Ich werde immer wieder gefragt, ob aromatherapeutische Maßnahmen überhaupt wirken, wenn jemand nicht (mehr) riechen kann oder im Krankenhaus liegt und beatmet (intubiert) wird. Die Antwort lautet eindeutig JA! Denn die Arbeit mit ätherischen Ölen basiert auf (mindestens) zweierlei Art und Weise:
- Duftmoleküle (auch synthetische) sind flüchtig [winzig] und fettlöslich, sie docken an die Zilien der Riechzellen in der Riechschleimhaut an und werden in elektrische Impulse umgewandelt (analoges Prinzip, siehe Grafik unten: unterer Bereich). Diese elektrischen Informationen werden durch die zwei Riechkolben und den paarigen Riechnerv (Nervus olfactorius) in das Innere des Gehirns geleitet, vor allem ins Limbische System (digitale Verarbeitung). Einige Duftmoleküle können auch die Blut-Hirn-Schranke direkt passieren, dafür muss aber dieser Bereich des Nervensystem in Ordnung sein.
- Duftmoleküle (auch synthetische) werden von fast allen hautbedeckten Körperoberflächen resorbiert, vor allem wo sich Haare, Talgdrüsen und Schweißdrüsen tummeln. Sie werden von feinsten Blutkapillaren aufgenommen und docken je nach Molekülstruktur an unterschiedlichste Rezeptoren (Empfangseinrichtungen, Abb. rechts) an. Dadurch werden unterschiedlichste pharmakologische Wirkungen ausgelöst. Diese funktionieren jedoch durch hedonische Wertungen (igitt, den Geruch mag ich nicht ≠ hm, dieser Duft erinnert mich an meine Lieblingstante) nicht bei allen Menschen gleich. Aber grundsätzlich kann man sagen, dass der Duftstoff Methylsalicylat bei fast allen Menschen schmerzlindernd wirkt, dass der Duftstoff Linalylacetat bei fast allen Menschen stimmungsaufhellend und entkrampfend wirkt, dass Menthol bei fast allen Menschen den schmerzenden Darm beruhigt.
- Der Trigeminus-Nerv „riecht“ auch bestimmte Substanzen (Menthol, Rauch, Ammoniak, Menthol, Barrique(geschmack im Wein) etc, nach neuesten Erkenntnissen sind auch unterschiedlichste Zellen (Haut, Herz, Spermien) fähig, so etwas wie Riechen auszuüben (ohne über das Großhirn verarbeitet zu werden).
Wenn der Riechnerv durchtrennt oder extrem beschädigt ist, funktioniert die erste Wirkungsvariante nicht. Doch da der lebende Mensch über einen lebenden Hautstoffwechsel verfügt, sind die anderen Varianten aktiv. Aromatherapie-Anwendungen außer dem reinen Riechen (Massagen, Einreibungen, Aufnahme durch Schleimhäute [Inhalation, Mundspülungen, Zäpfchen]) funktionieren also bestens.
Anosmie oder Hyposmie als Folge von Antibiotika-Einnahme oder Schädeltraumata kann immer wieder durch tiefes und bewusstes Einatmen von Basilikumöl günstig beeinflusst werden, warum das so ist, weiß man nicht (möglicherweise durch die ZNS-Wirkung des Hauptwirkstoffes Methylchavicol). Die Betroffenen sollten also dreimal täglich etwas Basilikumöl auf ein Stückchen Watte, Küchenkrepp oder auf ein hölzernes Umrührstäbchen vom Macchiato-Lieferanten geben und sich beim „Riechen“ vorstellen, wie die grüne Pflanze aussieht, wie früher Tomaten mit Basilikum geschmeckt haben, wie in Italien die Basilikumsträucher wachsen etc… Abb. Riechnerv: Gray’s Anatomy
PS vom Arzt Dr. Dr. Erwin Häringer: Bei Anosmie hilft Riechtraining: Kurze Zeit intensive Gerüche tief !! einatmen, nicht „schnüffeln“; (Neurology of Olfaction, Hawkes & Doty, 2009). Die Kombination von D2- Rezeptoren stimulierendem ätherischen Öl von Agnus castus (Mönchspfeffer) plus die Einnahme eines phytotherapeutischen Präparates plus Gabe von Zinkacetat und (kurzzeitige) Verwendung von inhalierbaren Cortison (Mometason) in Kombination mit 1,8-Cineol (oral, in dünndarmlöslichen Kapseln) bringt tatsächlich etwas. Die alleinige Verwendung von Cortison und Zink bringt leider wenig. Literatur im obigen sehr empfehlenswerten Buch; bei der medizinisch wissenschaftlichen Abteilung der Firma Bionorica (Neumarkt) und bei Casella-med (Köln). Auch die Arbeitsgruppen HNO in Dresden und Freiburg helfen sicher gerne weiter. (Prof. Dr. Uwe Jürgens, Bonn; Prof. Dr. Hummel, Dresden).
