Es ist mal wieder an der Zeit, dass ich mich mit dem juristischen Umfeld der Aromapflege, der Aromatherapie und der ätherischen Öle auseinander setze. Und auch mit dem immer krasser werdenden Märchen-Marketing, das sich in unserer Branche breit macht. Einst war ich im Paragraphen-Bereich ziemlich fit, mittlerweile finde ich die Beschäftigung mit §§§ nur noch nervig. In meinem Studium waren mindestens zwei Semester Urheberrecht zu belegen, das waren äußerst unbeliebte Vorlesungen und Tests, das meiste davon hatte ich ganz schnell vergessen.

Doch in unserer Branche gehen einerseits wilde Gerüchte und Unwahrheiten um, andererseits kommen mir immer wieder Urheberrechts-Verletzungen zu Ohren, so dass ich an dieser Stelle ein paar Stückchen Aufklärung verteilen möchte (und bitte um freundliche Korrekturen, wenn ich in Teilbereichen nicht ganz auf dem Laufenden sein sollte 😉 ). [[Wer nichts dagegen hat, dass Pflanzen, Tiere und Menschen ausgebeutet werden, sollte heute nicht weiter lesen.]]

Immer mehr Interessent/innen Anhänger/innen einiger US-amerikanischer Ätherische-Öle-“Schüttgut-Anbieter” lassen sich von vermeintlichen Siegeln und Analysen blenden, werfen dann sogar langjährigen und erfahrenen Ätherisch-Öle-Fachmenschen mangelnde Recherche sowie Nicht-Wissen und Ähnliches vor. Interessanterweise wird alle paar Jahre “eine andere Sau durchs Dorf getragen”, also gibt es regelmäßig neuartige Behauptungen. Diese werden dann mit der Zeit doch durch Fakten widerlegt und dann schwirren eines Tages wieder neue “Qualitätsaussagen” durch die Welt der Naturdüfte.

Vor ein paar Jahren waren das die AFNOR-zertifizierten Öle, die angeblich so unglaublich viel besser als alle anderen ätherischen Öle sein sollten. Dieses französische Zertifikat der ‘Association Française de Normalisation’ sollte gemäß den Anhängern dieser “Duft-Konzerne” (es gibt im deutschsprachigen Bereich inzwischen mindestens drei davon) wesentlich bessere Öle auszeichnen, als jene von seit zwei bis drei Jahrzehnten etablierten deutschsprachigen Öleanbietern, die hervorragende und ehrliche Qualitäten anbieten. Dieses Industrie-Siegel sagt jedoch rein gar nichts über die wirkliche Qualität aus: Das N im Namen bedeutet ‘normalisation’ und das bedeutet soviel wie Standardisierung und Normierung. Es regelt beispielsweise den Mindesthalt und Maximalgehalt bestimmter Inhaltsstoffe (ich habe einige Siegel hier [klick!] beschrieben). Jedoch genau das wollen wir FreundInnen vom respektvollen Umgang mit unserer Erde, Pflanzen und Bauern nicht. Das wäre so, als würde man behaupten, dass ein Blatt Papier, das vom deutschen DIN-Institut normiert wurde, also beispielsweise exakt DIN-A-4 entspricht, eine wesentlich höhere Qualität gegenüber einem frei zugeschnittenen Blatt Papier, vielleicht sogar handgeschöpft, aufweisen würde.

gefahrensymbole_a%cc%88therische_o%cc%88le_u%cc%88bersicht

Fast alle ätherischen Öle, welche als Bedarfsgegenstände (oder ‘Bedarfsmittel’, beispielsweise zur Raumbeduftung) deklariert sind, müssen mit mindestens einem dieser Gefahren-Piktogramme versehen sein, Ausnahmen: Benzoe, Myrrhe, Mimose, Patchouli und Sandelholz. Ätherische Öle, welche als Lebensmittel zertifiziert sind, benötigen diese Deklaration nicht, auch nicht solche, welche als Kosmetika oder Lebensmittel in Verkehr gebracht werden (diese dürfen jedoch bestimmte Inhaltsstoffe nicht oder kaum enthalten).

