Foeniculum vulgare Mill.

Mit Fenchelöl assoziieren viele Menschen Kindertage und Bauchweh, denn dafür wird der Tee meistens eingesetzt. Diese warm-würzig duftende Öl wirkt stark krampflindernd auf das Seelenkostüm und auf den Verdauungstrakt.

Pflanzenfamilie: Umbelliferae (Doldenblütengewächse)

Pflanzenteil: Früchte (umgangssprachlich Samen genannt)

Haupt-Inhaltsstoff(e): Anethol (55 % und mehr), circa 15 % Fenchon, je circa alpha-Phellandren und alpha-Pinen, Spuren Myrcen und p-Cymen

Haupt-Wirkungen körperlich: blähungswidrig, entkrampfend, antithrombotisch, bei vaginaler Trockenheit

Haupt-Wirkungen seelisch: beruhigend, ausgleichend, schlaffördernd, anxiolytisch (bei Mäusen)

Besonders effektive Anwendung: Ölauflage im Bauchbereich (bei Blähungen durch Wärmflasche verstärken!), evtl. mit Koriander-, Anis- und Kümmelöl, Vaginalöl im/nach dem Klimakterium, Beinöl vor und während langer Flugreisen

Haltbarkeit nach Öffnen der Flasche: circa drei Jahre

Preisniveau: mittel

Es gibt in der Literatur Missverständnisse und Abschreibe-Fehler, die von Erkenntnissen aus der Parfüm- und Pharmaindustrie stammen: Der “gefährliche” Fencheltyp KANN der Bitterfenchel sein (Foeniculum vulgare var. amara), er KANN größere Mengen des Monterpenketons Fenchon und eine weniger verträgliche Form des Anethol enthalten (cis-Anethol). Es gibt inzwischen Öleanbieter, die daraus ein ätherisches Öl anbieten: Selbst wenn der bittere Fenchel angeboten werden würde, kann man sicher sein, dass seriöse deutschsprachige Anbieter die Unbedenklichkeit durch ihre Laboranalysen sicher stellen würden. Insofern sollte bei physiologischer Anwendung (äußerlich und unter 3 Prozent Verdünnung) keinerlei Krampfgefahr bei ansonsten gesunden Menschen bestehen (bei Menschen mit Epilepsie-Leiden muss vorsichtig getestet werden, ob das sanfte Schnuppern am Öl gefällt und als wohltuend empfunden wird).

Das üblicherweise erhältliche Fenchelöl wirkt durch den hohen Anteil an trans-Anethol (circa 55 %) sogar krampflösend, wie jeder der es bei Blähungen und nervöser Unruhe benutzt, erfahren kann.

Fenchel - Foeniculum vulgare - Aromatherapie Eliane Zimmermann

Das ätherische Fenchelöl ist ein Muss bei starken Blähungen (als warme Bauchauflage)

Ich gehe seit über 10 Jahren bezüglich der angeblichen stark “hormonellen” Wirkungen mit Ruth von Braunschweig konform, dass bei physiologischer Anwendung keinerlei „Ausrutscher“ im Hormonsystem zu befürchten sind. Also dass das Schnuppern von Fenchelöl (zB bei Übelkeit) weder bei hormonabhängigen Krebserkrankungen noch in der Schwangerschaft ein Risiko sei. Zudem kann es sein, dass durch Öle wie Fenchel, die also Anethol und sein Isomer Metholchavicol/Estragol vor allem die Cortisol-Achse „gestärkt“ wird, also weniger Stressempfinden stattfindet, damit weniger Anspannung und damit zB die milchflussfördernde Wirkung stattfindet.

Neue Warnungen

Wir haben viel zu lange auf das wunderbare Fachbuch ‘Essential Oil Safety’ von Robert Tisserand gehört, der Beobachtungen und Studien zitiert, die erstens bei der ersten und zweiten Auflage aktuell waren und zweitens entstanden viele dieser „Schadensmeldungen“ aufgrund übertriebener hochdosierter INNERER Anwendungen (okay, das mag bei gewissen amerikanischen Öle-Missionarinnen wieder der Fall sein). Nun wird es zum Fenchel(tee)  jedoch im März 2024 von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) eine Warnung geben, dass das „böse Anethol“ ähnlich schief anzuschauen sei wie das “böse Estragol/Methylchavicol”…. Das systematische Verbieten, Verunsichern und „Madigmachen“ nimmt leider seinen Lauf. Die nicht nachvollziehbare Begründung basiert einmal wieder auf einem isolierten Bestandteil, der im ätherischen Öl zu circa 2 Prozent vorkommen KANN:

2005 wurde in Untersuchungen an Tieren (vor allem Nagetieren) gezeigt, dass dosisabhängig aus Estragol der reaktive Metabolit 1´-Hydroxyestragol gebildet wird. Dieser bindet an die DNA und bedingt so die genotoxischen und karzinogenen Folgen (Statement der EMA 12.5.2023). Vor allem in sehr hohen Dosen traten in zahlreichen Studien Lebertumore bei Mäusen auf. Der HMPC (Committee on Herbal Medicinal Products) kam seinerzeit zu dem Schluss, dass bei einer kurzzeitigen Anwendung von Estragol-haltigen Tees in der empfohlenen Dosis bei Erwachsenen nicht von einem signifikanten Krebsrisiko ausgegangen werden kann.

Es wird behauptet, dass die Ergebnisse aus Tierversuchen durchaus auf den Menschen übertragen werden können (jedoch bitte immer daran denken, dass die Tiere mit einem isolierten Molekül, nicht mit dem (Heil)Kraut per Sonde zwangsernährt werden – wegen des widerlichen Geschmacks, dies ist aus meiner Sicht nicht mit der menschlichen Ernährungsweise zu vergleichen). Darum sollte laut Experten generell die Zufuhr von Estragol so niedrig wie möglich gehalten werden. Doch wurde im Experiment mit dem fast identischen Molekül Methyleugenol (ME) festgestellt: “Der höchste gemessene ME-Spiegel (390 pg/g) ist um den Faktor 3800 niedriger als der niedrigste ME-Spiegel derjenigen Ratten, denen 37 mg ME/kg KG verabreicht wurde (ca. 1,5 µg/ml). Damit weisen auch diese Untersuchungen darauf hin, dass die ME-Menge, die der Mensch natürlicherweise aufnimmt, wahrscheinlich um mindestens drei Zehnerpotenzen unterhalb der Dosierungen in den Tierexperimenten liegt” (Quelle).

Äpfeln mit Birnen vergleichen?

Ein genauer Estragol-Grenzwert lässt sich laut HMPC jedoch nicht festlegen, da bislang nicht ausreichend Daten zur Aufnahmemenge von Estragol über die Nahrung zur Verfügung stehen. Als Orientierungswert für sensible Gruppen wie Schwangere und Stillende gelten nun laut Experten entsprechend der ICH-Leitlinie M7 eine maximale Estragol-Aufnahme von 0,052 mg/Tag. Kinder bis elf Jahre sollten den Experten zufolge nicht mehr als 1,0 µg Estragol pro Kilogramm Körpergewicht am Tag zu sich nehmen (Quelle und Quelle).

Im sehr lesenswerten Artikel aus der Deutschen Apothekerzeitung ‘Sind Naturprodukte mit Methyleugenol kanzerogen?’ von Prof. Dr. Jürgen Reichling, der das nette Geleitwort für die 7. Auflage meines Fachbuches schrieb, und Dipl.-Biol. Felix Iten sowie Prof. Dr. med. Reinhard Saller wird das lebensfremde Überdosierungs-Studiendesign erläutert: “In quantitativer Hinsicht traten dagegen wichtige Unterschiede auf, denn trans-Anethol und Estragol wurden beim Menschen wesentlich schneller abgebaut und ausgeschieden als bei den Nagern. Zudem zeigte das quantitative Metabolitenmuster im Urin von Probanden, die 1, 50 und 250 mg trans-Anethol oral einnahmen, keine dosisabhängigen Veränderungen wie bei den Nagern, d. h., dass sich der Anteil der genotoxisch relevanten Metaboliten beim Menschen mit zunehmender Dosis nicht erhöhte.”

Ferner wird festgestellt, dass die Wirkungen eine “naturbelassenen” Pflanze, also eines pflanzlichen Vielstoffgemischs und einer einzelnen, darin enthaltenen Substanz nicht wirklich vergleichbar sein können: Isoliertes Estragol wirkt hepatokanzerogen; es durchläuft die gleichen Abbauwege wie Methyleugenol und wirkt aufgrund des gleichen Prinzips. Dagegen löste ein ethanolischer Fenchelextrakt (eine Art Tinktur) bei Mäusen beiderlei Geschlechts weder nach einmaliger (24 h: 0,5, 1 und 3 g/kg KG) noch nach 90-tägiger Gabe (100 mg/kg KG/d) eine erhöhte Krebsrate aus. Die Forscher weisen auf die bekannte Tatsache hin, “dass hohe Konzentrationen einer Substanz die jeweiligen substanzspezifischen Enzyme durch Substratüberschuss hemmen können, wohingegen kleinere Mengen derselben Substanz ohne Probleme metabolisiert werden.”

