferminzöl (umgerechnet) 35 Tassen Pfefferminztee machen. 7 Teebeutel ergeben einen Liter Tee also entspricht 1 Tropfen Pfefferminzöl 5 Liter Tee. Für Menschen die viel und gerne mehrere Tropfen Pfefferminzöl pro Tag anwenden: Würdest du JEDEN Tag 5 oder 10 Liter Pfefferminztee trinken, oder jemandem diese Menge aufzwingen?

Beispiel aus der Sonder-Ausgabe von unserem aromaMAMA-Magazin, durch Klicken auf dieses Bild kostenfrei herunterzuladen!

Für die gemeinsame Destillation in Rahmen einer Duftwoche bei mir ernteten eine Helferin und ich vorab die Lorbeerblätter (Laurus nobilis, circa 1 Stunde Arbeit) und füllten diesen Kaminholzkorb.

Mehrere Teilnehmerinnen dieses Kursen schnitten dann in mühsamer Handarbeit alle Blätter klein, eine halbe Plastikwanne wurde damit gefüllt, der Inhalt kam in meine große Kupferdestille und wurde knapp zwei Stunden destilliert (keine Ahnung, wieviel Gas dafür verbraucht wurde!)

In diesem Video zeigen Sibylle Broggi und ich anhand einer in meinem Garten geernteten großen Menge Oregano-Kraut, eine ganze Schubkarre voll, dass in dieser die Menge Oregano steckt, die viele dieser ungeschulten Menschen tagtäglich einnehmen. Erst kürzlich bekam ich die besorgte Frage einer Mama von drei Kindern, die den Kleinen jeweils 3 x 3 Tropfen Oreganoöl pro Tag oral verabreicht hatte, das eine Kind erbrach sich und hatte Magenkrämpfe; sie erkundigte sich, ob ein langfristiger Schaden zu erwarten sein könnte. Auf dem gut gefüllten YouTube-Kanal von der Sela Schule (Bern) können viele Lern-Einheiten völlig kostenfrei angeschaut werden, dort befindet sich eine Vorschau zu unserer App AromaHelp, die laufend mit gefilmten Antworten auf die meist gestellten Fragen gefüllt wird (sorry, dieses Angebot kostet etwas Geld, denn unsere Produktionskosten sind nicht ohne). Wir arbeiten derzeit auf Hochtouren an der lange erwarteten zweiten App mit einer riesigen Datenbank rund um ätherische Öle, Studien, Inhaltsstoffe, Rezepturen und viel mehr (demnächst mehr!)

Auf Sabrina Herbers und meinem YouTube-Kanal gibt es inzwischen auch ein umfangreiches Angebot an Podcast-Sendungen und allerlei Schulungen, beides kostenfrei. Wir von beiden Schulen freuen uns auf „Likes“ (Daumenhoch) und auch über Abos (diese verpflichten zu rein gar nichts!), wenn dir/Ihnen unsere Angebote gefallen: Denn nur so gehen wir nicht völlig unter im riesigen Ozean von Angeboten (ja, wir sind nicht so schrill, laut, bunt, tanzend wie die meisten „MedfluencerInnen“, unsere Beiträge sind kaum mit Musik und Glitzer unterlegt, wir schätzen sachliche und evidenzbasierten Informationsvermittlung, diese wird jedoch von den diversen Plattformen nicht wirklich unterstützt).

Eliane Zimmermann AiDA Schule für Aromatherapie

In meiner Kupferdestille (mit Roggenteig abgedichtet) wurden die Lorbeerblätter destilliert

Vorsicht vor langfristigen Schäden: die Rolle der Haptene

Weder in Produktschulungen noch beim Anwerben von KundInnen und neuen BeraterInnen wird gesagt (bzw das Wissen darüber ist nicht vorhanden): Ätherische Öle können durch Prozesse wie Oxidation oder enzymatische Aktivierung Haptene bilden, die ihre Bestandteile in reaktive Verbindungen umwandeln, die an Proteine binden und Immunreaktionen auslösen können.

Einige Bestandteile ätherischer Öle, wie Limonen und Linalool, werden als Prähaptene eingestuft. Diese Stoffe sind zunächst nicht sensibilisierend, können aber nach einer abiotischen Aktivierung, z. B. durch Luftoxidation oder Photoaktivierung, zu starken Allergenen werden. Beispielsweise oxidieren Limonen und Linalool an der Luft und bilden Hydroperoxide, Aldehyde und Epoxide. Diese Oxidationsprodukte sind stark sensibilisierend und können bei Hautkontakt zu allergischer Kontaktdermatitis führen.

