Der Regen ist auf unserem geschundenen Mutterschiff Erde derzeit extrem ungleich verteilt: In unserer „Speisekammer“ rund um Barcelona, im spanischen Katalonien, können kaum noch Gemüse und Obst bewässert werden, dabei sollen diese große Teile unserer Lebensmittelabteilungen füllen. Derzeit dürfen dort Privathaushalte maximal 200 Liter Wasser pro Tag verwenden, ansonsten werden schwere Bußgelder verhängt. Sollte die Dürre weiter anhalten, kann der Verbrauch noch weiter eingeschränkt werden (lesenswert: Quelle Focus). In Andalusien im südlichen Spanien sieht es nicht besser aus, genau so auf Mallorca. Derweil bohren Multis munter in abgelegenen Gegenden Brunnen, um Wasser in Plastikflaschen zu füllen und teuer zu verkaufen (und den Hormonhalt der Konsumenten empfindlich zu stören).

Touristen tangiert das Thema wenig bis gar nicht, es wird munter nach Spanien und sonstwo gereist, für sie gelten die Sparmaßnahmen nicht. Kreuzfahrtschiffe touren mehr denn je, wie ich ständig aus meinen Fenstern sehen kann: 16 weitere dieser Dreckschleudern werden dieses Jahr in der Bucht anlegen (sechs konnte ich bereits hören und riechen). Wer macht sich Gedanken über die Müllberge an Bord, die Waschmaschinen, die Tag und Nacht laufen müssen, die perfekten Schwimmbäder, die auf Deck erwartet werden, die Massen an Luxus-Essen, die gruseligen Arbeits- und Schlafbedingungen auf den unteren Decks? Genau, niemand.

Die größte Flutkatastrophe Brasiliens, nur 750 km südlich meiner Kindheitsheimat, verursachte gewaltige Zerstörungen und ist noch lange nicht vorbei. Ich sah Nachrichtenbeiträge über Menschen, die an der Zimmerdecke in der zweiten Etage paddelten und durch das Dach gerettet werden mussten, über 10.000 tagelang schwimmende Hunde wurden von Freiwilligen gerettet. Sogar ein Pferd, das sich auf ein Wellblechdach geflüchtet hatte, konnte mit Hilfe von Tierärzten vor dem Schicksal des jämmerlichen Ertrinkens zigtausender Tiergenossen bewahrt werden. Und nun gibt es wieder verheerende Überschwemmungen in Deutschland und Belgien.

Destillation von gebrannter Erde in Indien

Das sind die immer wieder herzzerreißenden Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, wenn ich an einem der ungewöhnlichsten Düfte in meiner „Kiste der Besonderheiten“ schnuppern darf (ein Video über einige dieser Schätze ist auf unserem YouTube-Kanal zu sehen, bei Gefallen gerne ein „like“ oder gar ein Abo da lassen, damit unsere Sichtbarkeit etwas verbessert wird).

Der Duft des Regens

Diese kostbare Rarität heißt meistens Mitti Attar, auch unter Gill Attar oder Ghandha Bhoomi wird dieser Duft angeboten. Schnuppert man vordergründig Sandelholz (das Charakteristikum aller Attars, um schnell flüchtige Duftmoleküle zu binden), steigt gleich ein unvergleichlich erdiger Duft auf. Manchmal erinnert er mich an den Duft der warmen Erde nach tagelangem Sonnenschein, wenn plötzlich der Regen einsetzt. Manchmal duftet es einfach nach etwas bitterem Sandelholz, vielleicht mit einem Hauch Cypriol, Patchouli und Vetiver im Hintergrund (Lexikon-Text zu Cypriol/Nagarmotha, Cyperus scariosus L.). Eine ferne Erinnerung an Heu und Leder kommt auch noch hoch. Dieses „Parfüm der Erde“ wirkt auf mich „schillernd“ mit vielen sehr unterschiedlichen Nuancen. Dieser spezifische Naturduft ist inzwischen gut erforscht, er wird Petrichor genannt und wird ganz offiziell definiert als „charakteristischer, erdiger, normalerweise angenehmer Geruch, der nach einer Periode langen Sonnenscheins vom einsetzenden Regen ausgelöst wird“.

