Man gebe einer einst bedenklichen Substanz einen neuen Namen, und schon wird sie alltagstauglich – oder gar richtig schick. Zwar ist der Name Arborvitae oder Lebensbaum für die Thuja nicht wirklich neu, jedoch ist diese Bezeichnung im deutschen Sprachgebrauch nicht (mehr) üblich. Zumindest ist der Begriff Arborvitae botanischen Laien in der Regel nicht bekannt.
Lernten wir vor 30 und 20 Jahren noch, dass wir als medizinische Laien nicht unnötig mit dem ätherischen Öl des Thujabaumes hantieren sollten, da der Gehalt an neurotoxisch wirkendem Thujon beträchtlich sein kann, wird dieses Öl derzeit salonfähig gemacht. Wer hat’s erfunden? (Also diesen Marketing-Trick?!) Klar, ein MLM-Anbieter, der mit seiner Milliarde Dollar Umsatz und den über 3 Millionen „freien MitarbeiterInnen“ prahlt, auf dessen Parolen immer mehr Menschen reinfallen. Und der gerne mit englischen Namen von Ölen um sich „wirft“, das soll wohl exklusiv und „in“ klingen. Auf diese Weise kann ein deutlicher Unterschied zu alt deutschsprachigen – als mondän und altmodisch bewerteten oder gar abgewerten – Öleanbietern suggeriert werden.
Kaum erhältliche Öle – bislang
Es gibt (bislang eher selten) drei unterschiedliche ätherische Öle aus
- Thuja orientalis L. (jetzt: Platycladus orientalis) Morgenländischer Lebensbaum (Cedar leaf, White cedar, Eastern white cedar, swamp cedar), der bis zu 20 Meter hohe Baum stammt aus Korea und China
- Thuja occidentalis L., Abendländischer/Amerikanischer Lebensbaum (Northern white-cedar, Eastern arborvitae), der bis zu 15 m hohe Baum stammt aus Nord-Amerika und gilt als stark giftig
- Thuja plicata Donn ex D.Don, Riesen-Lebensbaum (Pacific red cedar, Giant arborvitae, Western arborvitae) der bis zu 70 m hohe Baum stammt aus dem pazifischen Westen der USA und Kanadas
Keines dieser Öle ist ein Zedernöl, wie immer häufiger behauptet wird (auch so ein irreführender Amerikanismus). Wer einmal eine im deutschsprachigen Raum sehr verbreitete Thuja-Hecke geschnitten hat, kennt den mehr oder weniger stark benebelnden Effekt. Auch das frisch geschnittene Holz, es wird gerne für pflegeleichte Fassaden verwendet, kann Kopfschmerzen und Benommenheit verursachen (darum wird es nicht für den Innenausbau verwendet). Die bekannten Holzklötzchen für den Kleiderschrank, welche Motten abschrecken, sind meistens aus Thujaholz angefertigt (und nicht aus Zedernholz, zugrunde liegt der englische Begriff cedar, der für viele Bäume, die irgendwelche Zapfen tragen, üblich ist).
Meistens werden die Zweige destilliert, das ist für Baum-Öle immer die schonendere, weil lebenserhaltende Variante. In meinem Fachbuch Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe (6. Auflage) beschreibe ich das Öl von Thuja occidentalis auf den Seiten 523 und habe es mit Ausrufezeichen versehen, was bedeutet: potenziell (neuro)toxisch (wenn nicht mit äußerster Umsicht und von geschulten Personen eingesetzt). Die wesentlichen Inhaltsstoffe aus der Analyse sowie der Rest dieses ausführlichen Artikels befindet sich im Sonderheft der aromaMAMA-Edition Ich glaub‘ ich steh im Wald – über Nadelöle, Waldbaden, Öle aus Kraftbäumen, antiviral wirksame Baum-Moleküle etc.Mit Vergleichstabellen zu den ähnlichen und doch so unterschiedlichen Nadeldüften und auch über extrem entspannend wirksame ätherische Öle beispielsweise aus den riesigen Blüten von einem meiner Lieblingsbäume, der riesigen immergrünen Magnolie. Hier gehts zum gedruckten Magazin und zum zweiten Teil des Artikels.
WERBUNG :: Unbezahlter Link, vielen Dank liebe Frau und Herr Lindenmann für das wundervolle Riechset, diese Nadelhölzer-Box (Foto oben) bringt einen zum Staunen. Welch eine Vielfalt schon allein bei diesen 24 Düften! Ich liebe dieses Set!
