Ich weiß, ich bin derzeit kaum zu lesen. Zuerst Vorbereitungen, dann lange Reisen mit Seminaren, dann Nachbereitungen und ab morgen Saison-Start hier am Meer, die ersten Gäste für die Mai-Dufterlebnis-Woche sind bereits angereist. Sechs Tage voller Gartenbesuche und Blütenfeuerwerke sowie eine Whiskey-Destillation (‚das Wasser des Lebens‘) erwarten uns. Zum Abschluss darf jede Teilnehmerin ein Naturparfum mit ihren olfaktorischen Eindrücken kreieren. Ich bin soooo gespannt! Morgen früh aber darf ich erst einmal eine Truppe englisch sprechender Kreuzfahrt-Passagiere über die schöne Garteninsel Garinish Island führen, wo nun gaaaanz besondere Rhododendren blühen. Hoffentlich auch noch die wunderschöne weiße Duftmagnolie Magnolia doltsopa, hier oben im Header zu sehen. Darum heute „nur“ eine dringende Frage von Christine Lamontain (klick!), es wäre klasse, wenn ihr jemand weiter helfen könnte:
Wer kann mir bitte bei der Beantwortung folgenden Fragen helfen bzw. Infos geben? Jeder noch so kleine Hinweis oder Gedanke ist sehr willkommen auch eigene Erfahrungen.
Darum geht es:
Aromapflege ist grundsätzlich „patienten- bzw. bewohnerzentriert, d.h., dass Wohl dieser Personengruppen ist das Ziel der Aromapflege.
Im Kontext der betrieblichen Gesundheitsförderung ist das Zusammenspiel von Aromapflege und Pflegepersonen ebenfalls von relevanter Bedeutung.
Fragen:
1. Wer kennt bzw. praktiziert „personen-zentrierte“ Aromapflege, d.h., wo werden bewußt und gezielt die Pflegepersonen miteinbezogen, also Anwendung der Aromapflege zum Wohl der Pflegenden und der Pflegeempfangenden?
2. Wie ist die Berücksichtigung von olfaktorischen „Stressölen“ bei Pflegepersonen, obwohl sie für die Patienten/Bewohner nach der Aroma-Anamnese optimal sind?
3. Spielt der Faktor Wohlgeruch (angenehm für die Pflegeperson) eine ausschlaggebende Rolle bei der Auswahl der angewendeten ÄÖ/Mischungen?
4. Wie wird in der Praxis damit umgegangen, wenn z. B.; Lavendel oder Rosengeranie von den Pflegenden abgelehnt wird?Über Eure Unterstützung würde ich mich sehr freuen. (Geht auch über Chat.) Herzlichen DANK! 🙂 Christine
zu 1.
Ich käme gar nicht auf die Idee jemanden aus meinem Team dazu zu verdonnern, einen anderen mit Ölen zu pflegen, die er/sie selbst gar nicht leiden kann. Eine Aromapflegesituation kann nur rundum gut gelingen, wenn beide Seiten – der Empfangende und der Pflegende sich entsprechend wohl fühlen! Aber genau das war auch einer der ersten Kommentare von einem Kollegen als wir begannen statt Hautlotion z.B. ein Rose-Sanddorn-Öl zu verwenden: Ach weißt du, das ist so schön, weil ich selbst dann auch viel entspannter bin, ruhiger arbeite …. dieser kurze Moment ist ein Innehalten in der Pflegehektik des Alltags, fast wie eine Meditation und das tut vor allem auch mir gut!
Wir versuchen das immer mehr in unserem Seniorenwohnheim umzusetzen
zu 2. und 3.
Wenn ein Mitarbeiter sagt „oh je, das mag ich gar nicht riechen“, dann kann ich ihn nicht zwangsverpflichten so ein Öl anzuwenden, denn schließlich haben auch Mitarbeiter ein Recht auf die Berücksichtigung ihrer individuellen Gegebenheiten. Wenn es nun speziell dieses eine Öl oder diese Mischung sein sollte für die Anwendung, dann muss ich mich auf die Suche machen, nach einem Mitarbeiter, der damit arbeiten mag, ohne dass der Nase zuwider ist. Wenn jemand sagt: ich mag es nicht sonderlich, aber dem Bewohner/Patienten tut es so gut, ich kann mich überwinden damit zu arbeiten, dann ist es auch ok.
Aber es gibt ja zum Glück so viele unterschiedliche Öle, dass man auch immer nach einem alternativen Duft mit ähnlicher Wirkung suchen kann. Der beste Kompromiss wäre dann für mich: der Empfangende bekommt das gut passende Öl von einem Pflegenden, der es auch vom Duft her leiden mag. Sollte der Duft dem gerade anwesenden Mitarbeiter „stinken“, wählt man ein in der Wirkung ähnliches Öl, welches aber dem Empfangenden wie dem Pflegenden die Nase schmeichelt.
zu 4.