Es lohnt sich, weitere Alltagsdüfte auf diese lehrreiche Art visualisiert zu bekommen (zu Compound Interest: einfach auf das Bild klicken!)

Der Begriff Petrichor setzt sich zusammen aus den griechischen Worten petra für Stein und ichor, das ist die Bezeichnung aus der griechischen Mythologie für eine Flüssigkeit, die in den Adern der Götter fließt. Regenwasser hat keinen Geruch, doch wenn es auf die sonnengewärmten Steine und auf den Erdboden fällt, reagiert es mit Molekülen am Boden und auf Pflanzen. Darüber berichteten die australische Forscherin Isabel Joy Bear (1927-2021) und ihr Kollege Richard Grenfell Thomas (1901-1974) im März 1964 in der renommierten Fachzeitschrift Nature sowie weitere Forscher im Jahr 1965.

Auch Bakterien (u.a. Streptomyces) und mikroskopisch kleine Pilze tragen zum Bouquet dieses besonderen und sehr kurzlebigen Duftes bei: Ihr Stoffwechsel schaltet bei Hitze und Trockenheit sozusagen „auf Sparflamme“, durch den Kontakt mit Wasser geben die Mikroorganismen dann spezifische Moleküle frei, darunter den bicyclischen tertiären Alkohol Geosmin, dieser zählt zu den Terpenen C12H22O. Auch Ozon – beispielsweise durch Blitze bei einem Gewitter verstärkt – ist an diesem komplexen Duft beteiligt (hier bei Compound Interest die anschauliche Grafik der Bestandteile dieses Bouquets anschauen, diese visuellen Infos werden regelmäßig in sozialen Medien geteilt).

Bereits 1964 wurde der Duft „der erhitzten Erde nach einem Regenschauer“ wissenschaftlich beschrieben

Die menschliche Nase kann Geosmin in Konzentrationen von nur 400 Teilen pro Billion zu riechen. Forschungen aus den 1990er Jahren deuten darauf hin, dass Geosmin den europäischen Glas-Aalen bei der Suche nach Süßwasser helfen könnte. Forscher Marcus Stensmyr vom Max Planck Institut vermutet, dass diese Fähigkeit auch von unseren Vorfahren genutzt wurde, um (Trink)Wasser aufzuspüren (Quelle). Niedrige, jedoch nicht hohe Konzentrationen der Chemikalie scheinen das Stechverhalten von Honigbienen zu unterdrücken, Fruchtfliegen finden den Geruch von Geosmin abstoßend. Kamele, so heißt es, können mit Hilfe der Wahrnehmung dieses Geruchs Wasser in der Wüste finden – eine lebenswichtige Fähigkeit für die Tiere und ihre menschliche Familie. Dieses Geruchssmolekül prägt auch das Aroma des Gemüses, dass die Geister scheidet: rote Beete (dazu auch von Bohnen und von manchen Weinen).

Aufwändige und lange Destillation

Um etwas präziser zu werden, fragte ich einmal wieder Krishana Chaitanya aus Indien, den Yoga-Lehrer, der diese Kostbarkeit dort selbst destilliert, ob ich seinen Artikel übersetzen dürfe. Sehr unkonventionell kam als Antwort nur ein funkelndes Herzchen (vor Kurzem veröffentlichte ich hier auf dieser Seite seinen Text über Litseaöl). So lasse ich den Experten im Folgenden zu Wort kommen:

Krishana Chaitanya inmitten von sanft gebrannten Tongefäßen, die später destilliert werden. Ein ähnlicher Vorgang, wie wenn die Sonne monatelang die Erde darrt

