Seit ich mich mit (selbst gemachter) Naturkosmetik und Aromatherapie beschäftige (80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts!), frage ich mich, warum fast überall – in Büchern, Kursen, Vorträgen – behauptet wird, dass fette Pflanzenöle feuchtigkeitsspendend sein sollen. Irgendwie habe ich mich dran gewöhnt und gelernt, dieses ungute Gefühl des Falschseins zu übersehen und zu überlesen. Vor einigen Tagen gab es dann von Kosmetikerin Martina Gräf von Slow Beauty Cosmetics einen Beitrag auf Instagram mit genau diesem Thema.
„Isst du auch immer Butter wenn du durstig bist?“ lautet ihre provokative Frage. Ich begann intensiv zu schmunzeln, aufzuatmen und fühlte mich endlich verstanden. Ich gehe also mit Martina völlig d’accord: Kein (reines) Fett dieser Welt kann Feuchtigkeit spenden!
Die stets völlig unkritisch weiter gegebene fehlerhafte Behauptung führt dazu, dass Menschen mit trockener Haut sich ständig einölen und balsamieren und sich dann wundern, warum ihre sehr durstige Haut so undankbar reagiert. Wenn sie Pech haben, geht es sogar so weit, dass ihre Haut noch trockener wird, geradezu schuppig und schrumpelig.
Seit ich mich mit Hydrolaten befasse, also seit circa 20 Jahren, empfehle ich, vor dem Einölen etwas (Rosen-)Hydrolat auf die Haut zu sprühen oder das Einölen nach dem Duschen oder Baden und nur Trockentupfen vorzunehmen, wenn die Haut also (noch) feucht ist. Insbesondere für die Pflege von alten Menschen ist dieser Ratschlag enorm wichtig. Aber auch Menschen mit gestörter Hautbarriere-Funktion (diese führt dann zu Ekzemen) können mit reiner Ölpflege ihre Haut noch mehr stressen.
Gelegentliches Einölen oder ab und zu eine Aromamassage mit einer Ölmischung stellt freilich kein Problem dar, es geht um die tägliche oder mehrfach wöchentliche Pflege. Ein Öl oder ein öliger Balsam kann Haut, die noch ihre eigene Feuchtigkeit bewahren kann, vor unnötiger Verdunstung schützen und somit indirekt die Feuchtigkeit bewahren. Insofern mag man von „feuchtigkeitsunterstützend“ oder so ähnlich sprechen, aber sicher nicht von „spendend“.
Eine so genannte Schüttel-Lotion (oder Zwei-Phasen-Lotion oder auch Second Skin) ist dagegen ein wertvoller Begleiter für die morgendliche und abendliche Pflege, wenn sie sich gut auf der Haut anfühlt. Es gibt so viele allerfeinste fette Öle, das perfekte Öl muss also erst gefunden werden. Pflanzenöle sind ja keine simplen öligen Flüssigkeiten wie ein Mineralöl, sie sind Vielstoffgemische, bestehen aus mehr oder weniger ungesättigten Fettsäuren, enthalten alle ihre eigenen teilweise wundersam therapeutisch wirksamen Fettbegleitstoffe, dazu auch fettlösliche Vitamine. Sie sind also sehr unterschiedliche Produkte, den oder die Lieblinge müssen erst heraus gefunden werden. Für den Anfang würde ich Bio-Olivenöl verwenden, es steht vielleicht sowieso in der Küche, ist preiswert und kombiniert hervorragend Pflege und Verträglichkeit.
Dazu gibt es inzwischen eine gute Auswahl an schönen Hydrolaten, auch in diesem Bereich muss ausprobiert werden, das zu momentanen Situation der Haut passende perfekte Pflanzenwasser muss identifiziert werden. Je nach gewählten Rohstoffen eignet sich diese „Lotion“ (echte Lotionen werden mit Emulgatoren hergestellt, wir schütteln stattdessen vor jeder Anwendung) bei Gürtelrose, bei Schuppenflechte, bei zu Rötungen neigender Haut, bei chemo-strapzierter Haut, bei trockenen Nasenschleimhäuten und auch ganz trivial als Körperpflege und/oder als Abschmink-Lotion.
