Unermüdlich wird an der Uni Bochum an den spannenden Rezeptoren geforscht, mit welchen fast alle Gewebe unseres Körpers ausgestattet sind. Übrigens riechen viele Krebsarten auch (oder gar alle?), so dass sich in diesem Bereich eine interessante Wechselwirkung abzeichnen könnte. Hunde können diverse Krebsarten mit recht hoher Sicherheit erschnüffeln. Nur weil unsere Nasen so untrainiert sind, und keine Krankheiten mehr erriechen können, heißt es noch lange nicht, dass Geruch und Krankheit irgendwie zusammen hängen.

Die Trefferquote von Hunden betrug bei Brustkrebs bei der ausgeatmeten Luft der betreffenden Patientinnen 98 Prozent, beim Urin allerdings nur 20 Prozent. Bei Blasenkrebs erkannten die Tiere 41 Prozent der betroffenen Personen anhand des Urins, bei Melanomen (schwarzem Hautkrebs) lag die Trefferquote bei 75–85,7 Prozent. Besonders gut erkennt die Hundenase Lungenkrebs, die Erfolgsquote liegt bei 99 Prozent. Bei Eierstockkrebs konnte Bello 97,5 Prozent der eingefrorenen Gewebeproben identifizieren (Moser & McCulloch 2010, McCulloch et al 2006). In Deutschland wurde dieses Ergebnis in der Klinik Schillerhöhe bei Stuttgart an 220 Personen bestätigt: Die trainierten Schnüffel-Hunde konnten mit wenigen Ausnahmen zwischen der Atemluft von 110 gesunden Personen, 60 Patienten mit Lungenkrebs und 50 Menschen mit COPD („Raucherhusten“) unterscheiden (Ehmann et al 2012). [Auszug aus meinem Fachbuch Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe, 7. Auflage 2022, Quellenangaben darin]. Doch nun zurück zur neuesten Pressemeldung aus Bochum, vom Juli 2018:

Duftrezeptoren finden sich in allen menschlichen Geweben und könnten auch für die Medizin interessant sein. Dies und was noch fehlt, um ihr Potenzial zu nutzen, beschreiben Bochumer Forscher in einem Übersichtsartikel.
Zahlreiche Studien belegen mittlerweile, dass Duftrezeptoren nicht nur für das Riechen relevant sind, sondern in allen Organen eine Rolle spielen. Einen Überblick über die bereits entdeckten Rezeptoren und ihre Funktionen im menschlichen Körper geben Prof. Dr. Dr. Dr. habil. Hanns Hatt und Dr. Désirée Maßberg vom Lehrstuhl für Zellphysiologie der Ruhr-Universität Bochum in der Zeitschrift „Physiological Reviews“, online vorab veröffentlicht am 13. Juni 2018. Sie gehen unter anderem auf potenzielle klinische Anwendungen, speziell im Bereich der Krebsdiagnose und -therapie, ein und arbeiten heraus, welche Schritte die Forschung noch gehen muss, um das Potenzial der Rezeptoren für die Medizin zugänglich zu machen.

Unterschiedliche zellbiologische Wirkungen
2003 wies das Team um Hanns Hatt erstmalig nach, dass Duftrezeptoren auch in Geweben außerhalb der Nase vorkommen und wichtige Funktionen erfüllen; seither konnten die Forscherinnen und Forscher in Bochum und in anderen Laboren die Rolle von Duftrezeptoren in mehr als 20 verschiedenen menschlichen Geweben beschreiben. Moderne Gensequenzierungstechniken trugen entscheidend dazu bei, neue Informationen über spezifische Verteilungsmuster zu erlangen. Es zeigte sich, dass pro Gewebe zwischen 5 und 80 verschiedene Arten von Duftrezeptoren zu finden sind.

„Duftrezeptoren außerhalb der Nase haben allerdings nichts mit Riechen im eigentliche Sinne zu tun“, sagt Hanns Hatt. „Wir sollten allgemeiner von Chemorezeptoren sprechen.“ Aktiviert ein Molekül einen solchen Rezeptor, kann das die Zellen anregen, sich vermehrt zu teilen, zu bewegen oder bestimmte Botenstoffe freizusetzen. Auch auf den Zelltod haben die Rezeptoren Einfluss. Das breite Muster an zellbiologischen Wirkungen beruht auf der besonderen Fähigkeit der Duftrezeptoren, sehr unterschiedliche Signalwege in Zellen anzuschalten.

Duftrezeptoren in Krebszellen
In Krebszellen gibt es oft Duftrezeptoren in großen Mengen, wobei die vorhandenen Rezeptortypen von denen in gesunden Zellen abweichen können. Die Bochumer Autoren beschreiben in dem Artikel, dass Duftrezeptoren somit als spezifische Marker für Tumore und ihre Metastasen dienen und hilfreich bei der Krebsdiagnose sein könnten. Außerdem sehen Hatt und Maßberg Potenziale für die Krebstherapie, vor allem bei Tumoren, die gut von außen für Duftstoffe zugänglich sind, wie bei Darm- oder Blasenkrebs.

„Außerdem sind Anwendungen im Wellness- und Pflegebereich denkbar“, beschreibt Hanns Hatt. Hautregeneration, Verdauung und Haarwachstum können über Riechrezeptoren reguliert werden. Das wird bereits bei Wundheilung und Verdauungsproblemen therapeutisch eingesetzt.

Intensive Forschung notwendig
Um das Potenzial der Rezeptoren für die oben beschriebenen Bereiche zu erschließen, ist laut den Autoren jedoch weitere intensive Forschung erforderlich. „Leider sind erst von etwa 50 der 350 menschlichen Riechrezeptoren die aktivierenden Duftstoffe bekannt“, gibt Hanns Hatt ein Beispiel. Als wichtige Forschungsaufgaben sieht er, weitere Duftrezeptoren zu entschlüsseln sowie die zugehörigen Signalwege zu finden und die Funktion der Rezeptoren im lebenden Körper aufzuklären.

„Die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in den klinischen Bereich zu transferieren, ist eine weitere große Herausforderung“, so Hatt. „In der Zukunft wird der Einsatz von Duftstoffen zur Aktivierung oder Blockierung der Rezeptoren für die Pharmakologie ein umfangreiches und breit wirksames Spektrum an neuen therapeutischen Möglichkeiten eröffnen.“

Die Originalveröffentlichung – Désirée Maßberg, Hanns Hatt: Human olfactory receptors: novel cellular functions outside of the nose, in: Physiological Reviews, 2018 – kann in englischer Sprache auf der Seite Physiology kostenlos runtergeladen werden.

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