In meinem zweiten Heimatland Brasilien geht es inzwischen leider so richtig rund, die Epidemie rafft die Armen, die Unterernährten, die Unterprivilegierten und auch die indigenen Völker nur so dahin. So freue ich mich über eine ganz neue brasilianisch-amerikanische Arbeit, in dieser stellen die Autoren die Hypothese auf, dass bestimmte Inhaltsstoffe ätherischer Öle mit Schlüsselproteinen des 2019 auftretenden schweren akuten respiratorischen Syndroms Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) interagieren könnten. Denn ätherische Öle zeigen sich immer wieder als vielversprechende antivirale Mittel gegen unterschiedlichste pathogene Viren.
Viren sind keine Lebewesen, sondern Erbgut-Partikel, die an lebende Organismen andocken müssen. Mittels einer molekularen Docking-Analyse wurden in diesen Experimenten Reaktionen diverser gefährlicher Enzyme des SARS-CoV-2-Erregers auf 171 Ätherische-Öl-Moleküle untersucht.
Nun nicht erschrecken, es folgt „Labor-Chinesisch“: Die Verbindung mit dem besten normalisierten Andockwert an SARS-CoV-2 Mpro war der Sesquiterpen-Kohlenwasserstoff (E)-β-Farnesen. Die besten Andockliganden für SARS-CoV Nsp15/NendoU waren (E,E)-α-Farnesen, (E)-β-Farnesen und (E,E)-Farnesol. (E,E)-Farnesol zeigte das exothermste Andocken an SARS-CoV-2 ADRP. Leider waren die Andockenergien von (E,E)-α-Farnesen, (E)-β-Farnesen und (E,E)-Farnesol an SARS-CoV-2-Targets im Vergleich zu den Andockenergien an andere Proteine relativ schwach und es ist daher unwahrscheinlich, dass sie mit den Virustargets interagieren. Weiter unten erläutere ich dieses Duftmolekül.
Die Autoren folgern dennoch, dass Naturduft-Moleküle synergistisch wirken können, ätherische Öle können also – ähnlich wie bereits bei Antibiosen bekannt und bewährt – andere antivirale Wirkstoffe potenzieren oder sie können somit eine gewisse Linderung der COVID-19-Symptome bewirken.
Denn es wurden synergistische Effekte zwischen ätherischen Ölen und synthetischen antiviralen Mitteln beobachtet. Es gibt beispielsweise einen antiviralen Synergismus zwischen dem ätherischen Öl der Apfelminze (Mentha suaveolens) und Acyclovir bei HSV-1 [Civitelli L, Panella S, Marcocci, ME, De Petris A, Garzoli S, Pepi F, Vavala E, Ragno R, Nencioni L, Palamara AT. In vitro inhibition of herpes simplex virus type 1 replication by Mentha suaveolens essential oil and its main component piperitenone oxide. Phytomedicine 2014, 21, 857–865].
Ebenso potenzierte das ätherische Öl der Echten Melisse (Melissa officinalis, Foto rechts) die Aktivität von Oseltamivir gegen das Vogelgrippevirus H9N2 [Pourghanbari G, NiliH, Moattari A, Mohammadi A, Iraji A. Antiviral activity of the oseltamivir and Melissa officinalis L. essential oil against avian influenza A virus (H9N2). VirusDisease 2016, 27, 170–178].
Ätherische Öle können die Virulenz reduzieren
Darüber hinaus können ätherische Öle aufgrund ihrer lipophilen Eigenschaften die Umhüllung der Viren destabilisieren, somit die Virulenz reduzieren und womöglich den Verlauf der Erkrankung abfedern.
Abgesehen von der antiviralen Wirkung können ätherische Öle bekanntlich zur Linderung der Symptome von COVID-19 beitragen. Beispielsweise haben Linalool, β-Caryophyllen und 1,8-Cineol sowohl entzündungshemmende als auch schmerzlindernde Wirkung, Thymol kann sehr unterstützend bei Husten wirken [Gavliakova S, Biringerova Z, Buday T, Brozmanova M, Calkovsky V, Poliacek I, Plevkova J. Antitussive effects of nasal thymol challenges in healthy volunteers. Respir. Physiol. Neurobiol. 2013, 187, 104–107]. Benzoe-Extrakt beruhigt das zwanghafte Husten und unterstützt die psychische Last der PatientInnen.