Neuerdings wird von besagten  US-amerikanischen-Öleanbietern behauptet, ihre Öle seien ganz besonders rein und könnten (und sollten) darum in recht großen Mengen eingenommen werden. Sie stammen jedoch nicht aus von neutraler und anerkannter Stelle zertifiziertem kontrolliert biologischem Anbau. Die angebliche Reinheit wird damit “bewiesen”, dass die vorgeschriebenen Gefahrensymbole, die auf “Bedarfsgegenständen” (wie Düfte zur Raumbeduftung) zu erscheinen haben, bei ihnen nicht aufgedruckt sind. Wer eine wirklich gute und ausreichend lange Basisausbildung mit ätherischen Ölen (ÄÖ) genießen durfte (nicht nur an einem Abend oder zwei Wochenenden), sollte sich mit den aktuell in Europa geltenden Gefahrensymbolen und korrekten Kennzeichnungen auskennen. Mehr zu den Gefahrstoffen und ihren Piktogrammen findet man auch auf Wikipedia.

Nach deutschem wie europäischem Recht sind kosmetische Mittel von den Pflichten zur Kennzeichnung nach dem Chemikalienrecht ausgenommen, d.h. sie tragen KEINE Gefahrensymbole, MÜSSEN jedoch u.a. mit der Liste der Bestandteile (INCI) gekennzeichnet sein. So haben die meisten Firmen ihre ÄÖ auf die Anforderungen der Kosmetik-Verordnung umgestellt (auch die besagten Firmen mit den „besonderen“ Ölen) und die Gefahrensymbole sind damit von den Etiketten der meisten Fläschchen verschwunden.

Also bitte auf den bestimmungsgemäßen Verwendungszweck des ÄÖ schauen und dann ist die Kennzeichnung kein Problem mehr! Bei ÄÖ mit „therapeutischen“ Qualitätsmerkmalen, wäre zu prüfen, ob diese ÄÖ nicht unter das Arzneimittelgesetz fallen und damit dann ein entsprechendes langes und kostenintensives Zulassungsverfahren durchlaufen müssten. Anbieter ätherischer Öle haben also die Freiheit, ihre Öle nach einer von vier Kategorien in Vertrieb zu bringen:

  • Kosmetikum
  • Lebensmittel
  • Bedarfsgegenstand/Bedarfsmittel
  • Arzneimittel

Auf den Fläschchen bzw beim Verkauf der Öle, die nach den drei ersten Kategorien gekennzeichnet sind, dürfen KEINERLEI therapeutische Aussagen gemacht werden.

Von den Hochdosierer-Firmen wird auch behauptet, dass ‘nur unberührter Boden  bepflanzt wird’. Wie viel unberührten Boden braucht es, für die Mengen an ÄÖ, die wie „Schüttgut“ verwendet werden (manchmal über 100 Tropfen unverdünntes ÄÖ für eine Rückenbehandlung)?! Wie viel Pflanzenmenge wird da tatsächlich verbraucht und wie viel ‘jungfräuliche’ Erde muss dafür bereit stehen? Geschäft und Umsatz sollen kontinuierlich gesteigert werden, wie ist das vereinbar mit behutsam bewirtschafteter Erde? In einem Vertriebssystem, das auf Empfehlungsmarketing und Gewinnstufen basiert, ist nun mal das Streben nach maximalem Gewinn ein entscheidender Faktor. Viel Verbrauch – viele Dollar/Euro!

Inzwischen werden etliche ätherische Öle nach dem Lebensmittelgesetz zugelassen, diese unterliegen dann wieder anderen Vorschriften, diese brauchen beispielsweise auch nicht die Warnhinweise zu zeigen.

Zu diesem Themenbereich der Siegel und Warnhinweise kann auch auf Sabrinas Blog nachgelesen werden. Je besser und vielfältiger man sich informiert, desto mehr wird man zur/m mündigen Verbraucher/in und fällt nicht auf teures Märchenmarketing rein. Sabrina hat auch eine schöne (nicht vollständige!) Übersicht eingefügt, bei welchen ethisch denkenden und agierenden Anbietern wir einkaufen können.