Liebe Eliane,
danke, danke, danke, dass du das immer so exakt recherchierst, was andere möglicherweise nur behaupten. Ich habe einen Prospekt einer solchen Firma bekommen, in dem empfohlen wurde, Zimtöl 1:3 mit fettem Öl zu mischen. Und dann ab auf die Haut damit. Meiner Haut möchte ich das keinesfalls zumuten.
Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft – damit mehr wissenschaftliche „Wahrheit“ über ätherische Öle von dir zu lesen ist.
Herzlichst
Christiane
Daaaanke, liebe Christiane! Zimtöl in dieser Nicht-Verdünnung, das kann doch fast nicht ernst gemeint sein, haarsträubend!
Liebe Eliane,
ich glaube Sie haben sich so aufgeregt, das ein kleiner Fehler passiert ist: westlich (wo die Sonne aufgeht) und östlich (wo die Sonne untergeht).
Es ist doch umgedreht 😉
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen, ich lese hier immer wieder gerne!
Sabine
Griiiins, daaaanke!Das ist wieder typisch für mich, passiert mir öfters, bin zwar „nur“ Dykalkulie-Leidende, doch ich habe immer Probleme mit Okzident und Orient! Vielen Dank für den wertvollen Hinweis! Es ist korrigiert!
Wunderbar, so klare Fakten zu lesen! Das Öl wird von bestimmten Kanälen in den social media tatsächlich ziemlich promotet. Da ich Instagram viel nutze, kann man gewissen amerikanischen Firmen, wenn man sich für ätherische Öle interessiert, kaum entgehen. Ich halte mich als Referenz immer an ihre super-fundierten Bücher („Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe“ liegt seit einem 3/4 Jahr zum abendlichen Schmökern auf meinem Nachttisch), und Ihren Blog! Vielen Dank für Ihre tolle Arbeit!
Danke für dieses sehr sympatische Lob!
LIebe Eliane, vielen Dank für diesen interessanten Artikel. Ich bin ein großer Fan Ihrer Arbeit, besitze alle Bücher und schaue auch fast jedes Webinar von der Aromamama Seite. Immer mit Begeisterung, Ihre Erfahrung ist eine echte Bereicherung für mich und meine Arbeit, die ich im Übrigen für oben beschriebenes Unternehmen verrichte. Auch für mich ist es extrem wichtig, sehr genau zu prüfen, was man Menschen empfiehlt. Deshalb bin ich irgendwann mal auf Sie gekommen. Das ist gut so!!! Beste Grüße
Prima, wenn ich für ein winziges bisschen Aufklärung auch bei Multinationals sorgen kann, bin ich zufrieden… (ich finde es jedoch immer wert, sich für kleine, lokale, inhabergeführte Firmen einzusetzen, gerade in diesen schweren Zeiten für kleine Unternehmen)
Sensationell interessant und hilfreich – herzlichen Dank!
Liebe Eliane,
ich bin auf der Suche nach einem ätherischen Öl, welches die Substanz Hinokitiol (β-thujaplicin) enthält. Laut Wikipädia wäre es in der Thuja plicata. Wikipädia sagt auch, dass diese Substanz auch in Kosmetika oder Zahnpasta verwendet wird. Meine Frage ist, kann man das verdünnte Thujaöl auf die Haut auftragen? Wird es die oben genannte Substanz auch in dem Thuja orientalis oder Thuja Occientalis geben?