Die Situation hatten wir schon, dass eine Kollegin den Lavendelduft überhaupt gar nicht verträgt, weil er mit sehr tragischen, schweren Erinnerungen verbunden ist. Natürlich darf sie einen großen Bogen machen, wenn es irgendwo nach Lavendel duftet. Wir nutzten in ihrem Beisein Lavendel auch nicht als Raumduft, wenn sie sich ebenfalls in diesem Raum aufhalten müsste. Wenn Anwendungen mit Lavendel durchgeführt werden sollen, dann nicht von ihr! Ihre Nase scheint sehr eigenwillig, also haben wir uns auf Schnuppersuche gemacht, welche Duftprofile oder auch Einzeldüfte überhaupt von ihr als gut empfunden werden. Sie hat ein separates Kästchen bekommen mit „ihren Ölen“, die ihrer Nase gut tun und wir fanden für viele Bereiche „anregend/beruhigend“ etc. mögliche Öle, mit denen sie arbeiten kann, wenn andere Personen, diese nacht einem ersten Test auch tolerieren. Allergins arbeitet die Kollegin nicht direkt mit uns in der Pflege, sondern nutzt die Öle vorrangig zur Raumbeduftung.
Ich selbst habe auch so ein „Horror“-Öl: Patchouli ! Dabei hat es so gute Eigenschaften, wie Eliane hier einmal beschrieb. Aber es macht mir nicht nur ein Naserümpfen, ich finde es gar abscheulich und bilde mir ein, dass es auch in Mischungen mit anderen Ölen und verdünnt, eben so gar nicht mein Fall ist. So sehr ich mich um meine Senioren bemühe, da hätte mein Engagement seine Grenze, ich könnte es nicht anwenden, selbst wenn es der andere so gerne hätte. Es ist für mich schon ein schweres Zugeständnis, in meiner Ölsammlung über eine Flasche Patchouli zu haben, weil ich um die guten Eigenschaften weiß und auch weil ich weiß, dass andere den Duft durchaus auch lieben können. Wenn ich das Öl Kollegen vorstelle, würde ich sie am liebsten mit der Flasche hinaus schicken in den Garten, nur damit ich nichts davon in die Nase bekomme! Zum Glück ist es in unserem Team ganz gut verteilt, wer welche Öle nicht mag, so dass sich immer jemand finden sollte, der sie auch anwenden mag, wenn dies für die Senioren sinnvoll erscheint oder wegen des Duftes gewünscht wird.
Liebe Karola,
herzlichen Dank für Deine ausführliche Antwort. Wunderbar, genau diese Informationen suche ich und es freut mich sehr über diese gesundheitsfördernde Pflegepraxis, zum Wohle aller Beteiligten, zu lesen, Toll, dass Du auch darüber schreibst, Dass es eine eigene „Duftgrenze“ gibt!
Es ist nicht immer selbstverständlich, im Pflegealltag (und nicht nur dort), zuerst dafür zu sorgen, dass es einem selbst gut geht (z.B. mit einem ÄÖ/Mischung) – die „Botschaft“ kommt in jedem Fall beim Empfänger an.
Wenn man bedenkt, dass unsere „Gesichtsmimik“ im Stammhirn (Reptiliengehirn) angesiedelt und damit unserer bewußten Kontrolle entzogen ist, braucht es auch keine übergroße Anstrengung mehr einen Gesichtsausdruck des Sichekelns oder der Abwehr zu unterdrücken. Ehe wir es gemerkt haben, ist es schon unwillkührlich passiert.
Ich danke Dir noch einmal, von ganzem Herzen, für Deine Unterstützung.
Liebe Grüße
Christine
Im Grunde hat Karola es schon geschrieben: auch bei uns darf der Patient aus mehren Möglichkeiten wählen und bekommt dann „seinen“ Duft. Ist der jetzt aber für die Nase der Pflegeperson nicht tauglich, wird nach einer anderen Pflegeperson gesucht oder, falls möglich, die Uhrzeit der Anwendung verlegt.
Es ist wichtig, das sich Pflegende und Gepflegte bei der Anwendung wohl fühlen damit es nicht zu Problemen kommt.
Liebe Anna,
vielen, vielen Dank auch für Deine Unterstützung. Es ist so gut zu hören, dass die Nase und das olfaktorische Wohlgefühl der Pflegeperson einen bewußt praktizierten Stellenwert haben.
Das ist nicht generell so, vorallem da, wo Aromapflege noch „unbekannt“ ist, hält frau/man eher das“Gerüchliche“ aus oder versucht sich mit einer Wolke aus erfrischender Briese Erleichterung und Atemraum zu schaffen, nur gibt es dabei nicht immer den erhofften harmonischen „Dreiklang“. Gerüche, auch die abgelehnten von ÄÖ, können Stress erzeugen und zu psychischen und physischen Belastungen führen. Ein weites und spannendes Thema…
Nochmals, herzlichen Dank für Deine Worte, ich habe mich sehr gefreut.