Wie können wir unterscheiden lernen, was Märchenmarketing und was Tatsachen sind? Ja, beispielsweise durch ein klein wenig das Hirn einschalten und einer Destillation im Original, nicht im Labor oder Vorführraum, beiwohnen. Dann kommt ein natürlicher Respekt gegenüber dem Inhalt der kleinen ÄÖ Fläschchen und auch hinsichtlich der Dosierungen von ganz alleine. Hat man einmal miterlebt, wie viel Pflanzenmaterial für das ÄÖ benötigt wird und wie viel WASSER für die Destillation erforderlich ist (und das ist eine Größenordnung, da schluckt das ökologische Gewissen erst einmal sehr kräftig, vom Stromverbrauch ganz zu schweigen), schaut man mit viel mehr Respekt auf die ätherischen Öle. Wenn man sogar das Glück (und das Interesse) hat, sich anzuschauen, was vor der Destillation geschieht, nämlich aufwändiges pflanzen, jäten, beobachten und ggfs mit natürlichen Pflanzenschutzmitteln stärken, ohne abgasverbreitende Maschinen oder gar von Hand ernten, dann sollte jedem/r Anwender/in mit gesundem Menschenverstand ganz klar werden, wie wenig ätherisches Öl benötigt wird, um effektiv und menschenfreundlich beHANDeln zu können.

Auch das Bauchgefühl reden lassen ist eine Hilfe. Nicht nur ich werde häufig angeschrieben und angerufen von tief verunsicherten Menschen, die gerne ätherische Öle anwenden würden, denen jedoch auf Verkaufsveranstaltungen (mit vermeintlich naturheilkundlichem Hintergrund) mehrere “Bären aufgebunden” wurden. Tief drinnen spüren sie, dass sie angelogen worden sind, und womöglich mit “preisgünstigen” Einsteigersets oder gar Knebelverträgen in eine ungute Richtung gelockt worden sind. Auf Christines Blog kann ein fast amüsanter Beitrag zu dieser Duft-Benebelung (klick!) nachgelesen werden.

zeichng_stoffidee

In manchen Ländern dürfen Gebäude und Kunstwerke im öffentlichen Raum nicht auf gewerblich genutzten Fotos, auch wenn man sie selbst fotografiert hat, gezeigt werden. In Deutschland heisst das ‘Panoramafreiheit’ und diese gilt NOCH. Ein Kunstwerk (egal ob aus Stoff, aus Ton, Bronze, auf Leinwand etc) darf selbst, wenn es von einem selbst fotografiert wurde, nicht im kommerziellen Rahmen abgebildet werden.

Das zweite große Jura-Thema rund um die Naturdüfte sind Abmahnungen und wilde Verletzungen des Urheberrechtes. Jeder Mensch, der ein Lesestück oder ein Musikstück schreibt, ein Foto macht, sich eine Zeichnung ausdenkt und zu Papier bringt, eine Melodie komponiert, eine Grafik anfertigt u.s.w. sollte auch im Zeitalter des Internet darauf vertrauen können, dass er das Recht als Urheber des Werkes hat und behält. Er/sie sollte sich darauf verlassen können, vor einem Klau seiner geistigen Idee geschützt zu sein.  So dass mit dem eigenen Werk auch Geld verdient werden kann.

Doch leider tendiert die eher nicht ganz so kreative Hälfte der Menschheit gerne mal dazu, das World Wide Web als Selbstbedienungsladen für geistiges Eigentum anderer zu sehen. Es ist beispielsweise haarsträubend, wenn ein recht großer Online-Shop (laut eigenen Angaben 2 Millionen Kunden und über 450 Mitarbeiter) sich – ohne jemals angefragt zu haben – eines Fotos aus meinem Blog bedient (oder von der Webagentur bedienen lässt), die abgebildete Pflanze für eine andere ausgibt, die Daten im digitalen Hintergrund des Fotos “ausradiert” (beispielsweise meine Kameramarke und das Datum, an dem ich mein Bild geschossen habe), das Foto in seinen Shop einstellt und dann noch nicht einmal auf meinen Namen als Urheberin oder wenigstens auf meine Website als Quelle verweist. Geschweige denn, dass ich ein paar “Groschen” dafür erhalten hätte.

So ähnlich ist es bereits mehrfach mit Fotos von mir passiert und auch schon mit Texten. Einmal wurde ein Text für einen Fernkurs ‘Aromatherapie für Hunde’ sogar “kreativ” 🙁 umgestrickt: aus ‘Mensch’ wurde ‘Tier’, aus ‘Patient’ wurde in dem kommerziell angebotenen Lehrgang ‘Hund’. Einmal konnte ich eine “Ausbildung zur Aromatherapeutin” bei Ebay kaufen, in der sich ein Text von mir befand, die “Ausbildung” kostete unter 20 Euro, inklusive “Diplom”. Die oben stehende Übersicht von Piktogrammen ist auch ein Beispiel, von Urheberrecht: Die Piktogramme sind frei einzusetzen (denn sie wurden für möglichst viele Produkte in Auftrag gegeben), doch die Recherche der Beispiele aus unserer Branche habe ich zusammen getragen, die tabellenartige Zusammenstellung des Textes ist also mein geistiges Eigentum, wie auch dieser gesamte Artikel, den Sie gerade lesen,.