Tolle Info danke!
LG Birgit
liebe eliane,
bei anosmie hilft riechtraining: kuze zeit intensive greüche tief !! einatmen. nicht „schnüffeln“; (neurology of olfaction, von doty, 2010).
die kombination!! von d2- rezeptor stimulierendem äth. öl von agnus castus plus die einnahme eines phytotherapeutischen präparates plus gabe von zinkacetat und (kurzzeitige) verwendung von inhalierbaren cortison (mometason) in kombination mit 1.8.cineol (oral, in dünndar,löslichen kapseln bringt tatsächlich etwas.
die alleinige verwendung von cortison und zink bringt leider wenig.
literatur im obigen sehr empfehlenswerten buch; bei der med.wiss. abt. von bionorica(neumarkt) und bei casella-med in köln.
auch die arbeitsgruppen (hno) in dresden und freiburg helfen gerne weiter. (prof.jürgens, bonn; hummel dresden..)
mit freundlichem gruß
dr.dr.häringer/giavino/soham
Hallo
Danke für den tollen Beitrag!
Leider ist mein Geruchssinn durch eine chronische Nebenhöhlenentzündung meist sehr beeinträchtigt was mich sehr belastet.
Kann man da was machen?Gibt’s dazu vielleicht auch einen Tipp?
Danke und lg
hallo martina, die antwort steht ja im artikel. und siehe den kommentar von dr. häringer (auch hier drunter). immer wieder mit basilikumöl trainieren: dran schnuppern, sich basilikumblätter visuell vorstellen, sich an gerichte mit basilikum erinnern, den geruch imaginieren und mit optischen erlebnissen verknüpfen. geduld!
Hallo…..
ich habe meinen Riechsinn vor 26 Jahren in einem Autounfall mit Kopfverletzung und Koma als Resultat gänzlich verloren. Ich bin jetzt 66 Jahre alt und inzwischen wird auch mein Geschmackssinn etwas seltsam.
Vor einigen Jahren war ich in der Tübinger Uniklinik zur Untersuchung. Theoretisch ‚rieche‘ ich 40% aber ich merke nichts davon. Ich habe das Thema eigentlich schon erfolgreich verdrängt jedoch frage ich mich manchmal ob etwas wie Basilikumöl einatmen doch einen Sinn haben könnte. Ich kann mir zum Beispiel den Geruch von Basilikum gar nicht mehr vorstellen.
Würde es sich überhaupt lohnen noch jemanden aufzusuchen, und wenn ja, wen denn?!
Das Team um Prof. Dr. Thomas Hummel an der uni Dresden sind DIE Fachleute für Anomie in Deutschland.
Es kommt darauf an, ob sie aufgeben wollen oder eine kleine Herausforderung wünschen. Wenn zumindest physisch noch 40 % vorhanden sind, liegt vielleicht eine psychologische Blockade aufgrund des Traumas vor, wäre ja leicht denkbar, denn dieser Unfall war ja offenbar nicht ohne.
Sie könnten erst einmal mit Basilikumöl und/oder anderen Ölen https://www.shop-vivere.de/produkt/riechuebungs-set/ täglich trainieren, das bedeutet diese Moleküle tief einatmen, indem sie eher schnüffeln (dann wird die Luft samt der Duftmoleküle besser „aufgesogen“ in die verschiedenen Nasenmuscheln. Wir haben dieses Set in unserem Shop extra für Anosmie-PatientInnen zusammen gestellt, denn auch ein „schärferer“ Duft sollte laut Prof Hummel in die Übungen eingebaut werden, damit der Trigeminus-Nerv, der auch riechen kann, einen Teil der Aufgabe übernehmen könnte. #
Im schlimmsten Fall fühlen Sie sich sehr entspannt durch Basilikum und Orange und können bei zukünftigen Erkältungen die beiden anderen Düfte als antivitale Unterstützer verwenden.
Viel Erfolg!