[WERBUNG zu erprobten Bio-Rohstoffen] Um sie schnell herzustellen, geben wir in ein 30-ml-Glasfläschen (oder Braunglas):
- 15 ml fettes Öl (in meinem Fall Olivenöl oder Vanillemazerat oder Aprikosenkernöl mit jeweils ein paar Tropfen fruchtig duftendem Passionsfruchtkernöl und dem nach Amaretto duftenden Pflaumenkernöl), dazu 2-3 Tropfen des orangefarbenen und wunderbar entzündungshemmend und tief pflegend wirkenden Bio-Sanddornfruchtfleischöles
- mit 3 Tropfen ätherischem Öl gut verschütteln (die Idee zu meiner Lieblingskombi habe ich von Evelyn Deutsch: je ein Tropfen Orangenöl, Rosengeranienöl und Sandelholzöl, neukaledonisch, Bezugsquelle über den Aromapflege-Link rechts unten)
- 15 ml Hydrolat dazu geben. Nach langem Experimentieren komme ich immer wieder zu Rosenhydrolat zurück.
Vor jeder Anwendung gut durchschütteln, schnell ein paar Tropfen von diesem Gemisch auf die Hand geben und auf die gewünschten Stellen einreiben. Mit dem hauteigenen Talg vermischt, entsteht fast eine Art Emulsion – ganz frisch, ohne bedenkliche Inhaltsstoffe, ganz nach dem individuellen Geschmack und der momentanen Befindlichkeit der Haut.
Da sich das Öl als Fettschicht auf das Hydrolat legt, schützt es dieses empfindliche Pflanzenwasser ein klein wenig vor dem Verkeimen. Diese Schüttel-Lotion ist circa 4-6 Wochen haltbar, je nach hygienischer Handhabung, Raumtemperatur und Lichteinfall.
Die schnell gemachte Schüttelsalbe (zur Rezeptidee) sollte auch erst nach dem befeuchten der Haut mit einem Hydrolat oder mit Wasser angewendet werden, zumindest wenn sie wochenlang angewendet werden soll.
Zur ersten aromatischen Fabel dieser Reihe geht’s hier. Zu meinen Frühlings-Kursen im März in Bern, unter anderem destillieren wir, geht es hier, danach unterrichte ich bei Vivere im Hunsrück über evidenzbasierte Aromapflege.
Liebe Eliane… WOW kann ich nur sagen! Schon wieder so ein wertvoller aufklärender Beitrag; zudem mit einem wundervollen Rezept, das ich gleich ausprobieren mag!
Ich bin ein absoluter Fan vom Einölen des Körpers; variiere hier die ätherischen Öle, die gerade für mich zur Jahreszeit, zur aktuellen Vorliebe passen. Immer gern NACH dem Baden oder Duschen – so ist die Feuchtigkeit beim Einölen gleich mit dabei. Es gibt für mich kaum eine schönere Körperpflege und das im Bewusstsein, des „Körper achtens“. Denn beim Einbalsamieren dürfen wir auch unsere – meist ja ungeliebten Fettröllchen – durchaus dann mal ein liebevolles Hallo zurufen 🙂 … herzlich. Beate
sehr schöner beitrag. danke
es bekräftigt mich in meiner vorgehensweise
und erklärt schlüssig was eigentlich naheliegt.
fluids sind doch auch mit einem hohe. anteil
an hydrolaten versetzt. und diese geben der haut
ja auch feuchtigkeit.
schüttellotionen wie ich sie von sabrina herber kennen
lernen durft sind somit eigentlich in der pool
position ? und das tolle daran, sie sind schnell
hergestellt und einfach in ihrer handhabung. genau
das richtige für uns/mich kamotten, salbenrührendfaule
männer?
Liebe Eliane. Danke für einen wirklich informativen Artikel. Ich staune auch, wie viele nicht wissen, dass Öle keine Feuchtigkeit spenden. Und daher kommt ja auch die falsche Meinung von vielen, dass man bei fettiger Haut keine Gesichtsöle benutzen sollte. Ich selbst benutze erst ein Hydrolat (je nachdem wie meine Haut sich gerade anfühlt mit Rosenwasser oder Hamamelis o.ä.) und massiere dann auf die noch feuchte Haut mein Gesichtsöl ein. Meine Haut ist so viel besser geworden.
Danke für dieses nette Feedback!
Danke für den tollen Beitrag. Ich habe beim Lesen ein wenig geschmunzelt, denn ich hatte vor auf meinem Blog etwas über meine Lieblingsschüttellotion zu schreiben. Das habe ich nach Deinem super Beitrag zurückgestellt bis irgendwann.
Schönen guten Tag,
Ich benötige dringend einen guten Rat in punkto Feuchtigkeit und Immortellegesichtscreme.
Mein Mann hat starke Lichtschäden besonders auf Dekolleté und Gesicht. Er kommt mit den Naturprodukten einer kleinen Naturkosmetikfirma sehr gut klar. Allerdings ist die Haut eben recht trocken. Er ist so glücklich eine Pflege gefunden zu haben, die keine Rötungen und Schwellungen hervorruft. Welches ergänzendes Pflanzenwasser zur Feuchtigkeitsversorgung können Sie empfehlen, welches sich auch mit weißem Hautkrebs verträgt?