LIebe Grüße
Hallo Joanna, da ich nicht viel davon halte, Öle nach einzelnen „kleinen“ Inhaltsstoffen zu beurteilen und einzusetzen, kenne ich solche „Minis“ oft gar nicht, schon gar nicht, wenn sie aus nicht in der Aromapflege gebräuchlichen äÖ stammen. Dazu kommt noch das Thema der Nachhaltigkeit und des Respektes gegenüber Bäumen: Wir haben so viele sanft antiseptisch wirkende äÖ aus schnell nachwachsenden Kräutern und Gewürzpflanzen, dass wir sehr umsichtig mit Holzölen umgehen sollten. Sanft antiseptisch wirksame Hydrolate sind für die Zahnpflege den Ölen vorzuziehen (zB Thymian, Bohnenkraut, Zimtrinde). Die Ressourcen, was äÖ anbelangt, werden durch den modischen Überkonsum knapp und knapper, das ist eine tragische Entwicklung. Insbesondere immer mehr Holz- und Harzöle rutschen auf die „Rote Liste“ der gefährdeten Duftpflanzen. Da dieser „exotische“ Inhaltsstoff auch in Hiba-Öl, also Thujopsis dolabrata, enthalten ist, wäre es evtl sinnvoll, dessen Zusammensetzung zu finden, ich habe keine Analyse vorliegen, weiß also nicht, ob potenziell toxische Inhaltsstoffe wie Thujon, das eben Thuja-Bäume ausmacht, enthalten sind. Ich habe dieses Öl seit vielen Jahren von Maienfelser, Herr Lindenmann, der Gründer und Eigentümer (bei Heilbronn) ist extrem umweltbewusst und destilliert Baumöle wenn möglich (in kleinen Mengen) von umgefallenen Bäumen seiner Gegend. Ich habe dieses Öl gerne auf meinen Garten-Wochen-Exkursionen https://irland-wandern.de/wanderurlaub/garten-reisen/ dabei, denn dieser extrem langsam wachsende, sehr hübsche Baum gehört hier in Südwest-Irland meistens zur „Grundausstattung“ der vielen subtropisch anmutenden Gärten. Der Name kommt ja von Hinoki, dieses Öl samt Hydrolat habe ich auch hier, der extrem rauchige Geruch sagt mir nicht unbedingt zu, dieses habe ich auch von Maienfelser. Der Gehalt an β-Thujaplicin ist trotz der Namensgebung Hinokitiol geringer als in Hiba. Zum Gebrauch von Thuja, hatte ich mal einen ausführlichen Artikel zusammen gestellt: https://aromapraxis.de/2019/08/19/thuja-oder-arborvitae-ist-keine-zeder-und-das-oel-fuer-laien-problematisch/
Liebe Eliane,
vielen herzlichen Dank für die ausführliche Antwort.
Sehr geehrte Eliane,
vielen Dank für Ihren tollen Beitrag und Ihr Bemühen über stark gesundheitsschädigende „Empfehlungen“ aufzuklären. Meine Schwester ist momentan schwanger und wenn ich mir vorstelle, jemand empfiehlt ihr jetzt, ätherisches Thujaöl innerlich einzunehmen… Da gerate ich an meine Grenzen. Deswegen danke für Ihre Arbeit!
Vor einem Jahr habe ich mir die gleiche Schnupperbox von den heißgeliebten Maienfelsern bestellt wie Sie. Ich bin jetzt jedoch über die Anwendung des Thujaöls verwirrt und würde im Zweifel nur wenige Tropfen im Aromadiffusor vernebeln. Wir haben jedoch einen Hund im Haus und ab und an meine schwangere Schwester zu Besuch und beide will ich nicht schädigen. Sollte ich also die Finger von Thuja lassen?
Beste Grüße
Rebecca
Danke für Ihr nettes Lob! Warum sollte Thujaöl in ein Vernebler-Gerät gegeben werden? Ich sehe keinen Grund. Es ist ein tolles Öl, beispielsweise bei einer kurzzeitigen lokalen Anwendung, beispielsweise bei einer Warze (von Menschen über 14 Jahren). Oder anderen viral bedingten Hautproblemen. Aber nicht „großflächig“ und schon gar nicht in der Nähe von „empfindlichen Nervensystemen“, also genau: nicht bei Schwangeren, Haustieren, Kleinkindern, Babys. Niemand wird durch kurzes Schnuppern/Einatmen davon geschädigt, doch bei Dauer-Anwendung über Stunden oder gar Tage sind Probleme nicht auszuschließen. Bei einem Öl mit sehr viel weniger Thujon-Anteil wurde mir von einer Kursteilnehmerin von epileptischen Anfällen bei ihrem Hund berichtet, es war Salbeiöl, leider von ihrem Mann unwissentlich stundenlang in einer Duftlampe vernebelt. Darum warne ich lieber einmal zu viel als zu wenig. Zudem kenne ich meine eigenen Reaktionen auf frisch geschnittene Thuja (Zweige und Holzbretter), und ich bin nicht unbedingt eine Mimose, was sowas anbelangt!
Ich nutze Thuja sehr gerne zum Räuchern, habe nur gute Erfahrungen gemacht.Innerlich würde ich nichts einnehmen da es ein Gift ist.Aber Räuchern ist absolut super und auch ein Essig zum Putzen ist toll.
Echtes Zedernholzöl darf auf die Haut ist sehr gut gegen Juckreiz.
Und die Dosis macht das Gift also beim Räuchern auch immer gut lüften.
Liebe Grüße
c.Vogel
Na klar, auch beim Öl macht die Dosis das Gift. Also zum Räuchern eher die Zweige als Holzstückchen nehmen? (ich vermute, beides wäre möglich). Ja, Cedrus-Öl habe ich gerade beim Hund bei akutem Juckreiz im Einsatz.