Ätherische Öle hinterlassen keine Flecken auf einem Blatt Papier”, so wird in hoffnungslos veralteten Kursen über Aromatherapie berichtet. In besonders raffinierten Produktschulungen, die offenbar regelmäßig zu einer Art Gruppen-Hypnose führen, d. h. niemand hinterfragt solche ganz schnell zu widerlegenden Behauptungen, wird damit die “weltbeste Qualität” bewiesen (vermeintlich).

Ganz besonders kurios ist ein weiterer “Qualitätsbeweis”: Auf zwei Styropor-Klötzchen wird jeweils ein Zitrusöl getropft. Ein Fläschchen stammt von einem bekannten deutschsprachigen Bio-Öle-Anbieter, das andere eines Anbieters mit “weltbester Qualität”. Deren Öl dringt tiefer ein. Damit werden gutgläubige Menschen ins Bockshorn gejagt, mit flotten Sprüchen drumherum wird ihnen doch tatsächlich weisgemacht, dass dieses bessere Eindringen eines Lösungsmittels, was – chemisch betrachtet – alle Zitrusöle sind (egal ob allerbeste Bio-Qualität, Massenware oder sonst welcher Herkunft), der Beweis für besonders “therapeutische Qualität” sei, denn deren Wundermittel würden ebenso gut die Haut durchdringen.

Präzise, ehrliche Auskunft wäre wünschenswert

Autsch, Augenrollen. Gleichzeitig bin ich beeindruckt, welche kreativ-plakativen Methoden der Marketing-Gehirnwäsche immer wieder neu erfunden werden (und dann nach Aufdeckung klammheimlich wieder verschwinden). Damit die duftende Massenware mit ihren obszönen Preisen global zu ihren (selbst veröffentlichten) Milliarden-Umsätzen beiträgt.

Wir DozentInnen, die seit 30 und mehr Jahren unterrichtend unterwegs sind, bekommen dann diese “Geschichten” von verunsicherten Menschen geschildert und können manchmal nur mit dem Kopf schütteln. Uns fehlen manchmal schier die Worte, angesichts der Dreistigkeit der Verkäuferseite (jedoch auch ob der Naivität mancher Opfer).

Farben von Naturdüften, von links nach rechts: Benzoe, Pfefferminze, Orange, Ylang Ylang, Zitrone

Vor 20 bis 30 Jahren versuchte man tatsächlich mit diesem Hinweis, auf bereits verdünnte ätherische Öle (ohne entsprechende Kennzeichnung) hinzuweisen. Auf einem Bazar in Ägypten erwarb ich vor 1990 tatsächlich einmal solche verlängerten Öle, zwischen den Fingern gerieben erahnte ich sofort eine gewisse Öligkeit, auf Papier war der Betrug dann klar sichtbar.

Gerne wurden schnell verdunstende Paraffinölöle von solchen Gaunern eingesetzt. Inzwischen gibt es dafür beispielsweise “natürliches” Caprylis (INCI: Caprylic/Capric triglyceride), das ebenso in blumiger Marketing-Lyrik schön geredete “fraktionierte Kokosöl“. Es wird durch die Entfernung der langkettigen Fettsäuren des nativen Kokosöls mittels Hydrolyse gewonnen. Also sind die meisten, wenn nicht alle wertvollen Bestandteile des kostbaren Kokosfettes futsch: Ein fast ewig haltbares, transparentes, geruchloses, flüssiges Mittel wird auch noch extrem überteuert von den Massenware-Anbietern verkauft. Und wieder rollen die Dollars, wieder gelang die dreiste Verar$$$ng….

Verunsicherte Menschen, insbesondere durch solche Corporations-Übersee-Kraken geprellte Personen wenden sich regelmäßig mit abenteuerlichen Schilderungen und Fragen an uns. Es wird so viel verdreht und schön geredet (und bisweilen auch schamlos gelogen), dass wir mit Antworten nicht mehr nachkommen. Doch diese Frage war so typisch (und wichtig, danke A. K.), dass ich meine Antwort allen LeserInnen dieser Seite zur Verfügung stellen möchte.

Was war nun in der uralten Literatur gemeint?

Etliche ätherische Öle sind grundsätzlich farblos, beispielsweise Pfefferminzöl, Rosmarinöl, Kiefernöl sowie destilliertes Rosenöl (insgesamt die Mehrheit der ätherischen Öle). Diese hinterlassen tatsächlich keine FETTIGEN Flecken auf Papier, sondern verdunsten schnell, da sie eben ätherisch, also flüchtig sind! Der Begriff ‘ätherisch’ bezog sich auf ‘gasförmig’ ähnlich wie die alte Äther-Narkose, im Gegensatz zu “zähen” fettig-öligen Pflanzen- oder Mineralölen. Letztere hinterlassen einen transparent durchschimmernden Ölfleck auf Papier, wie wir Ältere es noch vom guten alten Butterbrotpapier (Pergamentpapier) kennen.