Zurück zum Inhaltsstoff Farnesen der brasilianisch-amerikanischen Untersuchung: Ich habe mal mein Fachbuch durchgekämmt, um zu schauen, wo wir die unterschiedlichen Farnesen-Moleküle finden, es handelt sich um recht einfache C-15-Ketten, also Sesquiterpene. Zunächst einmal ein anderes Einsatzgebiet der Natur von β-Farnesen: Blattläuse können dieses Molekül herstellen, denn sie benötigen es als Alarm-Pheromon, sie sondern es in gefährlichen Situationen ab, um ihre Artgenossen zu warnen, d.h. sie können sich mit diesem Duftmolekül „zurufen“, wenn Gefahr in Verzug ist.
α-Farnesen duftet sozusagen „grünlich-frisch“, es wird wird von Feuerameisen als Pheromon zur Markierung ihrer Weges gebildet und eingesetzt, so wird Verlaufen verhindert und der Zusammenhalt der Gruppe gesichert. Dieses Duftmolekül macht auch den Duft von grünen Äpfeln aus und prägt den Duft von Gardenien (großes Foto ganz oben), die wir als wunderbar duftendes Monoi-Mazerat kennen.
Deren anderer Inhaltsstoff könnte als „Natur-Valium“ laut einer deutschen Studie Karriere machen, wenn er denn in großer Menge natürlich verfügbar wäre (darum steht eine schöne Gardenie bei mir 😉 denn es gibt kein bezahlbares ätherisches Öl oder Absolue aus diesen rosenähnlichen Blüten). Dafür finden wir α-Farnesen im lieblicheren Jasmin sambac (nicht so „schwül“ wie Jasminum grandiflorum, kleines Foto links), mit dessen Blüten guter japanischer Grüntee aromatisiert wird, ist nicht wenig – bis zu 18 Prozent – α-Farnesen enthalten. Zudem finden wir unterschiedliche Farnesene in
- Deutsche Kamille, Matricaria recutita (gut 30 Prozent)
- Schafgarbe, Achillea millefolium (circa 15 Prozent)
- Ingwer, Zingiber officinale (je nach Herkunft 0-25 Prozent)
- Ylang Ylang, Cananga odorata Komplettdestillat (6,5 Prozent)
- Zitronenverbene, Aloysia triphylla (4 Prozent)
- Jasmin, Jasminum grandiflorum (bis 3,5 Prozent)
- auch Mandarine und Karottensamen enthalten kleine Mengen dieses grünen Duftes
Wie in vielen anderen Untersuchungen bestätigt, dienen diese uralten Duftmoleküle den Pflanzen als „Apotheke“, damit sie sich gegen die unterschiedlichsten Krankheitskeime schützen können. Damit können Abwehrmechanismen ausgeübt werden, d.h. die „Schutzschilde“ der kleinen Angreifer können stark beschädigt werden. Da wir Menschen mit vielen Rezeptoren ausgestattet sind, die denen der Pflanzen ähneln oder gar identisch sind, können diese Wirkstoffe aus ätherischen Ölen uns in vielen Fällen zusätzlich vor Angriffen durch Mikroorganismen schützen. Denn unsere Körper können mit dieser „Pflanzenapotheke“ durchaus etwas anfangen, sie also bei drohenden Infektionen nutzen.
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Liebe Eliane,
wie spannend! Danke fürs Zusammensuchen und Mitteilen
Liebe Grüße
Anna
artikel interessant. leider disqualifiziert er sich aber durch die wenig fundiert und plakative aussage der einleitung. es sterben zwar in brasilien leute an corona (wie ueberall auf der welt, aktuell ca 20k bei 220 mio einwohner) genauso wie sie an grippe und anderen infektionskrankheiten sterben. aber niemand wird epedimiehaft dahingerafft oder gar bevölkerungsgruppen ausgerottet. Leider sterben viele an den folgen der coronamassnahmen. weil Krankenhäuser dicht machen und leute angst haben zum arzt zu gehen. wer versucht einen seriösen artikel so einzuleiten macht die kernaussage des gewollten unglaubwuerdig. mehr schein als wissen….
Oh danke für diesen typisch deutschländischen respektvollen Kommentar (doch wie kommt, es, dass die Großbuchstaben der deutschen Sprache fehlen?). Ich habe einen emotionalen Bezug zu diesem schönen Land Brasilien, ich bin dort zur Schule gegangen, mein Vater war dort nach seinem Posten als Diplomat lange zu Hause, ich kann mir – denke ich – so einen mitfühlenden Einleitungssatz erlauben.
So ein Satz zeugt nicht „von mehr Schein als Wissen“, wie Sie glauben über mich und meine Qualifikation richten zu müssen.
Ich bin anderer Meinung als Sie: Durch Betroffenheit disqualifiziert sich kein Schreiber dieser Welt.