In Indien ist dieses Attar seit Tausenden von Jahren als Gandha Bhoomi, das existenzielle Aroma von Mutter Erde, bekannt. Es kann auch als „First Monsoon Smell“ (Duft des ersten Monsuns), „Rain Earth Smell“ (Duft des Regens auf der Erde) und „Mother Earth Smell“ (Duft von Mutter Erde) bezeichnet werden. Das Phänomen des Regen-Erd-Geruchs wurde erstmals im März 1964 von den australischen Forschern Isabel Bear und D. Thomas wissenschaftlich beschrieben und in der Zeitschrift Nature veröffentlicht. Thomas prägte den Begriff „Petrichor“ für das, was bis dahin als „tonhaltiger Geruch“ bekannt war. Das Wort Petrichor stammt von den griechischen Wörtern „petra“, was Stein bedeutet, und „ichor“, das sich in der griechischen Mythologie auf die goldene Flüssigkeit bezieht, die in den Adern der Unsterblichen fließt.

Wenn ein Regentropfen auf einer porösen Oberfläche landet, bildet die Luft aus den Poren kleine Blasen, die an die Oberfläche steigen und Aerosole freisetzen. Diese Aerosole transportieren den Duft sowie Bakterien und Viren aus dem Boden. Regentropfen, die sich langsamer bewegen, erzeugen mehr Aerosole. Die menschliche Nase reagiert empfindlich auf Geosmin, ein Terpen mit erdigem Geruch. Die menschliche Nase ist in der Lage, es in Konzentrationen von nur 0,4 Teilchen pro Milliarde zu erkennen.

Auffinden des lebenswichtigen Wassers

Unter den Tieren sind Kamele in der Wüste ebenfalls auf den Petrichor-Geruch angewiesen, um Wasserquellen wie Oasen zu finden. In der yogischen Kultur glaubt man, dass der Mensch den Duft des Regens schätzt, weil alles ein Stück des Planeten ist, auch unser menschlicher Körper. Und obwohl wir am Ende der Evolutionskette stehen, sind wir tief mit dem Planeten verbunden, da wir von Mutter Erde geboren wurden. Sobald diese tiefe Verbindung zum Planeten gestört wird, treten bei uns verschiedene psychosomatische Probleme auf. Deshalb ist eine der grundlegendsten Praktiken im yogischen System die Arbeit mit dem Erdelement. In der Ayurveda-Aromatherapie gibt es verschiedene Möglichkeiten, mit dem Erdelement zu arbeiten, einschließlich der Verwendung von Petrichor-Attaröl.

Es dauert fast sechs Jahreszeiten, um diesen besonderen Duft zu erhalten

Den Geruch von Mutter Erde alias Petrichor durch Destillation einzufangen, ist eine der schwierigsten Aufgaben für uns, ich versuche, den Prozess dieser besonderen Destillation zu erklären: Wir von Nisarga Farms Organic verwenden im Sommer spezielle Tonerde aus einem Trockenteich. Der Teich füllt sich während der Regenzeit mit natürlichem Wasser. Später blühen dort Blumen wie Lotos (Nelumbo) und Lilie. Der Teich führt das ganze Jahr über Wasser, außer in der Hochsaison im Sommer. In Indien gibt es sechs Jahreszeiten, und da die Temperatur im Sommer viele Tage lang kontinuierlich über 42 Grad Celsius steigt, wird der Teich langsam trocken.

Wir warten darauf, dass er natürlich austrocknet. Wenn der Sommer seinen Höhepunkt erreicht und die Feuchtigkeit im Teich sehr gering ist, graben wir den fermentierten Ton aus dem Teich aus. Manchmal stört ein kleiner Regen den ganzen Prozess, dann verflüchtigt sich der Geruch. Wir warten also auf die geringste Feuchtigkeit, kurz bevor der Regen den Geruch aus dem Teichlehm vertreibt. Wenn es leicht regnet, warten wir in einer solchen Situation wieder, bis der Teich fast trocken ist. Nachdem wir den Lehm vorsichtig ausgegraben haben, geben wir ihm eine bestimmte Form und backen ihn ganz sanft. So sieht man etwas gebrannten Ton in der kupfernen Destille. Aus dieser mild gebrannten Tonerde destillieren wir das seltene Öl „Gandha Bhoomi“ alias „Petrichor“. Sobald die Destillation beginnt, dauert es 45-60 Tage, bis der gesamte Prozess abgeschlossen ist.

