Ich stellte dieser Tage verwundert fest, dass ich hier noch keinen Beitrag über ätherische Öle geschrieben habe, die diverse Insekten auf natürliche Weise (einigermaßen) vertreiben können. Dabei schreibe ich die relevanten Öle so oft an das Flipchart, in meinen Kursen ist das ein regelmäßig wiederkehrendes Thema! Also hole ich dieses Versäumnis heute nach, denn im verregneten Kontinental-Sommer haben die Biester Hochsaison und Hilfe ist gefragt!
Nun muss man wissen, dass Insekten wie auch viele Pflanzen sich mit Hilfe von ätherischen Ölen bzw. deren einzelnen Molekülen „unterhalten“. Pflanzen rufen mit flüchtigen Riechstoffen „alliierte“ Insekten bei Schädlingsbefall zu Hilfe, sie können auch mit Hilfe dieser Riechstoffe Feinde verscheuchen. Sie können sogar sich selbst bzw. Teile von sich selbst warnen, wie letztes Jahr am Beispiel der Maispflanze festgestellt werden konnte. Mit dem frei gesetzten Stinkstoff Indol, der in Jasmin-Absolue und in zahlreichen anderen Blütendüften vorkommt, „benachrichtigt“ eine frisch angeknabberte Maispflanze ihre „unteren Etagen“, also tiefer gelegene Blätter, die dann ihren Abwehr-Stoffwechsel aktivieren [ein Artikel dazu ist hier (klick!) nachzulesen].
Insekten wiederum sind in der Lage, viele uns aus ätherischen Ölen bekannte Duftmoleküle zu bauen und sie als „Sprache“ untereinander einzusetzen.
- Bienen beispielsweise stellen Geraniol, Citral (auch in Rosen- und Lemongrassöl enthalten) und andere Terpene her und verwenden sie als Markierungs-Pheromone.
- Der Sterzelduft von Bienen besteht aus trans-Farnesol (auch in Ylang Ylang, römischer Kamille und Rosenöl enthalten und in Äpfeln, Erdbeere, Heidelbeeren, Trauben, Pilzen, Spinat, Tee, Tomaten).
- Blattläuse stellen trans-beta-Farnesen als Alarm-Pheromon her (auch in Schafgarbenöl enthalten).
- Die Wanze Eurygaster integriceps stellt Vanillin als Sexuallockstoff her (in Vanille-, Benzoe- und Toluextrakt sowie in Styraxöl enthalten) [mehr dieser Beispiele werden im Spätherbst 2017 in der stark erweiterten 6. Auflage meines Fachbuches ‚Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe‘ nachzulesen sein]
Und wer im Duftchemie-Unterricht aufgepasst hat 😉 weiß, dass alle diese Moleküle bei uns Menschen nachweisbare körperliche und seelische Prozesse steuern können. Ich stehe wieder einmal staunend vor diesen modernen Erkenntnissen und bewundere den Kreislauf, das Ganz-Sein, die Zusammenhänge in der Natur. Wir Menschen haben also noch Spuren der Pflanzen- und Insektenvergangenheit in uns! Zumindest sind wir mit den entsprechenden Rezeptoren ausgestattet.
Aber nun zurück zum Vertreibungsmittel, das kleine stechende und beißende und saugende Monster abstoßen und irritieren soll. Aufgrund der obigen Erkenntnisse kann man sich unschwer vorstellen, dass wir den lästigen und bisweilen sogar gefährlichen Plagetierchen mit einem Riechstoffcocktail vorgaukeln können, dass sie selbst von einer Schar von Feinden umzingelt sind, so dass sie schnellstmöglich „die Fliege“ machen, uns also in Ruhe lassen. Diverse Stechmücken können einige unserer ätherischen Öle so gar nicht leiden, ganz vorne auf der Liste stehen:
- Citronella (Cymbopogon nardus und C. winterianus, insektifuger Inhaltsstoff: Citronellal)
- Zitroneneukalyptus (Eucalyptus citriodora, insektifuger Inhaltsstoff: Citronellal)
- Rosengeranie (Pelargonium asperum und P. graveolens, insektifuge Inhaltsstoffe: Geranial/Geraniol)
- Atlas-Zeder, Himalaya-Zeder (insektifuge Inhaltsstoffe: Gemisch aus Sesquiterpenen und Sesquiterpenolen)
- Katzenminze (Nepeta cataria, insektifuge Inhaltsstoffe: Nepetalacton und andere Lactone)
Doch durch die Zugabe von einigen anderen Ölen, die anscheinend auch nicht sonderlich beliebt beim summenden Völkchen ist, können wir die Wirkung unserer Abwehr“waffe“ verstärken. Durch Patchouliöl können wir unsere Haut schützen, was insbesondere bei Zubereitungen für Kinder wichtig ist, denn einige der insektifugen Inhaltsstoffe können minimal hautreizend wirken, insbesondere wenn die Fläschchen älter als 6-9 Monate nach erstem Anbrechen sind und auf erhitzter Haut verwendet werden:
- Lavandin (Lavandula x Intermedia Super, besser noch Lavandula x intermedia Abrial, Lavandula x intermedia Grosso und Lavandula x intermedia Reydovan, diese enthalten mehr Campher [Bornan-2-on] als insektifugen Inhaltsstoff)
- Patchouli (Pogostemon cablin, insektifuge Inhaltsstoffe: Gemisch aus Sesquiterpenen und Sesquiterpenolen)
- Teebaum (Melaleuca alternifolia, insektifuge Inhaltsstoffe, nicht gesichert: Gemisch aus Monoterpenen und Sesquiterpenolen wie Globulol und Viridoflorol)
- Gewürznelkenknospe (Syzygium aromaticum, insektifuger Inhaltsstoff: Eugenol)
- Eukalyptus (Eucalyptus globulus, insektifuge Inhaltsstoffe: Mix aus 1,8-Cineol und einigen Monoterpen-Ketonen)
Das Ganze mit nativem Kokosfett, das reich an Laurinsäure ist, anzureichern, ist insbesondere in Zecken-Gebieten hilfreich, denn diese schmecken viel lieber die auf unserer Haut befindliche Buttersäure als die Laurinsäure! Bei den anderen fetten Ölen bitte unbedingt darauf achten, dass sie einigermaßen oxidationsstabil sind, also dass die fein auf die Haut aufgetragene Schicht in Wärme und Sonne nicht zu schnell ranzig wird. Von den bekannteren Ölen sind dies Jojobaöl (korrekt: Jojobawachs) und Olivenöl. Zwei deutlich insektenvertreibende fette Öle müssen an dieser Stellen noch erwähnt werden:
- Neem (Azadirachta indica): es riecht nicht so toll, wäre jedoch als kleine Zugabe auch noch denkbar, es ist bekannt durch die starke Wirkung gegen Milben und Kopfläuse
- Andiroba (Carapa guaianensis): ein enger Verwandter von Neem mit ähnlicher Wirkung
Vor einigen Jahren konnte wissenschaftlich bestätigt werden, dass ein weiterer Bestandteil im zitronig duftenden Öl des Zitroneneukalyptus zur Abwehr von Mücken/Stech-Insekten eingesetzt werden kann. Man hat den Stoff identifiziert, der für diese starke Wirkung verantwortlich ist, er wird inzwischen fleißigst aus dem Pflanzenmaterial des schnell nachwachsenden hitzeliebenden Baumes isoliert und für hoch wirksame Anti-Insekten-Mittel eingesetzt. Der „Zauberstoff“, der sogar gegen Malaria-Mücken in den Tropen erfolgreich getestet wurde (mindestens 5 Stunden mit 98 Prozent Sicherheit) heißt p-Menthan-3,8-diol (oder para-menthane-diol, PMD), er wird durch einen kleinen chemischen Eingriff aus dem Haupt-Inhaltsstoff der Zitroneneukalyptusblätter (Citronellal) gewonnen und inzwischen vermehrt isoliert angeboten, um in natürliche Insektenschutzmittel eingearbeitet zu werden. In etlichen Studien konnte er sogar gegen Deet bestehen, eines der schärften (und toxischsten) Insektenschutzmittel. Und die noch bessere Nachricht: sogar Zecken finden das Zeug widerlich (zumindest für einige Stunden)! Bereits eingearbeitet wurde dieser Stoff in das in das Mückenstop-Spray von Taoasis und in das praktische Mückenstop-Tuch für unterwegs.
Ein Selbermach-Rezeptbeispiel für knapp 3%-ig verdünnten ätherischen Ölen, also für Erwachsene und Jugendliche könnte folgendermaßen aussehen:
- 30 ml Jojobawachs
- 20 g Kokosfett
- 15 Tropfen Citronella und/oder Zitroneneukalyptus
- 5 Tropfen Rosengeranie
- 5 Tropfen Atlaszeder
- 5 Tropfen Lavandin
- 3 Tropfen Teebaum oder Eukalyptus oder Gewürznelkenknospe
Kokosfett ggfs im Wasserbad sehr sanft schmelzen, mit den Ölen vermischen und in Braunglasflasche, am besten mit Pumpmechanismus, füllen. Bei sommerlichen Temperaturen bleibt dieser Mix flüssig. Für Babies und Kleinkinder die Menge der ätherischen Öle halbieren! Wer den Duftmix ähnlich aber als Fertigprodukt mag, kann sich bei Feeling den ‚Insektenschutz‚ bestellen, er ist auch als Körper- und Raumspray erhältlich. Nach Stichen und Bissen helfen Bio-Aloe vera-Gel (ohne schädliche Synthetik-Verdicker oder Konservierungsstoffe), Lavendelöl, Pfefferminzeöl und diverse Hydrolate wie Rosenhydrolat, das leicht juckreizstillend/anästhetisierend wirkt.