An dieser Stelle frage ich mich, ab wann Pesto und Tomaten à la Caprese verboten werden, welche im Sommer durchaus regelmäßig gegessen werden – denn diese enthalten auch relevante Mengen an Estragol. Bauch- und Beineinreibungen mit physiologischen Verdünnungen an Fenchel- oder Basilikumöl werden dagegen NICHT über die Leber verstoffwechselt. {Finde den Fehler! 😣 } Dass täglich konsumierte alkoholische Genussmittel nicht nur Tiere, sondern auch die Leber von Menschen schädigen, bedarf keiner besonderen Warnungen am Supermarktregal… {Danke liebe M. Holl. für den Hinweis auf den zitierten wertvollen Artikel!}

Fenchelöl gibt es in einer wunderbaren Demeter-Qualität (weltweit einer der höchsten umweltverträglichsten Standards) bei Farfalla. Auch bei Feeling und vielen anderen Anbietern ist es erhältlich.

Es gibt einige interessante Studien zu Fenchelöl bzw dem Haupt-Inhaltsstoff Anethol, drei davon:

Fenchel in der Wissenschaft

Einer Studie zufolge wirkt es auch antithrombotisch, wäre also mit dem fetten Öl Calophyllum bei schweren Beinen während eines Fluges denkbar. Tognolini M, Ballabeni V, Bertoni S, Bruni R, Impicciatore M, Barocelli E. Protective effect of Foeniculum vulgare essential oil and anethole in an experimental model of thrombosis. Pharmacol Res 2007;56: 254–260

In einer doppelblind-randomisierten Studie verwendeten 30 Frauen, die nach dem Klimakterium an Scheidentrockenheit litten, 8 Wochen lang eine Salbe mit 5 %igem Fenchelöl. 30 Frauen, auch zwischen 45 und 65 Jahren, verwendeten eine Placebosalbe. In der Fenchelgruppe verbesserte sich der vaginale pH-Wert signifikant (p < 0,001) und die Vaginalatrophie ging zurück (die Anzahl der oberflächlichen Zellen erhöhte sich signifikant: p < 0,001). Die iranischen Autoren folgern, dass eine Fenchelsalbe diese häufigen Beschwerden von postmenopausalen Frauen lindern kann. Yaralizadeh M, Abedi P, Najar S, Namjoyan F, Saki A. Effect of Foeniculum vulgare (fennel) vaginal cream on vaginal atrophy in postmenopausal women: A double-blind randomized placebo-controlled trial. Maturitas 2016; 84: 75–80

In einer randomisierten, placebokontrollierten Studie, die in zwei Kliniken mit 125 Babys im Alter zwischen 2–12 Wochen durchgeführt wurde, konnten Koliken durch die Gabe einer Fenchel-Emulsion signifikant reduziert werden. Zwar handelt es sich nicht um das reine ätherische Öl, doch das Wirkprinzip aller Fenchelpräparate basiert auf dem Haupt-Inhaltsstoff der Fenchelfrüchte Anethol, der teilweise identisch mit den Hauptinhaltsstoffen des ätherischen Öles ist. Alexandrovich I, Rakovitskaya O, Kolmo E, Sidorova T, Shushunov S. The effect of fennel (Foeniculum vulgare) seed oil emulsion in infantile colic: a randomized, placebo-controlled study. Altern Ther Health Med 2003; 9: 58–61

Die Leitsubstanz von Fenchelöl (Anethol) wirkt schmerzlindernd: Ritter AMV, Ames FQ, Otani F, De Oliveira RMW, Cuman RKN, Bersani-Amado CA. (2014) Effects of anethole in nociception experimental models. Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine, Volume 2014, Article ID 345829 sowie entzündungshemmend: Moradi J, Abbasipour F, Zaringhalam J, Maleki B, Ziaee N., Khodadoustan A, Janahmadi M. (2014) Anethole, a medicinal plant compound, decreases the production of pro-inflammatory TNF-α and IL-1β in a rat model of LPS-induced periodontitis. Iranian Journal of Pharmaceutical research, 13(4): 1319-1325

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