Auch als “kleine(r) Aromatherapeut/in” sollte man keine Texte, (Pflanzen)Fotos oder Diagramme von KollegInnen übernehmen, ohne die AutorInnen bzw. UrheberInnen um Erlaubnis zu fragen (nur die Quelle anzugeben reicht nicht!). Streng genommen, also nach dem Urheberrecht, muss sogar mit jedem Urheber, also Copyright-Inhaber, ein Vertrag geschlossen werden. So macht es auch mein Verlag, wenn ich in meinem Fachbuch Pflanzen- oder Menschenabbildungen zeige, die nicht von mir fotografiert wurden: Jeder dieser Urheber wird angeschrieben und muss schriftlich seine/ihre Einwilligung für den Abdruck geben.

Es gibt keine absoluten Geldbeträge an die Urheber eines Werkes zu zahlen, vielmehr richtet sich der Preis nach Verbreitung (soll das Logo, die Grafik, das Foto, die Werbung oder die Website 100 Menschen, 10.000 Menschen oder möglichst die ganze Weltbevölkerung ansprechen (wie bei bekannten Limonademarken oder bei berühmten Fast-Food-Burgern), nach Art der Medien (nur auf Visitenkarten, auch auf Websites, dazu im Lokalblättchen, im Fernsehen etc), nach Länge des Zeitraumes der Verwendung und sogar nach Bekanntheitsgrad des Auftraggebers. Letztendlich ist jeder einzelne Posten Verhandlungssache.

Natürlich kann mir keiner verbieten, ein Foto oder eine Grafik aus dem Internet auszudrucken und an meine Wohnzimmerwand zu hängen, das ist private Nutzung. Aber ich darf diese eben nicht für geschäftliche Zwecke verwenden, ohne sie zu bezahlen und die Quelle vorschriftsmäßig anzugeben. Übrigens können Rezepte – sowohl für Kosmetik- und Ölemischungen als auch für kulinarische Schlemmereien, und auch körperliche Übungsabfolgen, etwa zur Muskelstärkung oder im Sinne von Yoga, nicht geschützt werden, diese unterliegen also nicht dem Copyright (Auskunft von einem meiner Verlage).

Freilich kann es passieren, dass man aus Versehen das Urheberrecht verletzt. Beispielsweise weil man nicht bemerkt hat, dass man durch eine technische Panne, etwa durch einen Computerabsturz und dem Löschen einer Quellenangabe, einen juristischen Fauxpas begeht. Oder man hat ein eher unsortiertes Archiv, in dem viele eigene, aber auch für den Privatgebrauch herunter geladene Dateien lagern. Man nimmt ganz arglos eine falsche Datei und veröffentlicht diese auf seiner Website oder auf seiner Shopseite. Solche Fälle sind ein gefundenes Fressen für inzwischen darauf spezialisierte “Urheberrechtsverletzungen-Jäger/innen”. Damit lässt sich übrigens gut Geld verdienen.

Wenn man so eine geldpflichtige Abmahnung erhält, muss diese gar nicht vom Urheber ausgelöst sein: Es gibt Juristen, die sich auf das Abgrasen des WWW spezialisiert haben, manchmal unterstützt von Branchen-Insidern. Ich kenne KollegInnen, die wegen solcher Versehen auf ihren Websites viel Geld lassen mussten, einmal ging es sogar um mehrere Monatsgehälter. Darum warne ich regelmäßig vor dem gedankenlosen Umgang mit Fotos, Grafiken und anderen Infos, die einem nicht gehören. Es gibt auch keine Gnade, wenn man den Urheber nicht kennt. Dann einfach die Finger vom Werk lassen!

Infos zur Reduzierung der Panoramafreiheit können hier (klick!) nachgelesen werden, Infos zum Urheberrecht bezüglich der eigenen Website befinden sich auf einer kostenlosen Broschüre (Wert 12,90 €), die hier bei eRecht24 angefordert werden kann.