Tropfen wir dagegen ein farbloses ätherisches Öl auf ein Blatt Papier, wird nach einigen Stunden oder wenigen Tagen kein öliger Fleck auf dem Papier sichtbar sein, die Kostbarkeit ist verdunstet.

Jetzt kommt das große ABER: Viele Öle sind beispielsweise

  • gelblich (Lemongrass, Oregano, Deutsche Kamille CO2-Extrakt, Ylang Ylang, hochwertiges, nicht fraktioniertes Zitronenöl}
  • rötlich/rot-bräunlich {Marokkanische Myrte, Rosen-Absolue, Jasmin-Absolue, Thymian Ct. Thymol in Eisendestillen destilliert}
  • tief-orangefarben {hochwertiges, nicht fraktioniertes Orangenöl}
  • grün/grünlich {Rosengeranie, Deutsche Kamille [je nach Alter des Öles]}
  • blau/bläulich {Deutsche Kamille, Schafgarbe, Blaue Zypresse [Callitris intratropica], Marokkanischer Rainfarn [Tanacetum annum]}
  • türkis {Alantwurzel, manchmal: Römische Kamille}
  • braun/bräunlich {Patchouli, Vetiver, Benzoe-Extrakt, Vanille-Extrakt}

Ja, sie hinterlassen FARBflecken auf Papier.

Zudem sind etliche ätherische Öle zäh (hohe Viskosität): Sandelholz, Vetiver und die Blaue Zypresse setzen sich als dicker Tropfen aufs Papier, fast wie ein Pflanzenöl. Auch verändert sich die Farbe durch Einfluss von Sauerstoff und Licht (Infos rund um die Stabilität und Haltbarkeit von ätherischen und fetten Ölen sowie die Hydrolate diskutieren wir in der 73sten Episode “Heiß-kalt, Wechsel macht alt” unseres Podcasts (hier aussuchen und gratis rein hören), wir werden wohl bis zum Wochenende die 150.000ste Wiedergabe erreichen, ganz herzlichen Dank an alle ZuhörerInnen und  Unterstützerinnen. Inzwischen sind wir auch auf YouTube zu hören, wir freuen uns über Kommentare und Daumen-hoch, damit wir besser gefunden werden.

Keine seriös geschulte und tätige Person, wird also so eine vereinfachende und veraltete Beschreibung mehr nachbeten…. Darum unser Aufruf: Leute, nicht alles blind glauben, sondern mehr denn je hinterfragen und ausprobieren! Money makes the world go round, das sang schon Liza Minelli so treffend, für Geld wird gebogen und gelogen. Den Unterschied zwischen geschickt-subtilem Marketing und ehrlicher Information, gestützt auf Studien und seriöse mehrsprachige Literatur kann man erspüren (wenn man denn will). Kleiner Tipp: Wo steckt bei der Werbung und beim Verkauf von Produkten (welcher Art auch immer) ein globales Unternehmen dahinter, dass vielen gierigen Menschen in “höheren Etagen” Reichtum verschafft. Das mit enormen (meist unnötigen) Transporten rund um die Erdkugel die Luft verpestet.

Für die Umwelt, für den Menschen, für die Enkel-Generation: Finde eine europäische, “lokale” Firma hinter deinen Produkte. Meistens mit Menschen, die man adhoc per Telefon erreichen kann und die sogar spontan, ohne Ankündigung aufgesucht werden können…

:: Was ist dir/Ihnen dieser ausführliche Lern-Artikel wert? Seit 2008 kann dieses Aromatherapie-Magazin ohne Paywall gelesen werden. Alle aktuellen und insgesamt gut 850 älteren – jedoch meistens zeitlosen – Artikel über die Aromatherapie und die Aromapflege stehen euch und Ihnen hier kostenlos zur Verfügung. Meine durch Idealismus angetriebenen Recherchen, Übersetzungen, Zusammenfassungen und Einschätzungen verschenke ich, die technischen Kosten zum Betreiben einer datensicheren Website werden jedoch nicht weniger. Eine Spende kann zur Deckung dieser unsichtbaren Leistungen beitragen, ich freue mich zudem über eine Wertschätzung meiner Arbeit. Hier geht es zum Spendenformular.

:: WERBUNG :: Enthält unbeauftragte und unbezahlte Links zu feinen Naturdüften. Der Einkauf über solche Affiliate-Links trägt zum daten-sicheren Erhalt dieser Seite mit hochwertigen und evidenzbasierten Gratis-Informationen bei, da die Autorin jeweils eine kleine Provision erhält, den Kunden entstehen jedoch keinerlei Mehrkosten.