In Das Magazin [Nr. 14 Wochenbeilage des Schweizer Tages-Anzeigers vom 04.04.2009] fand ich ein höchst amüsantes Interview mit dem Parfüm-Kritiker Luca Turin, der kürzlich ein ungewöhnliches Buch* zur unerschöpflichen Welt der Duftwässerchen geschrieben hat. Knapp 1500 Parfüms werden auf unterhaltsame Weise rezensiert mit einem (awful) bis fünf Sternen (Masterpiece) à la Meisterköche bewertet.

Von Shalimar (Guerlain) behauptet er, es könne wegen des Vanilleduftes gut auf Dinnerpartys getragen werden.

Zu den neuen Düften von Comme des Garcons, die wie Fotokopierer, Benzin oder Teer riechen: „ …wenn es ein wirklich großartiger Fotokopierer ist, dann will ich am Ende vielleicht auch so riechen?“

Auf die Frage “Welches Parfum ist das Schlechteste aller Zeiten?“ antwortet er: „Michael“ von Kors! Sehr erfolgreich, Gott allein weiß warum. Ich halte es für ein Verhütungsmittel.“
Zu „Polo“ (Ralph Lauren): „Das Zeug riecht fantastisch. Es fühlt sich beruhigend und konservativ an, wie kurzes Haar, das in einem sauberen Seitenscheitel frisiert ist, an einem Mann, der ansonsten charmant verwahrlost ist.“

Zum schokoladigen „Angel“, das heutzutage so viele junge Frauen übertrieben und belästigend tragen: „Früher glaubte ich naiverweise, Frauen sollten entweder nach Blumen oder nach Bonbons riechen. … Da vermischen sich zwei Tonarten, die aber auch gar nichts miteinander zu tun haben. Es ist unfassbar dissonant – aber es funktioniert.“
Wie in der Aromatherapie haben die Synthetikduft-Mischer zur Zeit schwer zu leiden. Luca Turin zu den neuestens Einschränkungen von Duftstoffen:

„Die EU ist ein komplettes Desaster für Parfüms. Das hat mich zu einem richtigen Anti-Europäer gemacht. Wenn es um Parfüms geht, finde ich mich plötzlich auf einer Seite mit Margaret Thatcher wieder. Dass diese bescheuerten Bürokraten unser Leben zerstören. Wie auch immer: Man sollte alle Dermatologen erschießen. Das mal zuerst. Ab Juni wird as größte Parfum aller Zeiten (Mitsouko) in seiner bisherigen Form nicht mehr zu kaufen sein. Der 1. Juni bedeutet das Ende der Zivilisation, wie wir sie kennen. Das ist als würde man die Farbe Grün für Gemälde verbieten. … und wenn diese Schmocks so weitermachen, ist das erst der Anfang. Es mag Klavierkonzerte für eine Hand geben, aber keine, die man ohne Hand spielen kann.“

 

Wer Luca Turin im Film erleben möchte, sollte sich die klasse DVD “Parfum” für knapp 30 Euro bei der NZZ gönnen, man kann ihn darauf 18 Minuten erleben, dazu den weltberühmten Duftsucher und Parfümeur Roman Kaiser und das Hauptthema der silbernen Scheibe ist ein Film über Grasse und die Kunst des Parfüm-Herstellens.
*Luca Turin, Tania Sanchez „Perfumes: The Guide“. Viking London 2008, Euro 19.90