Bestimmte Bestandteile des ätherischen Öls, wie Eugenol und Zimtalkohol, wirken als Prohaptene. Sie benötigen eine biotische Aktivierung (enzymatische Umwandlung in der Haut), um sich in reaktive Haptene zu verwandeln. Enzyme wie Cytochrom P450 in der Haut wandeln diese Verbindungen in allergene Formen um, die sich an Proteine binden und Immunreaktionen auslösen können.

Einige Bestandteile ätherischer Öle sind von Natur aus reaktiv und können sich ohne vorherige Aktivierung direkt an Hautproteine binden. Dieser Prozess bildet Hapten-Protein-Komplexe, die das Immunsystem als Antigene erkennt, was zu einer Sensibilisierung führt. Und somit zu unangenehmen allergischen Reaktionen, die dann kaum noch umkehrbar sind.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ätherische Öle durch chemische oder enzymatische Umwandlungen Haptene bilden, die ihr Potenzial zur Auslösung allergischer Reaktionen erhöhen. Eine ordnungsgemäße Lagerung (um die Oxidation zu minimieren) und Verdünnung sind entscheidend, um diese Risiken zu verringern. Es gibt viel Literatur zu diesem Thema, nur leider wird es selten gelehrt, in Produktschulungen von MLM-Unternehmen, schon gar nicht. Zu einer wissenschaftlichen Arbeit ‚Activation of non-sensitizing or low-sensitizing fragrance substances into potent sensitizers – prehaptens and prohapten‘ von 2014 als Beispiel.

Ja, ätherische Öle sind Naturprodukte, doch genau wie bei Essig und Salz müssen sie sorgfältig dosiert angewendet werden. Niemand würde jeden Tag ein Glas reinen (unverdünnten) Apfelessigs trinken, obwohl dieser nachweislich sehr gesund und wohltuend ist. Niemand würde 5 Suppenlöffel Salz über eine Portion Salat streuen, nur weil es „Natur“ ist. Es würde niemand einem Kranken einen Kamillentee aus 40 Beuteln Kamillenkraut ans Bett bringen. Und niemand würde sich täglich 2-3 Tassen voller Lavendelblüten in die Haare oder auf die Kopfhaut geben, weil diese angeblich „feuchtigkeitspendend“ seien (dieser Mythos wird derzeit verbreitet, doch wo kein Wasseranteil drin ist kann auch keine Feuchtigkeit abgeben werden). Von den angeblichen lila Pigmenten, die im Lavendelöl enthalten sein sollen, mal ganz abgesehen…

Einem Kleinkind jeden Morgen 1-3 Tropfen Weihrauchöl auf die empfindliche Kopfhaut zu geben, damit es „den Tag besser übersteht“, ist im beschriebenen Sinn der beste Weg, dass dieses Kind eine Intoleranz oder gar Allergie (das ist eine Reaktion des Immunsystems) entwickeln wird. Denn Weihrauchöl enthält über 60 % Monoterpene, welche – chemisch betrachtet – Lösungsmittel sind. Will eine Mama (oder ein Papa) wirklich, dass ein gesundes Kind nach einigen Monaten oder Jahren mit einer völlig unnötigen Allergie durchs Leben gehen muss???? Ich behaupte: NEIN!


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Also bitte nochmals die Erinnerung:

Selber denken, seriöse, nicht verkaufsorientierte Bücher über ätherische Öle lesen (Vorschläge hier auf meiner Bücherseite), nachrechnen, selber destillieren lernen (vielleicht im E-Learning-Kurs von Sibylle Broggi-Läubli und mir, zur Video-Vorschau, zu Infos), Augen auf und nachschauen (zB ob Lavendelöl wirklich lila ausschaut!). Bei Menschen lernen, die selbst 1000 und mehr Stunden an Ausbildungen in Sachen ätherische Öle genossen haben, die seit vielen Jahren praktische Erfahrungen sammeln konnten, die bei anerkannten Lehrern ihren Weg starten durften, die in renommierten Verlagen Bücher publiziert haben. Denen das Wohl der KlientInnen und PatientInnen am Herzen liegt, denen der Verdienst damit nicht an vorderster  Stelle steht {klar, jede(r) muss sein Geld verdienen, darf und soll es auch, denn der Bäcker, die Friseurin, die Kontokosten, die Versicherungen, die Tankstelle etc müssen bezahlt werden!}.

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