Zum faszinierenden Thema der Pflanzen-Unterhaltung möchte ich gerne drei wundervolle Bücher empfehlen, vielleicht als Urlaubs-Lektüre?!
- Pflanzenpalaver von Florianne Köchlin
- Kluge Pflanzen von Volker Arzt
- Das geheime Leben der Bäume von Peter Wohlleben
PS: Wer mehr Infos und wissenschaftliche Arbeiten zum Eukalyptus-Wirkstoff p-Menthan-3,8-diol sucht, kann sie sich entweder in seiner Suchmaschine suchen oder in meinem früheren Artikel zum Thema aufgelistet finden. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich zu meinen Blog-Beiträgen nicht noch zusätzliche Informationen recherchieren kann. Das Suchfeld hier rechts oben ist gut dazu geeignet, in den bislang circa 650 Beiträgen, die ich seit 2008 verfasse, wirklich sehr viele Antworten auf die am meisten gefragten Fragen zu geben. Einfach einige Stichwörter, die interessieren eingeben, es kommt fast immer etwas dazu!
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Hallo, wäre es möglich die Links der Studien zu teilen? Oder die Namen? Wäre super, dankeschön.
Liebe Eliane, danke für Deinen Beitrag. Ich würde diesen sehr gerne auf meinem Blog teilen. Wenn es für Dich ok ist, dann freue ich mich über „grünes Licht“. Liebe Grüße aus dem Allgäu, Bettina
Danke für den Beitrag, Frau Zimmermann! Meine Leser fragen mich oft: welche Öle sind wegen erhöhter Lichtempfindlichkeit nicht empfehlenswert? Bzw. welche Inhaltsstoffe sind es? Grüne Grüße aus den Marken, Karin Mecozzi
Die Antwort steht in jedem guten Buch über ätherische Öle. Es handelt sich um diverse Moleküle aus der Gruppe der Furocumarine, wie beispielsweise hier erläutert: https://blog.aromapraxis.de/2010/01/15/cumarine-und-furanocumarine die wiederum auch tolle Eigenschaften wie antitumoral und stark stimmungsaufhellend vorweisen können https://blog.aromapraxis.de/2010/01/13/atherische-ole-gegen-tumore/ und auch hier https://blog.aromapraxis.de/2009/05/20/arme-aromatherapie
Was Furocumarine und Cumarine sind, weiß ich wohl :-), auch „lattoni sesquiterpenici“ usw., ich bezog mich hier eher auf die von Ihnen erwähnten Öle und Pflanzen, vielleicht habe ich mich nicht gut ausgedrückt. Danke trotzdem!
Toller Artikel, genau soetwas habe ich gesucht! Vielen Dank für das Teilen!
Lg Jette
[…] Wie man mit ätherischen Ölen Insekten vertreibt, beschreibt Eliane von Aromapraxis. […]
…gestern, nach dem Ausreiten überlegt welche Mischung ich für Pferd und mich mache…heute deinen Beitrag gelesen! Danke!!!
Liebe Grüße
Nini
Ich freu mich gerade riesig über deinen Beitrag.
Ich war in Reha. Die Klinik lag in einem Naturschutzgebiet – soweit so gut – blöderweise wurden wir dort aufgefressen von Stechmücken und Tigermücken. Meine Mitpatienten wurden massiv öfter gestochen als ich. Bei vielen gabs ne richtige „Beulenpest“. Normalerweise lieben diese Viecher mich auch… aber dieses Mal haben sie mich fast nicht beachtet….seltsam…
Irgendwann bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass es mein Hautöl sein muß… ohne es natürlich in irgendeiner Art und Weise belegen zu können… es war reines Bauchgefühl… und nun… tadaaaa… in meinem Mandelöl befindet sich neben Palmerosa, Neroli und Weihrauch auch Lavendel, Zeder und Rosengeranie 🙂 Ich freu mich im Nachhinein noch wie Bolle 🙂 Danke Eliane
Liebe Grüße
Andrea
das ist ja suuuper, freut mich!
[…] Quellen: Verwendung des Kokosöls als Insektenschutz Natürliche Mittel gegen Mückenstiche Insektenschutz für Groß und Klein […]