Da ich meine über 30 Jahre Erfahrungen in meine evidenzbasierten Blogtexte einfließen lasse, disqualifiziere ich auch nicht die Arbeiten der diversen Forscher, die sich mit diesem Themengebiet befassen.
Ich bin genau wie Sie der Meinung, dass viele der Corona-Maßnahmen die Menschen erst richtig krank machen, doch das hat rein gar nichts mit meinem Blog zu tun.
Sehr geehrte Frau Zimmermann,
vielen Dank für diese aktuellen und interessanten Informationen. – Sie haben hinsichtlich der fraglichen Substanzen einige Pflanzen(öle) genannt, die einen gewissen Gehalt davon aufweisen.
Da auch ich mich seit über 30 Jahren sehr für ätherische Öle und Botanik interessiere, würde ich gerne einige weitere aussichtsreiche Öle/Pflanzen zu Ihrer Liste hinzufügen bzw. zur Diskussion stellen:
Citrus aurantium ssp. aurantium (Neroli)
Santalum spicatum (Sandelholz)
Santalum lanceolatum (Sandelholz)
(Gerade bei den beiden Sandelholzarten ist der Gehalt bemerkenswert.)
Bleiben Sie gesund und weiterhin so produktiv-interessiert!
(…und lassen Sie sich nicht von Neidern & Provokateuren ärgern!)
Liebe Frau Zimmermann!
Danke für den spannenden Artikel und das Teilen Ihres Wissens! Hätten Sie vielleicht einen Tipp/Rezeptvorschlag, wie die genannten Öle am besten als präventive Maßnahme oder begleitend bei Infekten angewandt werden können?
Liebe Grüße
Izabel
Gerne! Schon im Herbst 2020 getan! Einfach „antiviral“ im Suchfeld rechts eingeben (oder „Viren“ im Kategorien-Klpaa-Menü), dann kommen einige (29) recht ausführliche Artikel, beispielsweise hier https://aromapraxis.de/2020/08/28/aromatherapie-in-nase-und-rachen-schutz-vor-viren/ oder https://aromapraxis.de/2020/04/15/eucalyptol-als-moegliche-hilfe-bei-schweren-viralen-infekten/
Vielen Dank!!
Ein spaltendes Thema, leider, wie man an einem Kommentar hier gut sehen kann. Nichtsdestotrotz halte ich deine Seite, Eliane, für führend, wenn es um Aromatherapie geht. Ich habe bereits bei den ersten Schreckensmeldungen zu Corona auf dein Nasenpflegeöl vertraut. Inzwischen gibt es viele Beiträge, die Schleimhautpflege für richtig halten. In Indien setzen behandelnde Ärzte auf ihre Nasendusche nach Dienstschluss.
Auch in meiner neuen Heimat, Schweden, ist Corona nach wie vor ein Thema. Wobei sich die Ängste auch auf die Impfung beziehen. Das ist ebenfalls ein spaltendes Thema, darum hier nur etwas aus dem Erfahrungsschatz der örtlichen Hebammen: Bei Impfnebenwirkungen wird 3 mal Täglich Kiefernnadeltee mit Zitrone empfohlen, bei Angst, der Säugling könnte durch die geimpfte Oma gefährdet sein, soll die stillende Granatapfelsaft trinken.
Es wird sicherlich Jahre dauern, bis die Coronageschichte aufgearbeitet ist, wenn es überhaupt geschieht. Studien ob der Wirksamkeit von Fichte und Granatäpfeln werden vermutlich nicht durchgeführt, bezahlt keiner… Aber es schadet nicht. und wenn auch nur eine kleine Möglichkeit besteht, das es hilft …
Das der Kiefernnadeltee wirksam ist, konnte ich in meinem Umfeld jedenfalls beobachten.
mach weiter so und lass dich nicht unterkriegen. Ja, es wird gegen Naturheilkunde kräftig geschossen. Aber wer heilt hat Recht. Vielleicht dauert es noch, aber man wird uns brauchen.
Liebe Grüße in deine erste und zweite Heimat
Gabriele
Anke für diesen Hinweis, liebe Gabriele. Ich hatte eine 82-jährigen, die sich hat 3x „behandeln“ lassen, obwohl sie nicht wirklich davon überzeugt war, Kiefernadeltee empfohlen. Sie war bis davor eine ungewöhnlich fitte Dame, rank und schlank, Typ ehemalige Ballerina. Danach fing recht plötzlich ein erschreckender Verfall ein. Ihre Mutter war 101 geworden, ob sie das schaffen wird, … da bin ich mir nicht sicher.