Wie Sie sich vorstellen können, ist dies ein sehr intensiver Prozess. Vor der Destillation dauert es zusätzlich 25 Tage mehr. Insgesamt betrachten wir 80-90 Tage, um den kompletten Prozess der Destillation von Petrichor Earth Attar Öl zu beenden. Es dauert fast 6 Jahreszeiten, und fast ein Jahr Geduld, sowie etwa drei Monate um die kostbare Rarität Petrichor Attar Öl zu erhalten. Die Hauptbestandteile unseres Petrichor-Attar-Öls sind:

  1. Spezielle Tonerde aus einem ausgewählten Teich nach einer Wartezeit von fast 12 Monaten kurz vor der Regenzeit.
  2. Unser ätherisches Sandelholzöl zur Bereicherung und Verstärkung des Petrichor-Aromas.
  3. Unser goldenes Jojoba, um den seltenen Destillationsprozess zu erleichtern.

Wie nennt man ein so seltenes Öl der heiligen Erde in Ihrer Landessprache? Schreiben Sie es gerne als Kommentar unter diesem Artikel! Schreiben Sie mir dazu auf, wo Sie wohnen. Möchten Sie solch eine seltene Schönheit probieren? Florentia (Sibylle Broggi-Läubli) in der Schweiz importiert genau dieses Attar, es kann hier bestellt werden (nur innerhalb der Schweiz!), auch Maienfelser führt es im Programm. Wer direkt bei Krishana in Indien bestellen möchte, kann dies über diesen Link tun, ab 150 Dollar ist der Versand kostenfrei (circa 138 €).

Soweit Krishanas schöner Bericht. THANK YOU! {Das Copyright dieses Teils des Artikels liegt bei Krishana Chaitanya und dem MSA-Team. Krishana lebt im Himalaya, Indien und ist einer der Gründer der Mysore School of Ayurveda Aromatherapy (MSA). Krishana ist auch Mitbegründer von Nisarga Farms Organic. Copyright for the photographs: Nisarga Farms Organic.}

Meine Beobachtung beim Zusammenstellen dieses Artikels: Ich verfiel irgendwann sitzend in eine Art Sekundenschlaf, musste mich tatsächlich kurz hinlegen, schlief und träumte dann sehr intensiv. Ich hatte beim Recherchieren und Übersetzen mehrfach an diesem stark erdenden Duft geschnuppert. Ich war freilich auch in Gedanken mit der warmen Erde, dem zäh zu knetenden Ton, dem Schlamm in der Sonne beschäftigt. Allein die Vorstellung dieses Duftes machte mich schwer und müde. Das wäre also ein wichtiges Einsatzgebiet: zum Abschalten nach zu viel Kopfarbeit, zum Ruhen, Erden und Schlafen. Ansonsten ist nicht wirklich etwas über die Inhaltsstoffe – jenseits des enthaltenen Sandelholzöles – bekannt. Somit kann dieser Naturduft vor allem alle Einsatzgebiete der verschiedenen Sandelholzöle ergänzen (zum Abschirmen bei zu vielen Außenreizen, bei rauer und entzündlicher Haut, bei „mysteriösen“ Hautveränderungen, bei Wunden, als Auflage bei Blaseninfekten, zur Venenpflege, für sinnliche Massagen etc).

:: WERBUNG :: Enthält unbeauftragte und unbezahlte Links zu feinen Naturdüften.