Wäre sehr dankbar für einen Tipp.
Herzlicher Gruß
Hallo Silvia, ich befinde mich auf den letzten Seiten meines achten Buches und kann im Moment keine individuellen Fragen beantworten. Viele Grüße EZ
Hallo Frau Zimmermann,
vielen lieben Dank für Ihre vielen tollen Artikel!!!
Bin gerade dabei Ihre Berichte durchzulesen, bzw. ich verschlinge Sie förmlich, da ich (noch) Laie bin und mir eben viel Wissen fehlt.
Bitte machen Sie weiter so 👍, damit der Laie, wenigstens den Hauch einer Chance hat, sich in dem Wusel von teilweise falschen Berichten und Kundgebungen zurechtzufinden. Nach meinem Gefühl sind Sie mit einigen wenigen anderen Personen eine vertrauenswürdige, kompetente und authentische Quelle! Danke dafür! 🙏 ☺️
Auch bei diesem Blog ist es so, dass auch ich mir nicht wirklich bewusst war, dass fette Öle nicht feuchtigkeitsspendend sind, sondern allenfalls „feuchtigkeitsunterstützend“.
Ist es denn so, dass durch eine Lotion (Gemisch aus Wasser und Öl- wenn ich es richtig verstanden habe;-) , die sich darin befindliche Feuchtigkeit eingeschleust werden kann und dass durch das Auftragen dieser auf die noch nasse Haut zusätzlich Feuchtigkeit aufgenommen werden kann?
Im Gesicht neige ich zu Rosacea (Acne papulopustulosa), daher lasse ich fettige Öle im Gesicht sowieso komplett weg . Ich nutze immer reines Aloe-Vera-Gel aus meiner Pflanze, die ich zuhause habe und führe mir sonst nichts zu! Fette Öle teilweise zur Pflege und trage diese dann auch gern auf die nasse Haut.
In einem Bericht aus der ApothekenUmschau habe ich nun aber gelesen, dass es blödsinnig sei, fettes Öl auf die noch nasse Haut aufzutragen:
https://www.apotheken-umschau.de/Haut/Haut-pflegen-mit-Oel-553739.html
Ja was denn nun, fragt man sich 😉 ?
Ich denke, Sie haben viel zu tun; können sicherlich nicht alles beantworten, aber vllt. ergibt es sich ja doch!
Ganz liebe Grüße und noch ein dickes Danke!
David
Hallo David, Ihr Hinweis ist sehr interessant. Dieser Satz widerspricht allerdings der langjährigen Erfahrung aller meiner KollegInnen und mir. Er stammt sicherlich einem labor-orientierten Denken. Freilich vermischt sich Öl nicht mit Wasser, wenn sie jeweils ganz sauber und in neutraler Umgebung vermischt werden sollen. Doch vergessen wird wieder einmal der lebendige Organismus. Aus unserer (gesunden) Haut befindet sich (hoffentlich!) Talg und auch etwas salzhaltiger Schweiß, diese wirken bei einem feinen feuchten Film wie beispielsweise durch das Aufsprühen von etwas Rosenhydrolat wie ein Emulgator. Somit wird die Haut sehr angenehm und aus meiner Sicht und Erfahrung tatsächlich feuchtigkeitspflegend versorgt. Aber warum probieren Sie es nicht einfach aus! Optimale Hautgesundheit entsteht freilich von Innen, durch tägliches Essen von sehr unterschiedlichen Fettsäuren. Bei Hautproblemen sollten diese Öle auf alle Fälle gamma-Linolensäure enthalten, beispielsweise in Nachtkerzenöl. Ohne „Einölen von Innen“ können wir schmieren und spachteln, die Haut wird nie optimal versorgt. Die Zellteilung und Elastizität der Haut hängt also vor allem vom der Ernährung (und genetischen Faktoren ab), von Außen liefern wir vor allem Unterstützung dazu, kurieren jedoch nicht grundlegende Hautprobleme. Schauen Sie mal bei meiner Kursteilnehmerin Maria Rose vorbei, sie hat nach einem kleinen Tipp von mir ihre Rosacea gut in den Griff bekommen. PS Oft sind Artikel in solche kostenlosen Werbe-Zeitschriften nicht von PraktikerInnen geschrieben, sondern von JournalistInnen, diese haben dann selten die praktische Erfahrung mit Dingen, über die sie recherchieren, beachten Sie den Tippfehler „Olicenöl“, das sollten einem über die Gründlichkeit eines solchen Artikels zu denken geben!)