Gaultheria fragrantissima Wall. und Gaultheria procumbens L.

Dieses seltene Öle mit einem Duft, der an Bubble Gum und Sportsalben erinnert, besteht fast nur (bis zu 98 Prozent) aus Methylsalicylat, einem Ester der Salicylsäure; woran erinnert das?; richtig, an die bekannten Kopfschmerztabletten.

Pflanzenfamilie: Ericaceae (Heidekrautgewächse)

Pflanzenteil: Kraut und Früchte

Haupt-Inhaltsstoff(e):  Methylsalicylat

Haupt-Wirkungen körperlich: stark schmerzlindernd, entkrampfend

Haupt-Wirkungen seelisch: stimmungsaufhellend

Besonders effektive Anwendung: Muskelöl, Badezusatz

Haltbarkeit nach Öffnen der Flasche: 3-4 Jahre

Preisniveau: mittel

Ähnlich wie die Salicylsäure ist Wintergrünöl ein mächtiges Anti-Schmerz-Öl, das mit viel Respekt nur von erfahrenen AromakennerInnen eingesetzt werden sollte (maximal einprozentig verdünnt).

Kaum jemandem ist bewusst, dass diese “Grab-Pflanze” immer zum 1. November in Gärtnereien und Supermärkten angeboten wird: Scheinbeere, Niederkriechende (bzw. Niedere oder Niederliegende) Scheinbeere.

Der medizinisch-frische Geschmack und Geruch von Wintergrün ist in den USA fast omnipräsent. Den meisten Zahnpastamarken, dazu Mundwässern, Softgetränken (z. B. Root Beer), Kaugummis und vielen anderen Süssigkeiten verleiht Wintergrün den typischen Geschmack. Man könnte sagen, dass dieser Duft der europäischen Vorliebe für Menthol in Zahnpasten, Mundwässern, Kaugummis, Zigaretten u. a. entspricht. Meistens wird das süsslich-frische Aroma den Produkten in synthetischer Form beigemischt.

So verwundert es nicht, dass es viele dokumentierte Vergiftungsfälle gibt, in denen eine Überdosierung mit Methylsalicylat eine Rolle spielt (in diesem Artikel berichtete ich über einen tragischen Todesfall im Jahr 2007). In diesem Text erläutere ich auch, dass dieses Öl KEINE blutverdünnende Wirkung hat, das dem Hauptinhaltsstoff Methylsalicylat die Acetylgruppe fehlt.

Die ätherischen Öle von Gaultheria procumbens [G. fragrantissima] (Wintergrün) und Betula lenta (Birke) bestehen also fast nur aus Methylsalicylat (aromatischer Ester = Phenylderivat). Dieser Stoff wirkt genau wie die Acetylsalicylsäure in Aspirintabletten als so genannter COX-Hemmer (Cyclooxidase). Diese Gruppe von Medikamenten unterdrückt also einen Stoff, der u. a. entzündungsfördernde und schmerzfördernde Prostaglandine im Gewebe auslöst.

Diese werden vom Körper aus der beispielsweise in Fleisch vorkommenden  Arachidonsäure synthetisiert. Lange Jahre schreckten us-amerikanische Warnungen bezüglich Methylsalicylat in Wintergrünöl AromatherapeutInnen vom Gebrauch dieses nützlichen Öles ab. 14 g Wintergrünöl – innerlich – können bereits tödlich wirken, für ein Kind wirken 4 ml tödlich. Die IFRA (International Fragrance Research Association) lehnt es für die Parfümherstellung ab. Dennoch ist es für den menschlichen Konsum zugelassen.

Wird Wintergrünöl in einer in der Aromatherapie üblichen Verdünnung von 0,5-1 Prozent bei akuten Schmerzzuständen angewendet, steht einem damit eines der schmerzstillendsten Öle überhaupt zur Verfügung. Es ist aus der natürlichen Therapie von Fibromyalgie (Weichteilrheumatismus) kaum noch weg zu denken. Denn es hat gleichzeitig eine entspannende Komponente, die bei dieser Erkrankung, die durch psychogene Faktoren verstärkt wird, für die ganzheitliche Therapie wichtig ist. Handelsübliche Präparate sind mit 5 Prozent und mehr deutlich höher dosiert und wirken aufgrund ihres Counter-Irritant-Effektes: die Haut wird gereizt und stark durchblutet und es kommt zu einer verminderten Wahrnehmung der Schmerzen.

Aspirin und ähnliche Medikamente mit Acetylsalicylsäure haben eine stark schleimhautschädigende Wirkung, so dass sie für viele Menschen nicht magenverträglich sind. Sie können auch nicht durch die Haut aufgenommen werden.

Die kleine Methylgruppe am Molekül macht den Unterschied.  Dadurch, dass sie das Molekül um ein C-Atom und um drei H-Atome „bereichert“, wird es fettlöslicher und kann dann von der Haut resorbiert werden. Enzyme in der Haut können diese Methylgruppe wieder abspalten, so dass die schmerzlindernde Salicylsäure in Aktion treten kann. Das ist nicht nur ideal bei rheumatischen Erkrankungen, sondern auch bei Sportverletzungen, denn Wintergrünöl vermindert nicht nur Schwellungen, sondern hilft dabei, dass verletztes Gewebe schneller regeneriert.

Wintergrünöl sollte nicht in Verbindung mit Wärmflaschen, Heizkissen oder sonstigen Wärmeanwendungen verwendet werden, auch ist es in der Badewanne gering dosiert zu verwenden (max. 5 Tropfen). Es ist nicht für die Anwendung bei Kindern (unter 12, je nach Konstitution auch bis 16) geeignet, da der junge Körper Acetylsalicylsäure und –Derivate noch nicht verstoffwechseln kann, es kann sonst könnte das Reye-Syndrom ausgelöst werden. (Seite 13 und 24 dieses interessanten Dokumentes der Uni Münster über Arzneimittel bei Kindern). Für Rezeptideen und vielfältige Informationen rund um die sichere Anwendung von ätherischen Ölen bei Kindern schauen Sie bitte auf unsere aromaMAMA-Seite.

Schmerzempfindungen werden vorwiegend über freie Nervenendigungen vermittelt. Schmerzrezeptoren reagieren auf chemische Stoffe, die bei Gewebsschädigungen oder Störungen im Gewebe- Stoffwechsel freigesetzt werden, wie z. B. Prostaglandine oder Histamin. Werden Schmerzrezeptoren gereizt, gelangt das Schmerzsignal zunächst zum Rückenmark, wo innerhalb von wenigen Sekunden Neuropeptide wie Sustanz P und Glutamat ausgeschüttet werden. Nun wird die Schmerz-Meldung über die Vorderseitenstrangbahn des Rückenmarks zum Thalamus und von dort zu den sensorischen Rindenfeldern der Grosshirnrinde geleitet. Dabei können andere zum Teil vom Gehirn ausgeschüttete Neuropeptide diese Weiterleitung hemmen oder ganz unterdrücken, z.B. Endorphine oder Serotonin. Die den Schmerz begleitende Gefühlsqualität (z.B. Angst, Ekel, Wut über den Schmerz)  wird unter anderem aus dem Limbischen System beigesteuert und kann durch den Einsatz ätherischer Öle positiver gestaltet werden.

Quellen: Holly Phaneuf, Herbs demystified. New York 2005 · Maria Lis-Balchin: Aromatherapy Science. London 2006 · Monika Werner & Ruth von Braunschweig: Praxis Aromatherapie. Stuttgart 2006

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