Liebe Grüße
Christine
Derzeit habe ich zwei Klienten, die auf Wunsch eine auf ihre Person ausgerichtete Aromapflege erhalten. Beide sind sehr naturverbunden und wir sprechen vorher gründich über die verschiedenen Anwendungen, Wirkweisen und Gerüche. Bisher habe ich den Geschmack gut bis sehr gut getroffen. Da wir gemeinsam entscheiden, ist die Gefahr gering, ein Öl zu verwenden, gegen das eine Abneigung besteht und daher zu ihrem und meinem Wohlbefinden dient.
Der Faktor Wohlgeruch ist schon entscheidend. Außer, ich benötige für ein Befinden
ein Öl, welches mir nicht unbedingt gefällt, kann ich es mit einem anderen Wohlgeruch abmildern.
Wenn Lavendel und oder Rosengeranie abgelehnt wird, ist es kein Problem. Von den Inhaltsstoffen wie auch vom Geruch her habe ich genug Alternativen. Manchmal bedarf es nur der richtigen Mischung und Lavendel ist dann auch kein Problem mehr.
Liebe Christine,
jede Behandlung lebt für mich davon, dass Resonanz entsteht:
der Be-handler vermittelt mit seiner eigenen Schwingung und Intention auf das Thema, der Technik und den Flaschengeistern ein Einschwingen des Patienten, z.B. Entspannung/Ruhe oder eben Aufmunterung, etc. Der Behandler führt den Patienten zum Mitschwingen und Ausgleichen. Daher ist das Wohlbefinden des Behandelnden definitiv mit entscheidend. Wer verkrampft massiert, wer voller Spannung versucht entspannend zu akupunktieren, oder mit eiskalten Händen Wärme per Einreibung geben will, stellt schnell fest, es funktioniert nicht. Auch die Auswahl der Düfte muss für alle Teilnehmer als „Team“ Wohlbefinden erreichen. Das gilt für den Behandler und Patienten an der Liege, aber auch für die anderen Familienmitglieder bei Heimanwendung! Bekommt der Ehemann Würgereiz von der Mischung der Patientin, kann kein Gleichgewicht entstehen, sondern nur noch mehr Dissonanz.
Für mich ist es oft eine Frage der Dosierung. 1 Tr. Lavendel in einer Behandlungsmischung ist für mich noch ok. So arbeite ich gerne mit den Primavera-Roll-On, die wunderbar im Sinne der chin. Wandlungsphasen zu bestimmten Leitbahnthemen passen. Den Lavendel-Rolli benutze ich nicht, mag ihn nicht (nur als Notfall-Desinfekt…). Aber der Lavendel enthaltende Schlaf-Wohl lässt auch mich entspannen, um diese Entspannung und Ruhe an den Patienten weitergeben zu können. In der Mischung alles prima. Ehrlich gesagt, den Lavendel schlage ich allerdings selten vor, bzw. dann ohnehin als Mischung.Spannend dass es immer wieder der Lavendel ist, der so polarisiert! Ausser ihm habe ich keinen Duft, den ich manchmal ablehnen würde.
Wenn der Patient das Behandlungsthema erzählt hat, und für mich die Behandlungsebene aufgezeigt wurde, entsteht meist die Idee, welcher Duftgeist passend sein könnte, die zum Thema und zur Stimmung jetzt in diesem Moment passen. Selbst die medizinisch-duftenden wie Wintergrün, Birke, Mädesüss, oder die tief erdenden Patchouli, Vetiver, etc., oder die Immortelle kommen häufig zum Einsatz. Bisher konnten sowohl die Patienten als auch ich selbst immer die ÄÖ willkommen heissen, wenn sie gerade Thema waren und fein dosiert wurden.
Im Gegenteil, ich stelle immer wieder fest, dass mich die Duftgeister mit verwandeln! Der Behandler wird im Gegenzug durch die Behandlung ebenfalls ausgeglichen, geht mit dem Thema und dem Duft in Resonanz. Manche Düfte würde ich für mich nie auswählen, merke aber, wie intensiv sie auf mich wirken…
Herzliche Grüsse, Silja
Stimmt Silja, die Erfahrung mache ich auch, dass es manchmal auch sehr von der Menge eine Duftes abhängt: pur erscheint etwas viel zu intensiv und erweckt dann ein unangenehmes Gefühl, während der selbe Duft gering dosiert in einer Duftmischung durchaus toleriert oder gar angenehm empfunden wird.
Spannend finde ich bei meiner Arbeit gerade, dass es meine Kollegen sind, die immer wieder ankommen und nach „etwas schön Duftendem“ fragen für unterschiedliche Situationen, weil sie selbst es so gerne mögen mit den Ölen zu arbeiten. Und das finde ich einen guten Weg, dass wir Pflegekräfte nicht immer nur für die anderen etwas tun, weil das eben unser Job ist, sondern dass die Öle die Möglichkeit eröffnen, gleichzeitig auch uns selbst etwas Gutes zu tun.