Als ich vor 22 Jahren mein (britisches) Diplom* vom Shirley Price College erhielt, hoffte ich, dass 1992 mit der Niederlassungsfreiheit (und anderen Vereinheitlichungs-Regelungen) in der EU ein wundervoller Beruf auch in den deutschsprachigen Ländern etabliert werden könnte. Doch davon sind wir immer noch weit entfernt, auch wenn hier und da zaghafte Bemühungen stattfinden, sich vom Heilpraktiker-Wesen abzugrenzen.

Wir AromapraktikerInnen wollen weder therapieren, noch heilen, noch (an der Haut) herumschneiden, noch Blut abnehmen, noch Spritzen geben etc). Wir möchten Menschen vielmehr begleiten, wenn sie sich nicht (mehr) wohlfühlen in ihrer Haut, wenn sie das Gefühl haben, etwas sei nicht in Ordnung, wenn ein Arzt oder eine Heilpraktikerin ihnen mitteilt, dass sie austherapiert seien, wenn sie sich krank und ausgebrannt fühlen, obwohl sie aus “schulmedizinischer” Sicht gesund sein sollen. Wir möchten insbesondere helfen, dass es gar nicht zu solchen Problemen kommt, wir möchten unterstützen und beraten, dass Menschen sich selbst helfen lernen und dies dann auch selbstverantwortlich und ohne Gefahr tun können. Unser Ziel ist energetische Balance, ganzheitliches Wohlfühlen, holistische Ausgeglichenheit. Hinter diesen Wortungetümen müssen wir uns verbergen, um Menschen bei ihrem Wunsch, gesund und stabil zu sein und bleiben, zu helfen und beratend zur Seite zu stehen.

Wir haben überhaupt nicht den Anspruch, Diagnosen zu stellen, Medikamente zu verordnen, Therapien einzuleiten. Wir nehmen keinem Heilpraktiker/in die Arbeit weg und stehlen schon gar einem Arzt/Ärztin die Butter vom Brot. Wir arbeiten nicht gegen Beschwerden und Krankheiten, sondern unterstützen die Selbstheilungsmechanismen unserer KlientInnen. Wir geben ihnen etwas, das sie in ihrer momentanen und individuellen Befindlichkeit stärkt. Wir arbeiten FÜR diese Person (nicht gegen ihre Wehwehchen). Doch anders als in Großbritannien und Irland, wo jeder (in gewissem, durchaus großzügigem Rahmen) heilen und therapieren darf und sich ‘healer’ und ‘therapist’ nennen darf, wird in den deutschsprachigen Ländern der Beruf der Aromapraktikerin oder des Aromatherapeuten strengstens reglementiert. Darf man in Deutschland immerhin noch massieren, auch komplett ohne Ausbildung, ist es in Österreich verboten, Menschen ‘massierend’ anzufassen, wenn man nicht eine Ausbildung in heilender/therapeutischer Massage absolviert hat. Streng genommen darf man niemanden mit auch noch so leichter therapieartiger Intention berühren, ‘energetische Streichungen’ sind je nach Auslegung möglich. In der Schweiz sind die Regulationen von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich, man bastelt derzeit an einer Vereinheitlichung.

Der Beruf des Aromapraktikers und der Aromapraktikerin – dieser Begriff wurde in den frühen neunziger Jahren von mir erfunden, umfasst also eine ganzheitliche GesundheitsPFLEGE. Man (und frau) zeigt seinen KlientInnen, wie sich das behüten, pflegen und bewahren können, das ihnen kostbar ist: ihre Gesundheit. Man lernt, nicht ständig die Verantwortung nach außen abzugeben, in sich hineinzuhorchen (und zu -riechen), die Mittel und Stoffe zu finden, die einem gut tun. Eliane Zimmermann AiDA Aromatherapy“Gut tun” fördert die Arbeit des Immunssystems und führt so zu (hoffentlich) lang anhaltendem Gesundbleiben. Bei kleinen Wehwehchen und alltäglichen (banalen) Infekten weiß man genau, zu welcher Pflanze zu greifen, welchen Duft zu wählen.

Um Kunden/Klienten umfassend und verantwortungsvoll beraten zu können, MUSS man als Aromapraktiker und Aromapraktikerin allerdings ausreichend geschult sein. Das bedeutet, mindestens 200 Stunden lang (oder 250 ‘Schulstunden’ à 45 Minuten) die Schulbank zu drücken und nochmals mindestens diese Zeit im Selbststudium zu verbringen. Das bedeutet auch, mindestens dreißig oder besser vierzig ätherische Öle gut kennen zu lernen, wichtige Chemotypen per Riechen unterscheiden zu können und entweder selbst mit duftenden Heilpflanzen zu arbeiten oder zumindest einer Destillation beizuwohnen. Das bedeutet dann zudem, dass man selbst SPÜRT und be-GREIFT, wie aufwändig die Gewinnung von ätherischen Ölen ist, wie viel Pflanzenmaterial in einem einzigen Tropfen steckt (vielleicht ein Wäschekorb voll Salbeiblättern in einem Tropfen Salbeiöl, vielleicht eine große Regentonne voll Melissenkraut in einem Tropfen Melissenöl, vielleicht dreißig kostbare Duftrosen in einem Tropfen Rosenöl etc).

Man muss desweiteren Grundlagen der Anatomie und der Physiologie studieren, also sowohl das Skelett in groben Zügen verstehen, den Zustand der Muskulatur und der Haut bewerten lernen und natürlich die Details des Geruchssinnes kennen lernen. Und hoffentlich ein Gefühl dafür entwickeln, wie wichtig dieser noch für uns Menschen ist und wie unentbehrlich natürliche Pflanzendüfte für unseren Körper und für unsere Psyche sein können. Man muss auch verstehen lernen, dass man die Finger von bestimmten Krankheiten und Erscheinungen zu lassen hat, dazu muss man vielfältige Anwendungsmethoden selbst erfahren haben (Bad, Inhalation, Einreibung, Kompresse, Einnahme [von nur einigen wenigen Ölen] etc). Und nicht zuletzt muss man mit Mengen arbeiten lernen, die sowohl der Haut seiner KlientInnen gut bekommen und die einen Bezug zur jeweiligen Duftpflanze haben:  Wenn in der lebenden Pflanze die Duftmoleküle beispielsweise nur ein Prozent des Gesamtgewichtes ausmachen, werde ich nicht fünf, nicht zehn und schon gar nicht hundert Prozent des ätherischen Öles auf die Haut auftragen. Das ist doch irgendwie logisch, oder? Ätherische Öle sind nun mal konzentrierte, pharmakologisch aktive (und oft hoch aktive) Mittel. Der gesunde Menschenverstand gebietet, diese sachkundig zu verdünnen.

Wer wie ich Probleme mit dem Prozentrechnen hat, kann auf meiner Website kostenlos eine kleine Dosierungstabelle runterladen (vielleicht laminieren und immer dabei haben). Wer sich einem länderübergreifenden deutschsprachigen Netzwerk anschließen möchte und dazu jemandem, der im Bereich der duftenden Heilpflanzen tätig ist, für den jährlich zu vergebenden Award vorschlagen möchte, sollte einmal bei The Scented Drop vorbei schauen.

* mein akademisches (deutsches) Diplom erhielt ich nach vier Jahren Studium in “Visueller Kommunikation” (Grafik-Design, Psychologie, Marketing) an der FH Mainz